Seite:Badisches Sagenbuch 119.jpg

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In der Seele des Ritters erwachten alle Schrecken des Gewissens. Er übergab sein Söhnlein einem wackern Geistlichen zur Pflege und Erziehung, entsagte der Welt, und lebte als Einsiedler in einer Klause tief im wilden Gebirg.

A. Schreiber.


Thiengen.
Ein freier Mann.

Freiherren oder Barone wurden von Altersher diejenigen Bauern (Grundbesitzer) genannt, die keine Lehen trugen, also keinem andern Herrn verbunden waren. Zu solchen gehörte auch der Baron von Krenkingen, Herr zu Thiengen im Kletgau. Als nun eines Tages Kaiser Friedrich der Rothbart durch dieses Städtlein zog, blieb der Baron ganz ruhig auf seinem Stuhle vor der Herrenwohnung sitzen und rückte, wie der Kaiser an ihm vorbei ritt, zum Gruße sein Barett nur ein wenig. Friedrich fand dies Benehmen sonderbar und fragte seine Umgebung, wer der Ritter wohl wäre, der dort an offener Straße sich hingesetzt und Kaiserlicher Majestät die schuldige Verehrung nicht bezeige? Da ließ der Baron ihm erwiedern: Er sey der Herr dieses Ortes, ein freier Mann, der weder vom Kaiser, noch von sonst Jemanden ein Lehen trage; er erkenne zwar den Kaiser als seinen Oberherrn, wie ein Geistlicher ihn erkenne, aber nicht als den Herrn seiner Güter. Auf diese Antwort näherte sich Friedrich dem Freiherrn mit freundlicher Miene und sagte zu ihm: „Damit ein so trefflicher Edelmann Uns und dem Reiche näher verbunden werde, so verleihen wir Euch die Freiheit, in Eurer Stadt Thiengen goldene Münzen mit dem Kaiserlichen Bildnisse prägen zu dürfen.“

(Siehe Crusius: Annales Suevorum. P. II. 504. Deßgl. Jos. Baders „Badenia,“ Jahrg. 1840. S. 186 und 87.)
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_119.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)