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Da erbrauset aus der Ferne

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Wildes Tosen und Gekrach,

Wie wenn über Felsenklippen,
Wellen stürzen wild und jach.

Und mit blödem Starren hebet
Sich der Kranke nun voll Hast,

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Und mit flehenden Geberden

Er die Mutter fest umfaßt:

„Mutter! o dein Herz war immer
Fromm vor allen, treu und gut,
Warum hast du doch uns heute

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Anvertraut der falschen Fluth?


„Weißt, o Mutter, du denn nimmer,
Daß Der wohl der schlimmste Feind,
Der im Herzen Tücke heget
Und von Außen freundlich scheint?

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„Hörst du nicht, o Mutter schallen

Dort von fern das Wolfsgeheul?
Ja, zum Fraß den schlimmen Wölfen
Werden Alle wir zu Theil.

„Mutter, o den Sohn, den kranken,

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Siehst du in so großer Noth!

Mutter, weißt du, wer kann heilen
Alle Krankheit? – nur der Tod!“ –

Immer jammert so der Kranke
Zu der greisen Mutter auf

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Und das Schiff, den Rhein hinunter,

Reißt der Wellen wilder Lauf.

In die Strudel lenkt der Schiffsmann,
Der hier die Gefahr nicht kennt,
In die Strudel, die man ringsum

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Wohl mit Recht „die Wölfe“ nennt.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_158.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)