Seite:Anfangsgründe der Mathematik II 452.jpg

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Da die Sonne von der Erde weiter weg ist, als der Mond; kommet sie geschwinder als er um die Erde herum. Derowegen, wenn sie morgen wieder in den Meridianum kommet, kan der Mond noch nicht da seyn, sondern er stehet etwas zurücke gegen Morgen. Und also scheinet es, als wenn er zurücke gegangen wäre. Allein dieses einige kan den Satz nicht wahrscheinlich machen. Wie viel sind nicht Dinge, die ihr durch den gegenwärtigen Satz gar nicht erklären könnet? Wenn die Sonne, der Mond und die übrigen Planeten sich um die Erde bewegeten; so beschrieben sie Schraubengänge um dieselbe (§. 35. 36. 219.), und da ihre Weite von der Erde nicht immer einerley ist (§. 223.), wären die Schraubengänge bald weit, bald enge. Aus gegenwärtigem Satze könnet ihr nicht die geringste Ursache geben, woher es komme, daß die Planeten bald einen weiten, bald einen engen Gang um die Erde nehmen, noch auch sagen, wie sie den weiten eben so geschwinde als den engen durchlaufen können. Die Sonne schweifet niemals über die Tropicos oder Wendecircul, und die Planeten schweifen niemals über den Thierkreis heraus (§. 48. 49.). Ihr könnet aus dem Tychonischen Weltgebäude abermals keine Ursache anzeigen, warum sie ihre Schraubengänge nicht bis gegen die Pole fortführen, und was sie wiederum umkehren heisse. Man hat wahrgenommen, daß der Ort, wo der Planete am weitesten von der Erde weg ist, sich verrücket. Daraus folget, daß, wenn der Planete

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Christian Wolff: Auszug aus den Anfangs-Gründen aller Mathematischen Wissenschaften. Rengerische Buchhandlung, Halle 1772, Seite 452. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Anfangsgr%C3%BCnde_der_Mathematik_II_452.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)