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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Ober-Putzkau

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Textdaten
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Autor: Moritz Grimmel
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Titel: Ober-Putzkau
Untertitel:
aus: Markgrafenthum Oberlausitz, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 3, Seite 201–202
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1859
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
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Ober - Putzkau
Ober - Putzkau


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Ober-Putzkau


Dieser uralte Ort, welcher schon in einer Grenzurkunde von 1213 genannt wird, ist 2. Stunden nördlich von Neustadt bei Stolpen an der Wesenitz gelegen.

Putzkau bedeutet so viel, als Burkhardtsdorf und der Ort muss früher auch bedeutender gewesen sein, als jetzt. Der Ort selbst wird in Ober- und Nieder-Putzkau eingetheilt. Das Rittergut steht in Oberdorf und daher Ober-Putzkau.

Die Herren von Haugwitz haben lange dieses Gut besessen und zwar bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts, wo es an die Familie der Herrn von Schleinitz kam. Von 1713 bis 1723 war Erb-, Lehn- und Gerichtsherr Georg Curt von Haxthausen, 1751 aber der Minister Brühl, von 1752 kam es an die Grafenfamilie von Schall-Riaucour, welche sich noch jetzt des Besitzes von Putzkau erfreut und gehört somit zu der Fidei-Commiss-Herrschaft dieser Familie, welche aus den Ortschaften Crostau, Rodewitz, mit Sonneberg, Eulowitz, Bederwitz, Gaussig, Medewitz, Diehmen, Golenz Drauschkowitz, Malschwitz, Guttau, Brösa, Gleina, Werthau, Töbigau, Naundorf, Zockau, Günthersdorf und Putzkau besteht.

Der jetzige Besitzer ist Herr Karl Graf von Schall-Riaucour und dessen hochverehrte Frau Gemahlin Amalie Gräfin von Seinshain, welche nie ermangelt haben, ihr Wohlwollen, ihre Mildthätigkeit gegen ihre Gerichtsuntergebenen an den Tag zu legen.

Der Stifter dieser Fidei-Commiss-Herrschaft war Andreas, Reichsgraf von Riaucour kurf. sächs. Conferenz-Minister und wirkl. Geheime Rath, auch Gesandter an Churf. Pfalz-Bairischen und Trierischen Höfen, Reichsritter und Ritter des Königl. poln. weisen Adlerordens (der kathol. Confession zugethan).

Er starb 1794 zu München, nachdem ihm seine Frau Gemahlin Henriette geb. Freifrau von Wreden (evangel. Confession) im Jahre 1793 in die Ewigkeit voraus gegangen war.

Der Wohnsitz von dieser Fidei-Commiss-Herrschaft ist in Gaussig, wiewohl auch die andern Orte von der Herrschaft mit dem Besuche des Herrn Besitzers beehrt werden.

Das Rittergut in Ober-Putzkau steht in des Ortes Mitte, der sich von da an als Ober- und Neu-Putzkau östlich von der Wesenitz hinauf bis Neukirch in der Lausitz, und nordwestwärts als Nieder-Putzkau hinab erstreckt, so dass er nun 1¼ Stunde lang ist, von Bischoffswerda liegt das Rittergut nur eine Stunde südöstlich entfernt und von der dasigen Kirche ¼ Stunde.

Das Rittergut hat schöne comfortable eingerichtete Gebäude, Wirthschafts- und Hofräume sind nutzbar angelegt und überhaupt sieht man dem Ganzen den Reichthum des Besitzers an.

Im Westen von Putzkau liegt der Rehwald nahe, in Südwesten steigt der Riedenberg an, so wie in Norden die Kuh-, Schatz- und Heinberge, in Süden des Oberdorfs verbreitet sich die Waldung des Valten oder vulgo Falkenbergs.

Vom Fürstenhause im Klinkerthal an gerechnet gehet man bis zum Gipfel des Berges binnen ¾ Stunden; in diesem Fürstenhause, oder früher in Bethelsdorf ist es nöthig, um diese Parthie zu durch wandeln, einen Führer mitzunehmen.

Der Weg führt durch einen Theil des Putzkauer Waldes.

Sobald man der höchsten Höhe des Berges näher kommt, wird der Weg auf ein Mal sehr steil, jedoch ist man bald an der Stelle, wo die Königlichen, die Putzkauer und Neukircher Waldungen, folglich auch die Meissnische und Lausitzer Gränze zusammenlaufen, welche genau durch Steine bezeichnet sind.

Die Aussicht, welche man von hier aus geniesst, ist eine der weitesten und reizendsten.

Sie reicht nicht nur bis über den Unger (bei Sebniz) sondern selbst über den Winterberg (oberhalb Schandau) hinaus und vom Riesengebirge bis zum Colmberge hin.

Ziehet man von jenem zu diesem eine gerade Linie und dann wieder von jenem eine Bogenlinie über Lowositz und Bilin zwischen Annaberg und Freiberg bis zu diesem hinab, so umschreibt man hiermit den Gesichtskreis dieser Aussicht, der in Entfernungen von 10 bis 12 Meilen [202] sich herum kreiset, und 250 Quadrat-Meilen in sich enthält, deren verschiedene Flächen und Berghöhen das Auge von hier aus erreichen kann.

Dies ist aber nicht die einzige schöne Aussicht, es giebt deren noch andere.

Wenn man hinter den Grenzzeichen hin und linker Hand den Fusssteig durch das Holz gegen Abend immer gerade fortgehet bis dahin, wo ein Baum in dem grossen Haufen von Granittrümmern steht und einige Bänke und ein Granittisch angebracht sind, so hat man eine eben so herrliche Aussicht vor sich.

Von den böhmischen Gebirgen, neben der sächsischen Schweiz an bis über das sächsische Gebirge über Dresden hinab, wo Altenberg und Frauenstein am Horizonte sich deutlich darstellen, von da bis in die Meissner Anhöhen, hinter welchen sich, neben Stolpen hin der Colmberg bei Oschatz an heiteren Tagen sehen lässt.

Wieder über das mit seinem grossen Teiche und seinen Giebeln sichtbare Moritzburg und Radeberg hin, die Lausitzer- und die Königsbrücker Gebirge mit dem runden Eierberge: näher her über das nahe Bischoffswerda wieder über die Burkauer und Pulsnizer Gebirge gerade in Nord in die Hoyerswerdaer, Ruhlandes und Kamenzer Gegend. Fast der ganze Meissnische Kreis und ein grosser Theil des Erzgebirgischen und der Oberlausitz liegen hier also im Gesichtskreise.

Gehet man wieder zurück, von der oberen Spitze, an den Grenzzeichen vorbei auf die nördliche Seite, so breitet durch eine grosse Oeffnung des Waldes wieder eine reizende ebene Fläche der Hälfte der Oberlausitz von Camenz über Bautzen herauf und fast bis zur schlesischen Grenze hinauf sich aus.

Bautzen, das man hier ganz übersehen und in dessen Strassen und Fenster man blicken kann, ist mit unzähligen Dörfern, schönen Schlössern und Vorwerken überall umgeben.

Das ganz am Fusse des Falkenberges liegende, fast eine Meile lange, volkreiche Dorf Neukirch mit seinen lieblichen Umgebungen, giebt dieser Aussicht einen schönen, gleichsam lebendigen Vordergrund. Die Tradition erzählt von der Geschichte dieses Berges, dass zwei Brüder, Valentin und Rupprecht, 2 Ritter, sich in alten Zeiten in den Besitz des Ritterguts Neukirch so getheilt hätten, dass Valentin die südliche, Rupprecht aber die nördliche Seite erhalten, jener auf diesem Berge sich eine Burg erbauet und sie die Valentinsburg genannt habe, woraus Valkeburg und endlich Falkenberg entstanden sei; dieser aber auf dem entgegengesetzten Berge eine Burg erbaut, und sie die Ruprechtsburg genannt, welcher Berg auch immer noch der Rupprechtsberg genannt wird und auch noch einige Ruinen aufzuweisen hat.

Ihre Nachfolger sollen in Unfrieden gerathen und in der darüber entstandenen Fehde die Zerstörung der Valkenburg herbei geführt worden sein.

Auf der nördlichen Seite dieses Bergs findet man noch Spuren alten Gemäuers und alter Keller.

Das Hauptgestein des Gebirges ist Granit, doch enthält der Berg auch mehrere Basaltarten.

Am nördlichen Fusse wird dieser Berg an dem in die Wesenitz am obern Ende des Dorfs Putzkau fliessende grössern Rothflösschen, berührt das in der Grenzurkunde von 1313 selbst nebst Putzkau vorkommt.

Das Rittergut besitzt auch 1 Hufe von der Bischoffswerdaer Wüstung, Hungerau als Ersatz für die Bennoteichstätte und ausserdem ungemein grosse Waldungen, auch Zinsen hatte es von den eingegangenen Dörfern Auerwiz und Wheriz bei Putzkau.

Ober-Putzkau war im 15. Jahrhundert ein Mal getheilt, so dass 4 Bauern, 3 Mühlen u. s. w. zu einem besonderen mit Wilthau combinirten Gute gehörten.

Das Forsthaus steht südlich vom Dorfe im Klinkerthale, am Putzkauer Walde.

Die Hübelschenke ist südlich von Oberdorf, am Neukirch-Neustädter Wege. Die Kirche ist mehrmals in neueren Zeiten reparirt, den Kirchthurm baute man im Jahre 1710.

Pfarr - und Schulwohnung ist ebenfalls bequem und wohnlich eingerichtet.

Mit Einschluss dieser Gebäude zählt man hier 350 Wohnungen, in welchen über 1300 Seelen leben, die dem Gerichtsamte Bischofswerda zugewiesen sind.

M. G.