Seite:Badisches Sagenbuch 414.jpg

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und sich ihres Guts zu bemächtigen. Ohne Zweifel trug anfänglich die ganz abgeschiedene Lage der Burg, die fortwährende Einsamkeit und die Zuversicht, mit der man auf der unzugänglichen Felsenwand jedem Angriffe trotzen konnte, nicht wenig dazu bei, die übermüthigen Herren, welche überdieß noch schwere Schuldenlast drückte, in so schändliches Leben zu verlocken. Wie leicht mochte in ihnen, wenn sie von ihrem Adlersitze auf den tief in der Schlucht dahinziehenden Wanderer herabsahen, der Gedanke aufsteigen: der Fremdling, der hier in den Abgrund eingegangen, habe sich selbst muthwillig in ihr Gefängniß, in ihre Hände geliefert und sie zu Herren über sein Leben und Gut gemacht; sie dürfen nur wollen, so sey ihnen Beides verfallen, denn wer vermöge wohl, sie hier oben deßhalb zur Rede zu stellen?

Jede noch aus den Verhören aufbewahrte Aeußerung der Burgbesitzer zeugt von diesem gränzenlosen Uebermuthe und zugleich von einem sittlichen Verderben, welches nur der eigenen Frechheit Gehör gibt und jedem menschlichen und göttlichen Gesetze Hohn spricht. Als Werner einst vier ehrbare Männer aus den Landen des Herzogs von Geldern oder Jülich niederwarf, ihnen ihr Geld (bei 46 fl. oder mehr[1]) abnahm und sie selbst gefangen auf die Veste legte, mußten sie ihm bei ihrer Loslassung nicht nur schwören, Niemanden zu warnen, sondern auch sich selbst auf eine bestimmte Zeit wieder auf Falkenstein einzustellen. Zwar, bemerkt die Verhörurkunde, war es Wernern lieber, sie stellten sich nicht wieder ein; doch erwiederte er, als einige Knechte selbst sein Verfahren mißbilligten und ihm ins Gesicht sagten, er habe kein Recht zu diesen Leuten und zu ihrem Gute, wörtlich: „er wolle ihr Gut haben, würde er aber dazu gebracht, daß er es wiedergeben müßte, so hätte er es doch eine Weile unter Händen gehabt; und beriethe ihn Gott inzwischen andern Gutes, dazu er Recht habe, damit wolle er dieß Gut wiedererstatten.“

Noch weit unverholener sprach er sich bei einer anderen Gelegenheit aus und bewies zugleich, daß er sich nicht etwa selbst über sein Gewerbe täusche, sondern dasselbe vollkommen


  1. Man vergesse nicht, daß in diesen Zeiten das Geld einen weit höheren Werth hatte.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_414.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)