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Orgeln Verdingnis

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Textdaten
Autor: Esaias Compenius, Michael Praetorius
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Titel: Orgeln Verdingnis
Untertitel: Kurtzer Bericht, waß bei überliefferung einer klein und grosverfertigten Orgell zu observiren
aus: Vorlage:none
Herausgeber: Friedrich Blume
Auflage:
Entstehungsdatum: vor 1620
Erscheinungsdatum: 1936
Verlag: Georg Kallmeyer
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Erscheinungsort: Wolfenbüttel, Berlin
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Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Siehe auch Themenseite Orgel
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Orgeln Verdingnis ist eine Anleitung zur Prüfung von Orgeln („Orgelprobe“). Sie wurde von dem Orgelbauer Esaias Compenius dem Älteren verfasst. Der Komponist und Musikgelehrte Michael Praetorius hatte beabsichtigt, sie herauszugeben. Er beschreibt den Traktat im zweiten Band seiner Syntagma musicum (1619). Allerdings hinderte ihn sein früher Tod daran, das Buch tatsächlich erscheinen zu lassen.

Die vorliegende Edition Friedrich Blumes von 1936 basiert auf einer Handschrift*, die zwar nicht den Titel Orgeln Verdingnis trägt, jedoch zweifelsfrei den entsprechenden Text enthält.

Die Abhandlung gibt einen Einblick in die Ansichten und Gepflogenheiten von Orgelbauern zu Beginn des 17. Jahrhunderts.


[1]

Kurtzer Bericht,

Waß bey uberliefferung einer Klein und grosverfertigten Orgell zu observiren, wie die fundamentaliter durchgelauffen, mit Fleiß besichtiget, und nach dem Gehör examiniret werden muß. Von Fürstl. Br.[1] Orgeln und Instrumentmachers Esaia Compenio hinterlaßen und von Michael Praetorio in vorgehenden Tractat Fol. 160 versprochen.


Esaias Compenius.
Von Probirung der Orgeln.

Bey einer ieglichen probation eines Orgelwerckes gebühret einem organico zweyerley in achtzunehmen daß Ihme mit rechte nicht kan versaget werden, alß

Zum ersten Besichtigung aller müglichen Dinge,
Zum andern das Gehör und waß darzu nöthig ist.


Zum augenschein gehört:

1. Das Pfeiffwerck, ob solches auch fleißig gearbeitet, gerade stehet, und eingerichtet sey, damit es nicht durch das Hengen, endlich zum umbfallen geursachet werde, und eine die andern mit zu Boden drücke, sonderlich aber, ob auch das grobe Pfeiffwerck oben gefaßt, oder nur unten im Pfeiffen Brette sein stand hatt, ist es nun starckpfeiffwerk, und sonderlich die Füße, so hatt es leichtlichen nicht mangel, wofern die Füße nicht von zu geringen Metall gearbeitet sein, außer diesen aber zeuget die Erfahrung, das es bald zu Boden fält.

2. Ob das Pfeiffwerk auch zu tünne sey, daß wegen dessen, wen mans angreiffet, in der Hand sich es beuge oder gar unter allen Fingern Beulen [2] und Gruben bleiben, welches ein recht Fundament mangel ist, und wol zu verwerffen stehet.

3. Ob das Pfeiffwerk auch zudichte in einander stehet, sonderlich in den großen undt Middel Thörmern, den die reine intonation sehr dadurch Verhindert wird, sonderlich wen es Uff starcken Lautt und schwer Gewichte abgerichtet ist.

4. Ob das Pfeiffwerck auch oben, wegen des stimmens mit Ecken ein oder auß zerboget, oder mit einschnitten und Ohren gestimmet sey, daß solches nicht Länger rein bleibet, wie die Vernunfft und erfahrung bezeuget, dan ie iuster und gerader es oben bey seiner Mensur ist und gelassen wird, Je bestendiger, darumb hierüber billich zu sprechen.

5. Ob auch an den Stimen so ebene röhren haben Rohrfloiten genand, die röhren fein ordine an der Länge nach der Mensur den Pfeiffen folgen, oder aber am Circumferenten oder Länge zerstümmelt sein, bezeiget einen Unfleißigen meister, der die reine Intonation nicht grosachtet, wie gewiß darauß erfolget.

6. Ob ebenmäßig die zugespizten Pfeiffen alß Gembshörner Spiztfloiten oder Spizpfeiffen oben am Circumferent fein rund und just sein, hieran auch nicht wenig wegen des gleichen Lautes oder reinen Intonation gelegen.

7. Ob die gedachte ihre Hüte (wofern sie nicht zugelotet seyn) auch auff den Pfeiffen zu grunde stehen, wie es billich seyn soll, darauß folget sonsten Leicht enderung der Reinigkeit den die Hüte wegen des Zittern des Corporis so vom winde entstehet, und von den Thonen des Klanges sich niedergeben und falsch werden, hir einen Meister billig schuldig ist.

Dem Iudici welche Pfeiffe er begehret den Hut abzuziehen und wieder Uff zu sezzen, und den am gehör zu erfahren, ob es just oder nicht zu befinden, darauß ein sonderlicher Fleiß des Meisters abzunehmen ist.

8. Ob auch das Pfeiffwerck unten in den Füßen mit Löchern zerbrochen sey, welches auch eine anzeigung, daß die Lade nicht Just ist entweder inwendig in den Cancellen oder oben uff der Laden unter den Registern pfeiffen, da billich gut acht uff gegeben wird, den solche mengel stehets zunehmen und ärger werden.

9. In SchnarWercken, ob dieselben auch voller Löcher in den Corporibus gebohret seyn, welches eine anzeigung eines starcken windes, so ihnen auß der Laden gegeben, oder das die Mensur der Corporum nicht an Länge und Weite richtig oder an denen Mundstücken und Zungen gleichfalß an der Mensur mangeln. [3]

10. Ob sie auch zu schwache Krücken haben, die in Stimen hin und wieder wancken, oder ob die Krücken eine hart die andere zu gelinde gehet, welches gewisse einen verdrossenen Stimmer machet, und daher mannigmahl die Regallwercke mit dem fleißigen stimmen verschonet, und darüber beliegen bleiben, und Zu Boden gehen, welches auch ein Fundament mangel billich und genennet wird.

11. Ob auch die Stöcke, darinnen die Zungen gefasset, fein dichte in ihren Löchern stehen und halten, auf daß nicht wen sie gestimmet werden, dieselben einen nach dem Augen springen, daher ein beschwerliches stimmen, unreine intonation und Laut erfolget.

12. Ob auch der Schnarwercken ihre corpora gewiß stehen, und nicht wancken, welches so ein überauß beschwerlich ding ist und zu keinen bestendigen Stimmen mag gebracht und erhalten werden, welches ebenmäßig zu tadeln stehet, und zu endern sich gebühren will.

13. Dieses alles recht zu erkundigen, gebührt dem Iudici nach allen, als der Besichtigung und dem Gehör, auch die Schnarwercke selbst zu stimmen, worauß ihm dan wen er Sie gestimmet, und dorauß schläget und probiret, alle benante mangel in die Hände gerahten und sich selbst melden.

14. Zu solchen reinen und schnellen stimmen muß der Iudex sonderlich Vortheil wissen, sonsten leget er damit einen Schimpf ein, und wird ihm sein iudicium sehr über andern defecten gesprochen, leichte zurückgetrieben und unkräfftig geachtet.

15. Und ist nun dies der Vortheil zu geschwinden stimen: wen man ein Regall von 8 Füßen vor sich nehmen will zu stimmen, so ziehe man die 8 va 4 fuß dazu oder wo die octava gegen dem Laut des Regallwerckes zu schwach wehre im gehör so soll man das Principal von 8 Fuß dazu nehmen, über [aber?] die octava zeiget gleich wol dem Principal eher und iuster die unreinigkeit oder Schwebung des Regalwerckes an den das Principal thutt, dan derselbige ist mit dem Regal aequal und die aequalen seien rechte Fehler [?] und Laviren betrüglich. Also soll man allen Schnarwercken nicht einen aequal Pfeiffwerck sondern eine octava höher, oder eine octava niedriger (als zum kleinen Regall Principal 8 fuß) zuziehen, und soll sonderlich (es wehre dan, daß es der Disposition halber nicht anders sein könte) nach keinen gedachten oder weiten Pfeiffwercken, alß Holpfeiffen, Spitztfloiten, Schwigel etc. gestimmet, sondern die scharffesten principal lautenden stimmen gebrauchet werden. Sonderlich aber gebe der Iudex uff die gar Kleinesten alß in dem Regal von 4 Füßen und dan den Untersten alß Untersatz Posaun von 16 Füßen guete achtung, in dem er Sie stimmet, und nach solchen Stimmen auch wieder zur Proben sonderlich beschläget ob sie auch standhafftig in der reinigkeit des Lautes und Intonation bleiben.

[4]

Zum Augenschein gehört ferner:

1. Die Laden am euserlichen Fleiße in aller hand Arbeitt zu besehen, ob solches auch zernagelt, oder zusammen geflicket, wie sich dan solches (wen man nur ein Wenig iedes stücke nach seiner eigenschafft betrachtet und anschauet) bald selbst eusert deßgleichen daß eingebehr, alß die Registratur, Wellenbret, sambt den angehengten Claviere, daß solches auch fein ordentlich, und iedes nach seiner eigenschafft starck genug und feine reine arbeit und von guten Holtze gemacht sein, welches ebenmeßig sich alles ereuget, wen ein stücke nach dem andern in Augenschein genommen wird.

2. Daß man eigentlich zu sehe und fühle, ob Sie auch die Registratur im mittel nicht zu hart oder zu gelinde ziehen laßen, und fein stehen bleiben daß sie nicht von ihnen selbst stehen, niederfallen, oder aber Wen man sie angreiffet zum Zuge erstlich einen ziemlichen ort weichen, ehe sie zum Zuge kommen, oder aber daß ein Loch darin die Registereysen gehen, lang und der ander kurz sein, eines sich hart das ander linde ziehe, welches alles deßen meister wenigen Verstand und Fleiß der Arbeit bezeugen, daß dan auch ein blinder Verständiger Urtheilen kan.

3. Auch ist mit Fleiß darauff acht zu haben, ob auch in Fundamentbrete der Laden in die Cancellen[2] Löcher gebohret seyn, wie offte geschiehet, welches eine Anzeigung ist daß die Lade nicht Just in den Cancellen verwahret, also daß der Wind auß einer Cancellen in die ander sich stilt, und schleicht, welches billich alß ein defect angezogen wird. Solches defect findet sich auch und kan nicht verholen bleiben, wen man das Clavir stille ohne pfeiffenwerck begreiffet, so höret man den Wind sausen und brausen, oder aber ist der Wind in solchen defect stille und richtig, und eignet sich dan gehör alß gemeiniglich in den Kleinestenpfeiffenwercken, als Zimbeln geschiehet, oder auch in der Quintadenn so ist dieses die Ursache, daß der Wind oben uff der Laden, zwischen den Registern und Stöcken flüchtig ist, welches auch billich disputirlich, weil es nich beßer sondern erger wird.


Zur Besichtigung gehöret neher:

1. Daß Balghauß wegen des Gebläses, oder der Bälgen dabey man gerne Licht der finstern örter halben, haben muß. Und ist in acht zu nehmen, daß die Belgen ohne Berührung des Clavirs getretten werden, und zusehen ob sie auch einen feinen satsamen gang haben.

2. Ob Sie auch mit zu gar schweren Gewichte beleget seyn.

3. Ob Sie auch sonderlich die auf eine Wiege liegen an der Zahl Steine gleich viehl haben. [5]

4. Ob Sie auch schottern wen getreten wird, den solches ist der mangel daß die Wagebalcken, oder Calcaturclaves zu schwach sein, welcher defect zu tadeln stehet.

5. Ob der Windt iust stille und wol verwahret sey.

6. Ob Sie auch wol zu treten.

7. Sonderlich gebe der Iudex mit großen Fleiße hieruff achtung ob sie schwer von Gewichte sein, oder ob sie davon so faul und schwerlich unter sich weichen wollen, daß der Balcke nicht den wind im Huj und schnell in sich bekommen kan. Welches hiermit zu probiren, wen man den Balg hästig niedertritt, folget er nun fein artig, so ist es Kein mangel, Helt er aber gegen das geschwinde gewaltsahme hastige niedertreten, gahr faul oder ie zeher wiederumb, so ist es ein fundament mangell und stehet darinne daß die Ventiel so den wind in den Bälgen lassen sollen, zu klein sey und damit nun solches noch gewisser zu erkundigen und davon zu iudiciren so giebt sich die Probe noch einmahl in denen, wen der Balg hastig, darin den alle Mängel, was etwan wird, und die Ventil unten im Balge sein zu klein, wie oben gemeldet so zeugt der Wind die Ledderfalten mit Gewalt in sich hinein, und wen der Balg sich wieder uff den Wind sezzet so springen die falten wieder herauß, welches ein gros geprasseln und Poltern verursachet auch nicht Lange gehen Können, sonder von tage zu tage zum ende eyle.

8. Auch muß man in diesen defect darauff acht haben wen schon die Ventill Löcher unten am Balge, davon iezt gesagt groß genug sein, kan demnach dieser mangel daher entstehen, wen die Ventill all zu hart gefast und zu keinen rechten Uffgange komen können, solches stehet nach etzlichermaßen durch den Meister balde zu helffen, aber sonst wie oben angezeigt ist.

9. Auch sollen die Bälge nicht in der bloßen Lufft, und zum außlauffe und allen, dadurch zustehenden und muthwilligen mängeln Ursache gegeben wird, liggen, sondern ie besser und dichter dieselbe vor Meusen, Lufft und andern Muthwillen verwahret, ie besser und wehrender Bestand darauß erfolget, sonderlich weil dasselbige ohne beschwerliche Unkosten geschehen kan, wo nun solches also bloß gefunden, hatt der Iudex billig zu vernehmen.


Folget ferner das Gehör.

Vors aller erste aber gebürdt dem Iudici (wie er ihme dan dessen allen waß zur proba gehörig zu ersuchen, anfangs in seiner Bedingung vorbehalten soll) daß er ihme alle stimmen rein abzihen lassen oder selbsten abziehen, und alßdan das Clavier mit Concordanten vollstimmig darzu er dan das Pedahl auch gebrauchen soll begreiffen, auch hatt er Macht wen [6] ers thun will, sich mit beiden armen drauff zu legen, dieweil der fundament Laden ihr gantzer Fleiß und mangell den Sie Unsichtbahrerweise in sich hatt, drauß offenbahr wird, und obwol zwar die Orgelmacher damit nicht Content / iedoch nicht alle / so muß dennoch ein ieder meister durchauß damit zufrieden seyn, daß er tarde durch obberührte vollstimmige concordanten Begriffen wird, Ursache daß ieder meister selber Seine Laden im Fundament dadurch erforschen muß.


Allhier aber ist auff Zweyerley gut acht zu haben:

1. Ob auch die Belgen in solcher Probirung getreten werden.

2. Obschon getreten würde, ob dan nicht etwan eine heimliche Sper Ventill verhindert wird, den ohne den Wind ist solche Proba nichts, dieses aber beyde zu erfahren lasse sich der Iudex, in deme er ohne Laut das Clavir begreiffet, also unversehens oder thue selber eine Stimme durch ein Register öffenen, daß bezeüget ob angedeutete und betrügliche mittel (die von etzlichen Meistern wol gebraucht werden) innerlich vorhanden, befindet sichs dan also daß Betrug da ist, hatt er billich die Verdacht, so darauß erfolget zu Exaggeriren, iedoch nach ferner befindung im gehör wie folgen soll, darumb mit diesen Urtheil ein wenig inne zu halten ist, nichts desto weniger aber wol in acht zu nehmen.

3. Ob die Clavir auch gar zu unartig, endweder zu hart oder zu gelinde zu schlagen, desgleichen

4. Ob auch Pedahl und Manual Clavier sehr klappern, welches alles ohne Laut der Pfeiffen soll probiret werden, oder doch nur das Grobgedackt gezogen und mit der schwindigkeit (wer sie kan) in colleriren erfahren wird.

5. Auch daß man in solchen stillen schlagen Ziemlichen frisch Uffs Pedahl trete, und Manualiter hart darauffschlage, dan sich bisweilen ein unversehens Heulen darauß an tag gibt, auß sonderlichen Uhrsachen.

6. Nach dieser Proba nehme der Iudex alle Stimen von 8 fuß einzeln eine nach der andern, und intoniere einen Clavem nach dem andern etzliche mahl alß dan durch schlechte Concordanten, und höre fleißig nach der reinen und gleichen Intonation.

7. Darnach probir er die Intonation durch schnelle Colleraturen und mercke ob alles reine folget, im Baß alleß gleich dem Discant.

8. Wen man aber zu solcher Probe nicht so viehl Zeit anwenden kan oder will, wie dan lange Zeit darzu gehöret, so eußerst sich solcher fleiß der Intonation balde in etzlichen sonderlich den vornehmsten Stimmen, daran dan auch zum meisten gelegen, wen nun solche gut und richtig befunden, ists ein anzeigung, daß der Meister sonder Zweifel solches hiedurch bewiesen hatt. [7]

9. Weiter höre er dan, ob dieselbe Stimme auch in sich reine sey, und solches durch schlechte Concordanten sonderlich da die 3ten od 6ten perfect reine vorhanden sein, und solches descendendo et ascendendo und auff einen langsahmen tact iedoch gilt allhier keine Mensur, wer es nicht zur Zier thun will, also soll der Iudex mit allen Stimmen, sie sein von 16. 8. 4. 3. oder 2. 1.[3] hindurch gehen.

10. Nach diesem soll der Iudex oder Examinator zwey Stimmen die sich gebühren zusammen zu ziehen auch zusammen examiniren, ein gleiches des Lautes und reinigkeit, in sich selbst und also gehe er durch und durch mit 2 Stimmen, ohn die Schnarwercke ein Examine und gehören bis die Variation deroselben ein ende hatt, weiter brauche und ziehe er zusammen 3 Stimmen und gehe ebenmessig wie ietzt gemeldet damit umb, deßgleichen auch 4 oder 5 Stimmen, iedoch darnach die disposition des Werckes hoch an der Zahl besezzet ist.

11. Allhier aber ist zu mercken daß man auch maße halte und nicht zu grobe aequal zusammenziehe, dan dieselbe nicht sonderliche Liebligkeit mit sich ein Laut bringen, sondern alles gern stumpff Klingent machen.

12. Aber diß folget darauß wen die aequall alß Gedackten und offene Pfeiffen, alß Offenfloit spitzfloiten zu vorauß wen die weiter Mensur sind, und mit den zugedackten Pfeiffen zusammen gebraucht werden, so offenbahret sichs, ob die Cancellen in der Lade auch zu enge sein, und nicht erfallen mügen, oder ob der Wind auß den Belgen auch zulezt gleich wie in der erste, wen sie außgetreten, gleich erfolgen, den ein sonderliches in der Proba sich hierinne ereuget und eignet.

13. Ebenmeßig ist noch eine sonderbahre verborgene Proba vorhanden, wen eine eintzelne Stime sonderlich die 8 od 4 fuß superoctava 2 f. Klein gedackt, 4 oder 2 f. gembshörner, 4 f. geschlagen werden, ob die 3tien perfect, wen solche ergriffen, auch reine für sich allein klingen oder ob sich ander Claves oder Pfeiffen im Laute heimlich dazu hören lassen, welche proba descendendo et ascendendo durchs gantze Clavir soll gesucht werden.

14. Findet sich etwas, daß man zusammen stehen nennet, daß kommet entweder auß den Cancellen, daß der Wind auß zweyen oder mehren zusammen sticht, auch noch wol weiter umb sich greiffet, oder ist oben uffen Fundament der Laden zwischen den Registraturen schleiffen welches an den beyden ortern inwendig in den Cancellen oder oben uff den Laden vor fundament mangel angezeuget und nach der Scherffe können verworffen werden, den sie täglich zu nehmen und mit ihnen ärger wird.


[8]

Proba.

15. Ob solch Windstechen in den Cancellen sey, so thue man ihm also und greiffe eine tertz perfect, und halte stille (sonderlich da man höret da es am lautesten stehet) und ziehe eine einzelne Stimme ohne die Mixtur und Zimbeln nach der andern, und höre, ob sich der stich also in Stimmen gleich starck hören lassen, oder in etzlichen gar stille werden thut, solch stechen in einer stimmen und in der andern nicht, ist ein Zeichen daß solch stechen nicht in den Cancellen sondern oben uff der Laden zwischen den Registerschleiffen stecket und ist wie vor an gezeiget wol darumb zu sprechen.

16. Findet sich aber, daß der stich in allen Stimmen sich hören läßt, so ist ein sonderlicher Fundamentmangel, den anders nicht, den die Lade herauß und von ein ander, soll Ihm sonsten fundamentaliter geholffen sein, durch welchen defect auch die Löcher in den Pfeiffenfüßen oder fundamentbrette gebohret werden müssen wie vorher bericht geschehen ist, und dieweil hierinne die gantze Lade, inwendig und außwendig sich selbst verreht, so ist manchen Orgelmacher in der Proba nicht wol zu muthe dabey, ia Lachen noch wol einen organisten in sich selbsten auß, daß er solchen defect nicht zuersuchen noch zu finden weiß.

17. Zu dieser ersuchung und wen man es gefunden hatt, gehöret seine Bescheidenheit mit dem Orgelmacher zu reden, den mancher wie angezeigt einen großen Cornelium deswegen hatt, und lieber wolte, daß mancher so lange nicht wol hören und sehen Könte.

18. Gleich wie nun diese Probirung Manualiter auß geübet also soll auch pedaliter geschehen alß dan soll das Pedallstimmwerck nach rechter disposition gebühr zu samen kommen, 1. 2. 3. 4. und mehr Stimmens zusammen[4] probiret oder gleich Lautt und reynigkeit derselben ersuchet werden.

19. Daß volle Werk belangt gibt iede disposition in und an sich selbsten, wie viel und waß vor stimmen, iedoch daß man keine gedackt Stimme (es wehre dan keine fundament Stimme den das Gedackt vorhanden) dazu ziehe, sollen dazu gezogen werden, man soll aber in solcher beschlagen im gehör eigentlich nicht viel Coloraturen, sondern reine und volle Concordanten greiffen, was nur immer manualiter und pedaliter tretten und greiffen laßen will, den in solchen wird kunt der Cancellen theilunge, wie vor gedacht, ob sich auch das Werck im Winde sezze und zurück weiche, welches hoch und Nötig in acht zu nehmen ist. Uff solch Prob concordant muß man eine gute Weile stille halten, und hören waß der Wind im treten thun und sich endern will.

20. Nach Vollführung deßen allen, Kan man dan auch die Schnarwercke zur Probe gebührender Stimmen observiren und sonderlich darauff [9] mercken, ob der Baß den Discant im Gehör auch gar zu sehr übersezze, also daß man nichts davon hören mag, welches auch billich vor ein defect angezogen wird.


Von Tremulanten.[5]

Die haben nicht alle gleiche Proben, den Sie nicht allen Meistern wol gerahten, wie die erfahrung bezeuget, daß ie stärcker Wind und schwerer Gewichte, ie besser mit ihnen zuhanden stehet, darumb gibt er die Proba an Ihm selbsten. Aber doch ein Tremulant eine fein stimbwerck, alß man zu einer Moteten pedaliter und manualiter, ohne Verwandelung des Schlages beständig außhalten, thut er, daß in der Proba nicht ists gewiß, daß er nicht besser wird werden. Und billich für ein defect, dem der Meister zu helffen schuldig angezogen wird.

1. Man findet aber mancherley art schläge Tremulanten aber das sind die Lieblichsten, die 8 schläge uff einen Tact oder Mensur schlagen, auch daß sie nicht im Winde sich also erzeigen, alß wen sie alles durch ihr Beben entzwey zertreiben wollen wie dan solche art mannigmahl gefehlt, daß durch ihren schlag und Bewegunge auch das gantze orgelwerck gleich beweglich gemacht wird, dieselben solt man lieber mit gelde herauß kauffen, den sie sehr schädtlich und gleich zu verrehten sein, als wen einer das Werck nehme und schüttete es hin und wieder woher aber solches rühret, stehet an dem orte.

2. Auch werden ihr viehl gefunden, die dieser art sein, daß wan man oben in der Höhe, alß im Discant schlecht, und wenig Claves zur Concordanten greifft so schlagen sie geschwinde, sobald man aber unter sich im Baß mit Concordanten kömbt oder etwas vollstimmig greiffet oder Clausuliret und außhelt, so fallen sie und schlagen Langsam, verlieren auch wol gantz ihren schlag und verfelschen das Stimwerck. Wie die erfahrung bezeuget, welche dan billich getadelt, den sie auch auß gewissen Ursachen des Windes von Tage zu tage ärger werden.

3. Darumb ist das die Beste art, wen sie 8 schläge uff einen rechtmäßigen Tact schlagen und fein sanffte beben, auch beständig denselben schlag und Mensur behalten. Sonderlich aber wen Sie sollen zu Schnarwercken gebraucht werden, wie dan wol geschehen mag, auch darzu eine sondrer art Tremulanten, Böcke genandt sich zum Besten und Liebligsten darzu arten.

4. Man findet ihr auch die sich gar bequem auff zweyerley art alß Langsam, und dan geschwinde hören lassen, welches nur durch einen Registerzug oder enderung des Windes geschiehet. Gerahten aber selten und nicht allen Meistern also. [10]

5. Auch daß etzliche Manualiter gehen, und vom Pedal abgesondert, welches auch durch den Wind daß solcher abgesondert wird geschehen muß, den alles waß von einem Canall erfüllet und getrieben wird, daß muß mit Bebent sein.


Von Copulaturen.[6]

Die weil auch die Coppellen mannigerley art invention seyn und gleichwol auch gut und bestendig, wo fern der fleiß in der arbeit darangewendet, sein können, ist davon nicht nöthig zu schreiben, nur daß der Iudex denselben, uff waß art der sey, mit fleiß und einen Licht, wie dan solches zur Lieferung und Besichtigung gehöret.

1. Besehen auch denselben offt ab und zu ziehe, und darauff den wieder, in schlagen observire, waß er thun will, sonderlich aber acht darauff zu haben, ob auch all zu Klein drat darzu gebrauchet oder albereit viel Krümmens oder Bögens dran geschehn ist.

2. Item ob man auch füglich wen etwas dran mangel fürfallen wie leicht geschehen kan, denselben sonderlich ein organist helffen kan.


Von Heulen.

Deßgleichen soll der Iudex auch mit fleiß darnach sehen und ihm anzeigen lassen, wie ein Organist, wen etwan waß heulen würde, wie dan solches leicht geursachet werden kan, zum mangel in den Laden kommen und sehen Kan, damit wen nicht alle Organisten guten Bescheid wißen, defecten ab zu helffen, dem Werck oder Laden nicht mehr schaden zugefüget werden, dan es hatt ein solches Heulen, und ob solche Hülffe ohne Verleymen oder sonderliches großes Klopffen geschehen kann. Den im Winter sichs nicht wol leimet und auch nicht ein ieder Organist damit umbzugehen weiß, auch kein Wergzeug darzu hatt, und das noch das ärgeste, bißweilen gantz nicht dazu zu Kommen ist, darumb wol in acht zu nehmen und ihrer vom Orgelmacher dessen allen zeigen lassen.


Sprinck Ladenn.[7]

Sonderlich sehe der Iudex oder Organicus wol zu, ob Sprinck Laden vorhanden wehren, daß den nicht eine gemeine Invention ist oder ein ieder Orgelmacher zu arbeiten weiß, auch unnöhtig und wegen des raumes offt gar nicht müglich. So lasse Ihm ia der Iudex mit allem Fleiße zeigen wie und Welcher gestalt, weil alles, was Beweglich, Leichtsam zum Wandel kan geursachet werden, auch wie und auff waß weise solches gebrochen der Invention füglich zu helffen stehet, insonderheit aber, daß es auch ein Organist thun kan oder soll.


Handschrift

[1]

[2]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Braunschweigisch
  2. Zu den Begriffen „Lade“ und „Kanzelle“ siehe den Artikel Windlade in Wikipedia.
  3. Fuß
  4. Vorlage: zusasammen
  5. Zum Begriff „Tremulant“ siehe den Artikel Tremulant in Wikipedia.
  6. Zum Begriff „Koppeln“ (hier: Copulaturen, Coppellen) siehe den Eintrag Koppel in Wikipedia.
  7. Zum Begriff „Springlade“ und der Problematik dieser Technik siehe unter Windlade in Wikipedia. Über den Autor des Textes ist bekannt, dass er und sein Vater Heinrich Compenius in diesem Punkt unterschiedliche Ansichten hatten.


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