Seite:Badisches Sagenbuch II 493.jpg

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Besitzungen des Pfalzgrafen dehnten sich in dieser Zeit schon bis an die Voghesen; unter andern hatten sie einen Antheil an den Vesten der Grafen von Lützelburg (la petite Pierre), die jedoch diese Rechte streitig machten. Die Feindschaft vermehrte wohl die von Friedrich I. verlassene Schwester des Grafen, Eleonore, seitdem Klara Dettin von Augsburg, das schöne Hoffräulein, ihn an den Münchner Hof gefesselt. Die Lützelsteiner suchten zuletzt den Pfalzgrafen Ludwig gegen seinen Bruder mit Mißtrauen zu erfüllen und zum Werkzeug ihrer Rache zu machen. Kemnat, Friedrichs Erzieher und Biograph, hat uns die Geschichte der schwarzen Hinterlist erzählt, welche das Verderben seines Zöglings herbeiführen sollte.

Schon hatten die feilen westphälischen Gerichte, durch den Einfluß der Grafen von Lützelstein gewonnen, das Todesurtheil über den der Ketzerei angeklagten Friedrich gesprochen, und zur Vollziehung desselben waren zwei fremde Ritter an des Pfalzgrafen Hof nach Heidelberg gekommen, die binnen kurzer Zeit sich des Zutrauens Ludwigs bemächtigten, ohne jedoch ihn zur Mitwirkung an ihrem Vorhaben bestimmen zu können. Da nahmen sie zu nächtlichem Trug und Blendwerk ihre Zuflucht; mit ihnen traten Eleonore und der Beichtvater des Pfalzgrafen in den Bund. In der Mitternachtstunde erschien die heilige Jungfrau in dem Schlafgemache Ludwigs, und rief ihn zur Bestrafung seines Bruders Friedrich, der die alleinig wahre Kirche verschmähe und, durch Ehrgeiz verleitet, im Begriff sey, an ihm selbst zum Verbrecher zu werden; sie selbst (die heil. Jungfrau) habe den Fürsten der Hölle in der Burg angetroffen, mit dem der ruchlose Verräther in enger Verbindung stehe. Durch ihre himmlische Macht bezwungen, läge nun aber der böse Feind gefesselt draußen in dem Vorsaale. Noch zweifelte Ludwig, als plötzlich das Ungeheuer brüllend in das Schlafgemach drang, und, sich vor die Heilige hinwälzend, sich von ihr demüthig ihren Fuß auf den Nacken setzen ließ. Der Schrecken brachte den Pfalzgrafen um die Besinnung, und als er wieder zu sich kam, fand er sich in den Armen jener beiden Ritter, welche in düster glänzender Rüstung an seinem Lager standen. Ihrem Zureden folgte er endlich in des Bruders Schlafgemach. Hier war indessen

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 493. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_493.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)