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ob sie später allein zurückgekommen war, das hatte er ja niemals erfahren. War sie nicht heimgekehrt, so mußte es freilich im Hotel aufgefallen sein, aber konnte er denn ahnen, was er zur Erklärung ihres Ausbleibens für geschickte Lügen erfunden und vorgebracht haben mochte? Wenn er, wie er es nun mit einem Male für möglich hielt, in einem Dämmerzustand einen Mord begangen, so lag alles andere gleichfalls im Bereiche der Möglichkeit; vor allem List und Tücke jeder Art, um das Verbrechen zu verschleiern.

Es war ihm bewußt, daß all diese Einfälle und Erwägungen im Verlauf von wenigen Sekunden durch sein Hirn gejagt waren. Nun aber, da er Mariannens Augen mit einem unverkennbaren Ausdruck der Besorgnis auf sich gerichtet sah, fühlte er, daß er tödlich erblaßt war; und er sagte sich, daß es vor allem darauf ankam, sich nicht zu verraten. Mit einer gewaltigen Willensanstrengung vermochte er seinem Antlitz einen harmlosen Ausdruck zu verleihen, und er bat Marianne, ihn bei seinem Bruder zu entschuldigen, da er jetzt eilen müsse, um eine Wohnung auf der Wieden, die nur bis zu einer gewissen Stunde zur Besichtigung freistände, nochmals in Augenschein zu nehmen. „Für morgen aber lade ich mich wieder zu Tisch bei euch ein, wenn ich nicht doch vielleicht“, setzte er eilig hinzu, „für ein paar Tage auf

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 047. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_047.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)