Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/176

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

wurden (Schewe erhielt 12 Jahre Zuchthaus, Dräger 5 Jahre Gefängnis), hatten einen sehr heilsamen Einfluß. Diese Kategorie der Anarchisten war vorläufig lahm gelegt. Dann kam die andere Kategorie. im Juni 1894 wurde der anarchistische Diskutierabend bei Späth eingerichtet. Gleich am ersten Abend wurde über einen Artikel der Mostschen „Freiheit“ und die dort empfohlenen Stoß- und Explosiv-Instrumente diskutiert. Zu den eifrigsten Besuchern dieses Diskutierabends gehörten Westphal, Wilhelm Weber und Koschemann. Letzterer hat wiederholt dort so radikale Redensarten geführt, daß er für einen Agent provocateur gehalten wurde und auch einmal durchgeprügelt worden sein soll. – innerhalb dieses Klubs bildeten Koschemann, Westphal, Weber und Frau Westphal eine kleine, eng aneinander geschlossene Gruppe. Gelegentlich einer Haussuchung ist bei Koschemann ein Dolch vorgefunden worden; bei einer Festnahme des Weber wurde ein anscheinend von ihm selbst geschriebenes Sprengstoff-Rezept vorgefunden, das noch nicht einmal in dem Mostschen Buch über die revolutionäre Kriegführung enthalten war. Dies war nicht lange vor dem Attentat auf den Polizeioberst Krause. Als letzteres sich ereignet hatte, habe er (Bösel) mit seinen Beamten sofort die Überzeugung erhalten, daß, wenn überhaupt ein anarchistisches Attentat vorliege, dieses nur von der Gruppe Koschemann ausgegangen sein könne. Sie waren aber nicht der Ansicht, daß ein solches anarchistisches Attentat vorliege. Man hielt es für möglich, daß sich unter den entlassenen Schutzleuten ein persönlicher Feind des Obersten Krause befinden könnte. Ferner wurde damals das Nachtwachtwesen umgewandelt und die Entlassung mancher Nachtwächter konnte bei einzelnen Personen auch böses Blut erregt haben. Auch der verstorbene Polizeirat von Mauderode vertrat die Ansicht, daß ein persönlicher und nicht ein politischer Racheakt den Attentat zugrunde liege. Deshalb wurden die Ermittelungen nicht der politischen, sondern der Kriminalpolizei übertragen. Die politische

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/176&oldid=- (Version vom 1.8.2018)