Seite:Anfangsgründe der Mathematik II 501.jpg

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Die 9. Erklärung.

40. Man saget, daß unter dem Pole SPHAERA PARALLELA oder die Weltkugel (nemlich mit der Erdkugel) parallel sey, weil die Sterne und die Sonne sich mit ihrem Horizont parallel bewegen.

Zusatz.

41. Derowegen gehen in der Parallelkugel die Sterne niemals unter (§. 140. Astron.), und bekommet man daselbst nur die Hälfte der Sterne zu sehen.

Der 6. Lehrsatz.

42. Je grösser die Polhöhe in einem Orte ist, je länger ist der längste, und je kürzer der kürzeste Tag.

Beweis.

Es sey HR der Horizont des einen, hr eines andern Ortes, in P der Nordpol; so ist der längste Tag, wenn die Sonne in den Tropicum Cancri ST kommet; der kürzeste aber, wenn sie den Tropicum Capriccorni KL durchläufet. Da nun von ST ein grösserer Theil, hingegen von KL ein kleinerer Theil über den Horizont hr als über HR erhaben ist, massen SO grösser als SN und KV kleiner als KZ; so muß die Sonne, wenn der Tag am längsten ist, länger, und wenn er am kürzesten ist, kürzer über dem Horizont hr als über HR bleiben. Und demnach ist der längste Tag länger, und der kürzeste Tag kürzer, wo die Polhöhe grösser ist, als wo sie kleiner ist. W. Z. E. [Fig. 8]

Empfohlene Zitierweise:
Christian Wolff: Auszug aus den Anfangs-Gründen aller Mathematischen Wissenschaften. Rengerische Buchhandlung, Halle 1772, Seite 501. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Anfangsgr%C3%BCnde_der_Mathematik_II_501.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)