Seite:Badisches Sagenbuch 410.jpg

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gegen die Straße ist der Fels sehr abschüssig und nur mit Moos und aus den Ritzen hervordringendem niedern Gesträuche bekleidet.

Setzt man von hier den Weg weiter fort, so verdüstert sich die Ansicht des Thales immer mehr; die Hütten hören auf, die letzte Spur von Anbau verschwindet, und die Straße scheint in den zusammengeschobenen Bergabhängen aufhören zu müssen. Aber jetzt erwartet den Wanderer erst das großartigste Schauspiel. Er steht am sogenannten Höllenthore, aus welchem der Waldbach (die Rota oder der Höllenbach genannt) wilder und schäumender als irgendwo daherbraust. Kalter Schauer befällt den Ueberraschten, wenn er zum erstenmale in diese tiefe Schlucht (die eigentliche Hölle) eintritt; schneidender Wind weht ihm entgegen, das Licht des Tages verläßt ihn, und wenn rings schon Alles grünt und blüht, findet er diese Abgründe noch mit tiefem Schnee gefüllt. Mühsam windet sich links die Straße an haushohen, senkrechten, oft überhängenden Felswänden hin: sie wurde erst im vorigen Jahrhunderte für Fahrwerke breiter gebrochen, früher zogen nur Fußgänger oder einzelne Saumrosse hier durch. Aber auch jetzt noch lösen sich bisweilen unerwartet Steinblöcke ab und versperren oder erschweren auf einige Zeit den Durchgang. Rechts treten die nicht minder gewaltigen Felsen etwas mehr zurück, und fallen dadurch zwar weniger schreckend, aber um so großartiger in die Augen. Sie laufen meist in thurmartige, mit einzelnen Tannen gekrönte Spitzen aus, wovon die zwei merkwürdigsten den Namen des Hirschsprunges führen. Fichten und düsterer Wachholder umgrünen das schwarze Gestein, in dessen Vertiefungen da und dort gesammeltes Wasser in langen Milchfäden zum Bache hinabstäubt, der hier, gewaltsam eingeengt, unter wildem Getöse ein immer tieferes Bett wühlt, und seine Oberfläche mit dicken Schaumwirbeln bedeckt. Einsamkeit herrscht ringsum, nur bisweilen flattert ein Raubvogel, der in diesen Klüften nistet, lautkrächzend vorüber.

Mit Staunen und nicht ohne Beengung zieht der Wanderer an diesem erhabenen Naturgemälde dahin, und wenn er es zurückgelegt hat, wendet er seinen Blick nochmals, um es auch von jenseits zu genießen. Jetzt erst kann er den Bau der linken

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 410. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_410.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)