Seite:Badisches Sagenbuch II 252.jpg

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Sie lesen den Beschwörungs-Psalm,
Rings füllt die Wölbung Räucherqualm,
Da tönt aus ehrnem Munde

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Die mitternächt’ge Stunde.


Zum Schuß nun seine Creatur
Der Meister faßt ins Auge:
„Der Zauberkugel Erzmixtur,
Laß sehn, ob sie was tauge?“

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Und los nun drückt er das Pistol,

Hei, pfeift der Ball durchs Bild so hohl!
Doch auch ein Schrei, o Grausen!
Gellt vor der Thüre draußen.

Er reißt sie auf in blinder Wuth,

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– „War das Verräthers Stimme?“ –

Da wälzt verathmend sich im Blut
Die Buhle sein, die schlimme.
Deß hatte so die Lauscherin
Für schwarzen Rath den Strafgewinn.

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Zu Durlach, ohne Sorgen

Schläft Friedrich, wohlgeborgen.

Doch Fortunat, von Angst erfaßt,
Mit seiner Schuld Genossen,
Gedrückt von des Gewissens Last,

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Entflieht auf schnellen Rossen;

Fort jagt er über Stock und Zaun
Zum fernen Schloß nach Kastelaun,
Um vor der Hölle Schergen
Vielleicht sich dort zu bergen.

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Die Opfer lassen ihm nicht Ruh;

In immer wildrem Prassen
Stürzt taumelnd er dem Abgrund zu,
Von Gott und Welt verlassen.
Und einst bei tollem Schwelgermahl

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Lockt ihn der Böse aus dem Saal,

Und schleudert ihn kopfunter
Die Marmortrepp’ hinunter. –

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_252.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)