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Die erste Venetianische Krystallglasfabrik in Bayern

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Textdaten
Autor: Joseph Baader
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Titel: Die erste Venetianische Krystallglasfabrik in Bayern.
Untertitel:
aus: Jahrbücher für Kunstwissenschaft. S. 235–239
Herausgeber: Dr. A. von Zahn
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1870
Verlag:
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Erscheinungsort: Leipzig, Seemann.
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Originalherkunft:
Quelle: Google und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung: Planung einer Kristallglasfabrik nach venezianischem Muster 1562
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[235]
Die erste Venetianische Krystallglasfabrik in Bayern.

Im Jahre 1562 erbot sich Bernhard Schwartz gegen Herzog Albrecht V. in Bayern zur Errichtung einer Krystallglasfabrik nach Venetianischem Muster, die die Gläser ebenso gut und fein herzustellen im Stande sei wie die Fabrik zu Murano im Venetianischen[1]. Der Herzog zeigte sich bereit, auf das Projekt einzugehen und an Schwartz zur Begründung des Geschäftes 1000 fl. auszuzahlen, mit der Bedingung, dass Schwartz diese seine Kunst auch der Person beibringe, die ihm der Herzog an die Seite geben wolle. Was Schwartz dem Herzog darauf erwiderte und wie er seine Werkstätte anrichten wollte, das ersehen wir aus nachstehendem Schreiben und aus dem Plan, den er dem Herzog auseinandersetzte:

„Durchleuchtiger hochgeborner fürst, genediger Herr! Auf das gnedig ansinnen, das ich die khunst des cristennlinen glasswerch ainen, den mir euer fürstliche gnad zueschieffen, lernen sold, darumb mir 1000 fl. zegeben gnedigclich anbietten, gnediger Herr, vmb die khunst ists also gethon: Wann ichs ainen jn schrifft gründtlich gerecht zuestelte, daneben es müglich wer, das ich jm die Hanndgriff auch all aufschrib, vnd e. f. g. alsdann die khunst jns werkh wolten bringen lassen, khonnt das an main person beysein schwerlich geschehen. Dieweil ich dann auf ain schreiben, so mir mein vatter seyliger – durch canntzlers beuelch von wegen e. f. g. zuekhomen, hab ich mich von Anntroff herauff zeraysen erhebt vnd zuuor aller sachen nachgedacht, mit was fueg ich die khunst e. f. g. zu eren vnd nutz, auch mir vnd den meinigen jm Fürstnthumb Bayern etc. jn nutz zebringen vnd aufrichten mög, mich darauf gegen niemandts in khain gemeinschafft weyter eingelassen, vnd mit vorhaben, solches zu Lanndshut aufzerichten, wie e. f. g. in neben überanntwurtter jnstruction des ganntzes Hanndels guetn bricht finden, souerr e. f. g. [236] den mit gnaden lesen. Genediger fürst vnd Herr, damit e. f. g. mein wolmaynend gmuet gegen e. f. g. spüren, mag ich leyden, das mir in namen e. f. g. ainer zuegeschaft werde, dem zuuertrauen. Ist von nötten, das er zuuor jm feur gearbayt, als mit probiern oder sunst etc. in khünsten die regiments jm feur bedörffen, vmbgangen, vnd das er mir genennt würdet, damit ich jn der person auch erkhenn, ob er teuglich zu der sachen sein wurde. Denselbigen wolt ich alle sachen sehen lassen, an allen vmbschwavff oder arglist die khunst lernen, alle handtgriff weysen, jn summa nichte ausgenommen, was den hanndl betrifft, als vil ich selbst wäys vnd khann. Ich beger auch jm aufrichtn der werchstath, das er bej allen Dingen personlich sey, vnd on sein vorwissn soll nichtis gemacht oder gelt auf den hanndl ausgeben werden, biss die werchstat mit allem zugehörn aufgericht vnd kauffmansguet darjnn gemacht würt, alsdann ausser meins personnlichen beisein etlich wochen durch sich selbst regirt. So er dann befindet vnd bekhennt, das er die khunst khönn, vnd e. f. g. selbst das mit augen sehen, das alle sachen, so ich mich gegen e. f. g. erbietten, redlich mit warhait zum ennde gebracht, alsdann sollen mir die bewilligtn 1000 fl., vmb das ichs dem gelernt, mit gnaden von e. f. g. zuegestelt werden. Diss mein erbietten sold mit diesem beding beschehen, e. f. g. wollen den hanndl mit 2000 fl. verlegen. Dieselbigen 2000 fl. sollen vom hanndl e. f. g., wie es die gelegenhait leyden vnd ertragen mag, teglich abgezalt werden. Bith hierauf e. f. g. auffs vnnderthenigist, wellen mich mit begerter hilff nit verlassen. Wart genediges beschaydts etc.

e. f. g.
Vnndertheniger                

Bernnhart Schwartz.


Instruction.

Durchleuchtiger Hochgeborner fürst, genediger Herr! Durch die gnad des Almechtigen geträw ich mir zw, in kurtzer zeyt in teutschen Lannden als jm fürstenthumb Bayern etc. ann allen beystanndt vnd hilff, oder verhinderung der Venetianer ein werchstat aufzerichtn, darjnnen von cristalein glas auf allerlay sorth, darzue aus dem rayniste nvnd bestn zeug sambt annderen vil khünstlichen sachen, so zw Meranä bej Venedig gemacht werden, vnd bisher vil 100 jar die Venecianer vnd des mit grossn ern vnd nicht mit klainen nutz vor allen anndern nacionen in der welt jn ansehennlichen tapffern gewerb sein vnd des noch in jrem brauch vnd gwalt haben. – Nun [237] bin ich durch sonnder mitl vnd gnad des allmechtigen Gottes dieser khunst beykhommen. Was zeug sy von cristaln glas machen, es sey von was farben es well, soll in aufgerichter meiner werchstat auch gemacht werden.


Bericht vnnd tax des zeugs:

1. Item allen aschen sambt seiner notwenndigen vrsach, nichtj ausgenommen, bis er in tigl in ofen gesetzt und zu khauffmansgueth gemacht würth, mag ich den merern tayl jm fürstenthumb Bayern etc. wol vnd gnueg bekhomen, wenig stuckh ausgenommen. Dieselbigen find ich auch der ennde jm teutschen landt, mir woll wissenndt, vmb zimlich gelt. Mir mag auch derhalben khain verhinderung oder des abganngs zu ewigen zeytn nit beschehen.

2. Item knecht holtz, in suma aller vncost, so vber obgemelten zeug laufft bis der in offen gesetzt vnd khauffmansguet daraus gemacht worden ist, khombt der centen pro 8 fl. rheinisch.

3. Item den centen verarbaytn 2 knecht 1 tag, machen daraus der gemainer schlechten glas als magellel oder kholchel vngeferlich zum wenigistn 300, der ainss pro 2 xr. angeschlagen, khomb der centen hin pro 12 fl. rh.; werden 1 wochen 6 centen verarbayth, tuet vberschuess ain wochen 12 fl. rh., thueth vberschues ain jar 624 fl. rh.


Bericht auf gmaine vnd mittlmessige arbayth:

Wo aber nit so gar der schlechte glas, sonnder was arthlichers von farben – das ligt nur am beuelch vnd arbayt der knecht – gemacht würt, werden im khauff des hoher hinbracht. Dann ain cristalin glas, das rain vnd schon von farben, ist vmb 16 xr. nit teurer; also ists gar liederlich vnd leicht zuhanndln, das der vberschues vnd gwin sich tripelt vnd ain jar in die 3000 fl. oder mer nur mit zwayen knechtn vberschuess zukhommen ist. Genediger Herr, das ist allain zuuersten, wenn ich in aufgerichter werchstat nur mit 2 knechtn lass schlechti vnd mitlemessige zeug arbaitten. Ich mag aber zugleich in der aufgerichten werchstat in ainem offen vnnder ains mit 4 oder in die 6 khnechtn arbaytn lassen, vnd der yeder auf ain besonndern arth seinen zeug, was form ich will, verarbayttn mueg; also mit ab- vnd zuzelegen wochennlich mag der hanndl geringert vnd erhöht werden, bis so lanng das der hanndl in die lanndt vermerdt vnd ausgebraydt würth. [238]


Bericht auf zogen werckh von allerlay farben, so in India verfürth würth:

Es würt zu Maranna von allerlay farben jarlich vil 100 centen getzogen werckhs gemacht, des muster ich hiemit zu merern bericht vnd verstanndt e. f. g. antwurth. Des würt etlich 100 centen geen Anntdorf[2] jarlich von Venedig bracht, von Anntdorf gen Schwebischen-gmynndt[3]. Daselbst haben die von Gmindt schleyffmülln aufgericht, würt derselb zeug aller geschliffen, darnach widerumb geen Annddorff gefürth, von Anntdorff in Indian. Dergleichen zeug khann ich auch mit allen farben, nichtj aussgenommen, als schön sy es nymmer machen mögen, auf meiner aygen aufgerichtn werchstat arbaytten lassen, vnd die schleyffmülln darzu in massn, wie oben gemelt die von Gmündt sych gebrauchen vnd jarlich des stätlein nit clainen nutz daruon hat.

Item bej der stat Lanndshuet weste ichs dermassen mit schleyffmülln aufzerichtn; wurde gemaine stat auch ainen hanndl machen zu järlichem gnyes.

Item ich mag des zeugs mit den farben des zogen werchs auch zugleich in dem offen mit 2 knechten täglich 1/2 centen verarbaytten, die wochen 3 centen. Vnd derselbig zeug als aufs höchst angeschlagen vnd das er zu khauffmannsguet gemacht ist, cost mich der centen 9 fl. Ich bring den centen wider hin pro 25 fl., tut wochennlich 75 fl. R.

Item mit 2 knechtn die zogen arbayth tregkht vberschues vber allen costn, so darauff geet, ain jar 2596 fl. R.

Item so ich mit den 2 knechten gmaine trinkhglas auf höchst schlechtigst, wie anzaigt ist, vnd mit 2 knechtn die zogenn arbayt, tut 4 person, arbaytn lassn, darauf ist aller vncost gerechnecht wider abgezogen, bleybt vberschuss ain jar 3220 fl. R.

Genediger Herr, ich het mir fürgenomen in e. f. g. stat Landshuet solche werchstat in der ringkhmaur mit grossen nutz aufzerichtn, ain orth ausganngen, des ganntz gelegen sein mag, der vrsach, das nit ain grob arbayth ist, als nemlich heraussn die glasöfen in teutschen lannden sein, darumben man vil holtz verprenndt; derhalben sy am behemer waldt gericht sein. Ich will in tag vnd nacht mit ainer claffter holtz leycht aufkhommen. Mein werchstat ist gleich wie die cristallin glöser vnd arbayt mit der subtilitet, die teutschen glas vbertrifft. Also ist die werchstat in ainer stat nur ain lust – also zemelden –, des sich ain mensch teglich zesehenn nit verdreuss. Nymbt auch der khunst halber die werchstat [239] sich also in ainer stat aufs gewindlichist zesein, die notturfft eruordert. E. f. g. wöllen bedennkhen, die Venecianer hetten erstlich auch wol fleckhen, die jn zu solcher arbayth, aller vncostn als zu Maräna abzeschneydn gewest, auch in jren herrschafften vnd gebietten, die bass gelegen weren, gehebt, aber die er namen samb den nutz, so sy daruon haben; ist von jnen betracht worden, wie man es in der tath auf den heutigen tag befindet, haben sy es zunegst bej der stat Venedig zu er vnd nutz aufgericht. Genediger Herr, das getraw ich mir auch zu, durch die gnadt des allmechtigen in 3 viertl jarn mit ainer werchstat, darjnnen zween khnecht alle tag 1 centen cristalin zeug verarbeytten mögen, jn Lanndshuet aufzerichtn. Alsdann wurden E. f. g. in aygner person selbst mit augen sehen vnd schliessen khönnen, was für merckhlicher nutz namen vnd er e. f. g. vnd dem löblichen Haus zu Bayrn ewigclich volgen möcht. Genediger Herr, von den zwo arbaytten, so ich zum anfanng in aufgerichter werchstat arbaitten wuer lassn, haben hieuor mit grundt der warhayt auf kürtzist e. f. g. klarn bricht, bith darauf e. f. g. zum vnnderthenigstn, mich auf mein ansynnen vnd fürhaben mit gnediger hilf, wie in der supplication begerth, mit gnaden bedennkhen vnd mit annder ennden khommen lassen; dann ichs warlich e. f. g. zu ern vnd nutz vor aller welt zum treulichistn vergönn. Thue mich hiemit e. f. g. auf vnnderthenigist beuelchen vnd warth guedigs bschaydts.

Am Schlusse seines Gesuches machte Bernhard Schwartz folgende Bemerkung: „Auf jnnhalt hieoben angezaigter suplication haben jr fürstlich gnaden säliger gedechtnus sich in die cristalin handl mit mir genedig eingelassen vnd darauf sich mit aigner Hand vnderschriben“.

Die Werkstätte wurde zu Landshut errichtet, wo sie bis zum Jahre 1580 bestand*). Schwartz verfertigte sehr gute Venetianer Gläser, doch waren sie nicht so leicht wie die zu Murano verfertigten. In der Klause zu Nymphenburg und im Bayrischen Nationalmuseum sind noch Gläser von ihm zu sehen.

Nach Bernhard Schwartz kam Giovanni Scarpogiatto aus Wälschland, der sich im Jahre 1584 gegen Herzog Wilhelm verschrieb und verpflichtete, mit mehrern Meistern, „des fürgezaigten Schmeltzwerchs, Glasscheiben- Spiegelmachens kundig“ nach Bayern zugehen und die Teutschen in dieser Kunst zu unterrichten. Der Herzog dagegen sollte ihm die Reisekosten bezahlen und eine Glashütte einräumen.


*) Vergl. Trautmann, Kunst und Kunstgewerbe S. 113.


München.                                                        Jos. Baader.               

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Murano, Insel bei Venedig
  2. Antwerpen
  3. Schwäbisch Gmünd. Siehe dazu auch J. Stockbauer 1874 Google und Carl Friedrich 1884 Internet Archive: Gmünder Glasschleifereien hatten damals Weltruf.