Seite:Badisches Sagenbuch 116.jpg

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hatte es schon aufgezählt, die unter den großen Kaisern, jenseits der Alpen, den Ruhm der Tapferkeit erworben. Aber diesmal war es kein Krenkinger, welcher die Augen des Landes auf sich zog – sondern der junge Ritter mit den drei Mondsicheln war es, Junker Heinrich, der Liebling seiner Heimath, die Hoffnung seines Hauses. Auf der hohen Küssaburg wartete er seines greisen Vaters, dessen letzter Wunsch eine würdige Braut war für den einzigen Erben des Namens und Gutes von Küssaberg.

Und siehe da, es ging in Erfüllung, was das Herz des Alten ersehnte: eine Tochter des aufstrebenden Hauses von Habsburg, Kunegund, die Schwester Graf Rudolphs, des nachmaligen Königs der Teutschen, reichte Heinrichen ihre Hand. So schien es denn bei den Sternen bestimmt, daß das Haus Küssaberg einer großen Zukunft entgegengehe. Das Schicksal behandelte den Grafen und seinen Schwager wie Lieblinge; es vergaß aber auch nicht zu strafen, wo Uebermuth und Vermessenheit seinen Zorn herausforderten. Der Besitz der schönen Kunegund, die Verwandtschaft mit dem Geblüte von Habsburg, verblendete den jungen Küssaberger: die drei Mondsicheln mußten den Schild theilen mit dem habsburgischen Löwen, und der freiherrliche Stand von Küssaberg sich überkleiden mit dem gräflichen Titel! Auch der alte Vater hing kindisch an dem erborgten Glanz: ein Grafengeschlecht sah er hervorblühen aus dem Stamme seiner Väter, und schloß nun die Augen, beglückt durch den schönen Traum.

Ja, das Glück eines Traumes war es auch nur! Heinrichs Uebermuth machte ihn mehr und mehr unerträglich. Alles begann ihn zu meiden – und Kunegund, das Bild der Schönheit und Sanftmuth, welkte hin an dem Wurme tiefsten Kummers. Sie ward nicht Mutter. Da ergriff auch den Gemahl der Gram, den er zu vergessen suchte in den Ausschweifungen der Sinne. Der kräftige, stolze, übermüthige Ritter fiel zusammen, zehrte ab und erlosch im schönsten Mannesalter. Man versenkte den Leichnam des letzten Küssabergers in der väterlichen Gruft – und mit ihm den Schild, welcher die Mondsicheln mit dem Löwen trug.

Kunegund nahm jetzt den Schleier und vergrub sich in eine Zelle zu Adelhausen bei Freiburg; über dem Grabe Heinrichs

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_116.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)