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Dort, auf der Warte Söller, hoch empor
Bis in die Lüfte, die den Habicht wiegen:

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Das ist des Konradin Panier; es weht

Der Sonnenstrahl in seinen goldnen Falten;
– Er selbst – er hat dem Reiher nachgespäht
Und auf der Faust das Federspiel gehalten.

Jetzt auf die Zinne mit dem Arm gestützt

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Blickt er hinab, wie ihn das Wasser spiegelt,

Sein träumend Haupt vom Abend angeblitzt,
Vom weichen Föhn Italia’s umflügelt.

Italia’s! – es kommt wie Gruß geweht,
Wie laue Bergesluft der Apenninen;

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War’s nicht wie süßen Harzes Duft, wenn spät

Die Sonne noch den Pinienwald durchschienen? –

Er fährt empor – ein Falk, der Beute sieht, –
Das Herz hat Flügel und die Lüfte tragen –
Da liegt’s, da glüht’s, Apuliens Gebiet,

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Und nun ein heiß, ein königliches Jagen!


„– O Karl von Anjou – Anjou hüte sich!
Von diesen Alpen sieh es niederkommen;
Wie jäher Bergsturz kommt es über dich,
Wie fluthgepeitschte Fluthen angeschwommen! –“

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„Doch ha, verdammt! – noch in dies blanke Schwert

Ist keine Scharte klirrend eingehauen;
Laut wiehernd an der Krippe steht das Pferd,
Und muß am Halfter seinen Schaum zerkauen.“

„Wann wirst du, wann, in Eisen aufgezäumt,

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Den Hohenstaufen in sein Erbe tragen?

Wann wird dein Huf, von frischem Blut beschäumt,
Sich in den todten Schädel Anjou’s schlagen?“

„O schnödes Volk! – ihr laget Mann für Mann
Im Staub einst vor den Kaiser-Ghibellinen;

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Zu mir heran – o eine Schaar nur – dann

Nur einmal Blut auf diese Panzerschienen! –“

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_057.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)