Prinzessin Sabbath
Prinzessin Sabbath.
In Arabiens Mährchenbuche
Sehen wir verwünschte Prinzen,
Die zu Zeiten ihre schöne
Urgestalt zurückgewinnen:
Ist ein Königssohn geworden;
Schmuckreich glänzend angekleidet,
Auch verliebt die Flöte blasend.
Doch die Zauberfrist zerrinnt,
Seine königliche Hoheit
In ein Ungethüm verzottelt.
Einen Prinzen solchen Schicksals
Singt mein Lied. Er ist geheißen
Hexenspruch in einen Hund.
Kötert er die ganze Woche
Durch des Lebens Koth und Kehricht,
Aber jeden Freitag Abend,
In der Dämmrungstunde, plötzlich
Weicht der Zauber, und der Hund
Wird aufs Neu’ ein menschlich Wesen.
Mit erhobnem Haupt und Herzen,
Festlich, reinlich schier gekleidet,
Tritt er in des Vaters Halle.
„Sei gegrüßt, geliebte Halle
Zelte Jakob’s, Eure heil’gen
Eingangspfosten küßt mein Mund!“
Durch das Haus geheimnißvoll
Zieht ein Wispern und ein Weben,
Athmet schaurig in der Stille.
(Vulgo Synagogendiener)
Springt geschäftig auf und nieder,
Trostverheißend goldne Lichter,
Wie sie glänzen, wie sie glimmern!
Stolz aufflackern auch die Kerzen
Auf der Brüstung des Almemors.
Aufbewahret, und verhängt ist
Mit der kostbar seidnen Decke,
Die von Edelsteinen funkelt –
Dort an seinem Betpultständer
Schmuckes Männchen, das sein schwarzes
Mäntelchen kokett geachselt.
Um die weiße Hand zu zeigen,
Haspelt er am Halse, seltsam
An die Kehl’ den Daumen drückend.
Bis er endlich lautaufjubelnd
Seine Stimm’ erhebt und singt:
Lecho Daudi Likras Kalle –
Komm’, Geliebter, deiner harret
Schon die Braut, die dir entschleiert
Ihr verschämtes Angesicht!
Ist gedichtet von dem großen,
Hochberühmten Minnesinger
Don Jehuda ben Halevy.
In dem Liede wird gefeiert
Mit der Frau Prinzessin Sabbath,
Die man nennt die stille Fürstin.
Perl’ und Blume aller Schönheit
Ist die Fürstin. Schöner war
Salomonis Busenfreundin,
Durch Esprit brilliren wollte,
Und mit ihren klugen Räthseln
Die Prinzessin Sabbath, welche
Ja die personifizirte
Ruhe ist, verabscheut alle
Geisteskämpfe und Debatten.
Declamirende Passion,
Jenes Pathos, das mit flatternd
Aufgelöstem Haar einherstürmt.
Sittsam birgt die stille Fürstin
Blickt so sanft wie die Gazelle,
Blüht so schlank wie eine Addas.
Sie erlaubt dem Liebsten alles,
Ausgenommen Tabakrauchen –
Weil es heute Sabbath ist.
Soll dir dampfen, zum Ersatz,
Ein Gericht, das wahrhaft göttlich –
Schalet, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium!
Also klänge Schiller’s Hochlied,
Hätt’ er Schalet je gekostet.
Die der liebe Herrgott selber
Einst den Moses kochen lehrte
Auf dem Berge Sinai,
Wo der Allerhöchste gleichfalls
Und die heil’gen zehn Gebote
Wetterleuchtend offenbarte.
Schalet ist des wahren Gottes
Koscheres Ambrosia,
Und mit solcher Kost verglichen
Das Ambrosia der falschen
Heidengötter Griechenlands,
Speist der Prinz von solcher Speise,
Glänzt sein Auge wie verkläret,
Und er knöpfet auf die Weste,
Und er spricht mit sel’gem Lächeln:
Sind das nicht die Brüßelbrunnen
In dem Palmenthal von Beth-El,
Wo gelagert die Kameele?
„Hör ich nicht die Heerdenglöckchen?
Die vom Gileath-Gebirge
Abendlich der Hirt herabtreibt?“
Doch der schöne Tage verflittert;
Wie mit langen Schattenbeinen
Böse Stund’ – es seufzt der Prinz.
Hexenfinger in sein Herze.
Schon durchrieseln ihn die Schauer
Die Prinzessin reicht dem Prinzen
Ihre güldne Nardenbüchse.
Langsam riecht er – Will sich laben
Noch einmal an Wohlgerüchen.
Auch den Abschiedstrunk dem Prinzen –
Hastig trinkt er, und im Becher
Bleiben wen’ge Tropfen nur.
Er besprengt damit den Tisch,
Und er tunkt es in die Nässe,
Daß es knistert und erlischt.