Ein Wandrer grau von Bart und Tracht
Im sanften Antlitz Trauern,
Mit seinem Pilgerstabe sacht
Hans riegelt auf den Laden
Und sieht den Zwerg da stehn;
Solch einen Kameraden
Hat er noch nie gesehn!
Möcht’ er beinahe lachen,
Fühlt er nicht insgeheim in sich
Des Mitleids Trieb erwachen.
„Freund, wollt mir doch gestatten
Kaum tragen mich die matten
Gebeine mehr von hier;
Durchwandert hab ich ohne Frucht
Viel schwere schwüle Stunden,
Noch immer nicht gefunden.“
Hans, ohne langes Fragen,
Schließt ihm die Thüre auf
Und weist ihm einen Schragen:
Dann geht er selber auch zu Bett,
Sein Gast macht ihm nicht Sorgen,
Und beide schnarchen um die Wett’
Bis an den lichten Morgen.
Vom Lager auf der Zwerg:
„Hab Dank, hab Dank, Geselle,
Für deine Nachtherberg!
Zu diesem Liebesdienst jedoch
Reich sey dein Lohn, willst du mich noch
Zum Mummelsee geleiten.
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_096.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)