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und Bluten, als der Leichnam vor den Häusern der Juden vorbeigetragen wurde, schien Beweises genug. Unter dem Vorwande, sie vor der Wuth des Pöbels zu retten, lockte man die geängsteten Juden in ein hohes steinernes Haus; hier zündeten die Bürger einen im Erdgeschoß heimlich aufgethürmten Scheiterhaufen an; die Juden flüchteten von Stock zu Stock; einige kletterten sogar auf das Dach. Umsonst! das ganze Haus, in das die Tücke der Christen gegen 300 Juden gelockt hatte, ging mit den Unglücklichen, die voll Verzweiflung Steine, Messer, Schwerter und Balken des brennenden Hauses auf die gaffende Volksmenge herunterschleuderten, in den Flammen auf. Einige stürzten sich aus dem Brande zu den Fenstern hinaus; sie wurden vom Volk aufgefangen und vollends niedergemetzelt.

(Siehe Gustav Schwabs: „Der Bodensee und das Rheinthal etc.“)


Bodmann.
Der kupferne Kessel zu Bodmann.[1]

Im Kessel zu Bodmann, da steh’ ich zur Stund’,
Soll leeren den Becher bis auf den Grund,
Den Becher, gefüllet mit Königswein,[2]
Herr Karl ihn pflanzt auf dem Felsengestein.

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Und was gezogen der mächtige Frank’,

Ein freier Schwabe jetzt erntet’s mit Dank,
Er sperrt’s in den Keller nicht feindlich ein,
Er ruft den Fremdling zum Trunk herein.

Und wie in den Becher mein Auge schaut,

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Das Dunkel der alten Geschichten ihm graut,

Und wie der Wein an der Lippe mir schwillt,
Die Sage hervor schon, die sprudelnde, quillt.


  1. [78] Am westlichen Ende des Bodensee’s pflanzte sich in zwei Aesten und mit zweierlei Wappen der Adel der Bodmann rühmlich fort. Sie bauten auf dem Heiligenberge gegenüber die Feste Hochbodmann. Als das Stammschloß im Jahr 1307, durch den Blitz entzündet, von Grund aus abbrannte, wurde der damals noch einzige Sprößling des ganzen Geschlechtes, Johann von Bodmann, wie durch ein Wunder gerettet; Seine Eltern und Alles im Schloße fielen den Flammen zum Raube; ihn aber legte eine mütterlich gesinnte Säugamme in einen kupfernen Kessel und ließ ihn so den steilen Berg hinab rollen. Dieses schwache Reis trieb bald neue Zweige und das edle Geschlecht blüht noch in mehreren Linien. Die auf dem Stammschloße wohnhafte nennt sich Bodmann-Bodmann. Der Kessel von Erz, worin der junge von Bodmann beim Brande der Burg gerettet worden, wird noch auf dem Schlosse gezeigt. Man pflegt sich hineinzustellen und einen gläsernen Humpen voll Weines auf das Wohl des Geschlechtes von Bodmann zu leeren.
  2. [78] Der Weingarten bei Bodmann, in dem einer der besten Weine des ganzen Seeufers wächst, heißt noch der Königsgarten; Carl der Dicke soll ihn gepflanzt haben und man nennt daher den Wein im Schloße von Bodmann den Königswein.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_075.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)