Seite:Badisches Sagenbuch 200.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
25
Muetter hi und Muetter her, und ’s Töchterli willi!“ –

„’s Meidli soll’s gwiß au scho tribe, d’Nochbere sage’s.“ –
„Sel isch en alte B’richt, und dorum chani’s nit wende.
Winkts mer, se mueß i cho, und heißt es mi näumis, so thuenis.
Luegt’s mer no gar in d’Augen, und chummi em nöcher an Buese,

30
Wird’s mer, i weiß nit wie, und möchti sterbe vor Liebi.

’s isch ke liebliger Gschöpf, aß so ne Herli, wo jung isch.“ –

Näumis het d’Muetter gwüßt. Me seit, das Meideli seig gwiß
In sim zwölfte Johr e mol elleinig im Wald gsi,
Und hab Erberi g’suecht. Uf eimol hört es e Ruusche,

35
Und wo’s um si luegt, se stoht in goldige Hoore,

Nummen en Ehle lang, e zierlig Frauweli vor em,
Inneme schwarze Gwand und g’stickt mit goldene Blueme
Und mit Edelgstei. „Gott grüeß di, Meideli!“ seit’s em,
„Spring nit furt, und förch mit nit! I thue der kei Leidli.“

40
’s Eveli seit: „Gott dank der, und wenn du’s Erdmännli’s[1] Frau bisch,

Willi di nit förche!“ – „Jo freili,“ seit es, „das bini. –
Meideli, los und sag: channsch alli Sprüchli im Spruchbuech?“ –
„Jo, i cha sie alli, und schöni Gibetli und Psalme.“ –
„Meideli, los und sag: gohsch denn au flißig in d’Chilche?“ –

45
„Alli Sunntig se thueni. I stand im vorderste Stüehli.“ –

„Meideli, los und sag: folgsch au, was ’s Muetterli ha will?“ –
„He, wills Gott der Her, und froget ’s Muetterli selber!
’s chennt ich wohl, i weiß es scho, und het mer scho viel gseit.“ –
„Meideli, was hesch g’seit? Bisch öbbe ’s Riedligers Tochter?

50
Wenn de mi Gotte bisch, se chumm au zue mer in d’Stuebe!“

Hinter der Brumberi-Hurst gohts uf verschwiegene Pfade
Tief dur d’Felsen i. Hätt ’s Frauweli nit e Laternli
In der Linke treit, und ’s Eveli sorgli am Arm g’füehrt,
’s hätt der Weg nit gfunde. Jez goht e silberni Thür uf.

55
„O Her Jesis, wo bini? Frau Gotte, bini im Himmel?“ –

Nei doch, du närrisch Chind. In mi’m verborgene Stübli
Bisch, bi diner Gotte. Sitz nieder und biß mer Gottwilche!
Gell, das sin chospere Stei an mine glitzrige Wände?
Gell, i ha glatti Tisch? Se sin vom suferste Marfel.


  1. Aus der Haselhöhle.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_200.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)