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ihre Beantwortung gefunden zu haben glaubte. Die Beweisführung, die man für andere giebt, hat mir allmählich stets weniger Freude gemacht, mehr aber, wenn ich einmal von anderen ausgesprochen fand, was ich selbst in meinen Sammlungen stehen hatte. Nun machen sich aber bekanntlich Philologen mit ihren Veröffentlichungen gegenseitig in der Regel am wenigsten Freude, wenn sie nicht demselben Kreise angehören. So gewöhnte ich mich allmählich auf einen Anlaß oder eine meist auch äußere Anregung zu warten. Daß meine wirkliche Neigung doch nur auf das Geschichtliche ging, wird man diesen knapp gefaßten, äußerlich an Schriftsteller angeschlossenen Aufsätzen nicht gleich ansehen. Und doch ist es so. Ich sagte mir: sollte es nicht möglich sein, daß reife Männer, die nicht mehr um Geld oder Fortkommen schreiben müssen, ihre Gedankenarbeit so herrichten, daß sie damit ihren Mitmenschen dienen, wenn diese Hilfe brauchen? Unsere teuren kritischen Schriftstellerausgaben mit umständlichen Vermerken darüber, wie oft ein unbedeutendes Programm oder eine Dissertation dies oder jenes Wort für echt oder unecht erklärt haben und mit ihrem gänzlichen Ignorieren dessen, was Sinn und Interpretation und Geschichte heißt, sind doch eigentlich Reste einer längst antiquierten Arbeitsart. Wenn Abhandlungen, die sich oft weit von den Textquellen verlieren, so eingerichtet würden, wie ich es versucht habe, könnten ihre Ergebnisse für künftige Herausgeber der Schriftsteller von Nutzen sein.[1] – Schon 1874 begann ich ferner die griechischen Lexikographen und Scholiasten auf ihren sachlichen Ertrag durchzuarbeiten. Auf diese Arbeit habe ich über 10 Jahre lang alle meine freie Zeit verwandt. Ich hatte die Absicht, eine Art Konkordanz im Anschluß an Pollux mit Quellennachweisen herauszugeben. Als ich den größten Teil des Materials bereit hatte und das gesuchte Quellengebiet kannte, hatte ich für meinen Gebrauch genug, das Interesse an der äußeren Vollendung nahm ab und der Beruf forderte anderes von mir. – Wie die weitergehende Beschäftigung mit den griechischen Tragikern mich tiefer in das Drama der modernen Völker hineinführte, so glaubte ich auch zum


  1. De Philisto Timaeo Philochoro Plutarchi in Niciae vita auctoribus 1874. Adnotationculae ad legum formulas quae in Demosthenis Midiana extant nonnullas 1878. (Gießener Programme). – Hermokopiden Neue Jahrbb. 1879, 685. Kleine Bemerkungen zu griechischen Rednern Rhein. Mus. 34, 609. Die Arginusenschlacht und das Psephisma des Kannonos a. O. 35, 607. Solon und Krösus a. O. 36, 472. Bemerkungen zu den ersten fünf Büchern des Thukydides a. O. 36, 245. Zu Thukydides Buch 6 und 7 Neue Jahrbb. 1881, 95. – Wochenschrift für kl. Phil. 1885, 363 (Keil, Analecta Isocratea). Alkibiades, Sokrates, Isokrates Rhein. Mus. 41, 13. Über einige Züge aus der Geschichte des Alkibiades, Sybels historische Zeitschr. N. F. 21, 398.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Biographisches Jahrbuch für Alterthumskunde, 18. Jahrgang (1895). S. Calvary & Co., Berlin 1896, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Biographisches_Jahrbuch_f%C3%BCr_Altertumskunde_18_178.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)