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Das Christglöckchen.

Wieder würgt und brennt der Franze
Als ein grimmer Feind im Land;
Starr vor Schrecken
Sieht der Breisgau Dorf und Flecken

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Eingeäschert durch den Brand.


Hecklingen, du armes Dörfchen!
Dich auch schont nicht seine Wuth;
Ohn’ Erretten
Wandelt dich zur wüsten Stätten

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Der Vernichtung wilde Gluth.


Selbst des Kirchleins heil’ger Frieden
Hemmte nicht des Frevels Gang;
Weh! zerfallen
Liegst auch du, und Seufzer schallen,

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Wo das Lob des Herrn erklang.


Unter Schutt und Kreuzestrümmern
Steht dort eine bleiche Frau;
Die Geberde
Spricht von Kummer, und zur Erde

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Rollet ihrer Thränen Thau.


„Ach, die Stätte selbst verwüstet –“
Ruft sie, „wo mein Kind geruht;
Wo gefunden
Balsam ich für herbe Wunden,

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Find’ ich jetzt nur Schmerzensgluth.


„Weihte dir ein Silberglöcklein,
Trost mir selbst in frühem Gram,
Heil’ge Stelle,
Ach, wie scholl’s so rein und helle

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Immer, wenn die Christnacht kam!
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_315.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)