Seite:Bismarck und das deutsche Gemüt 18.png

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den Gesandten von Petersburg und Paris, dessen Name schon eine Welt von Einfluß und ein Programm heilsamer Gewalt einschloß, zum Minister berufen, der ihm den Gedanken an Abdankung benahm und mit Eisen und Blut Fragen zu lösen verhieß, die in Strömen von Tinte wie ertrunken waren. – Zwar über die ersten Reden des Ministers spottete die Kölner Zeitung, man habe Geist in ihnen vermutet, es sei aber nur brausende Soda gewesen. Aber das Land merkte, daß in „der ministeriellen Schlachtordnung nicht nur ein Bataillon, sondern eine ganze Armee“ erschienen sei. Und diese Armee wohnte im Haupte eines einzigen Mannes und kämpfte in seiner Faust. „Dem Fürsten treu bis in die Vendée, für alle anderen keinen Blutstropfen!“ Das war die Losung des Mannes, der bei dem ihm so teueren Königlichen Herrn alles vermochte, weil dieser die Treue sah, die alles wagte und an sie glaubte, auch wenn er sie nicht verstand. 26 Jahre haben die beiden Männer nebeneinander gestanden, eins in der Liebe zum Vaterlande, in dem Opfermute, der sich nicht liebt noch schont und das Lob nicht begehrt, wenn das Recht nur durch Schmähungen siegt. Fest aneinander gekettet, nicht, weil die Notwendigkeit empfindlich es gebot, sondern weil die Freiheit, die der Herr dem Diener ließ, dieser nicht mißbrauchte, sondern bewucherte, und die Wahrheit, das Beste, was der Diener dem Herrn geben und gönnen kann, mit dem königlichen Geschenkt des Vertrauens gelohnt ward, durch schwere Tage einander versichert und durch große und siegbeglänzte Stunden ohne Ruhmrätigkeit im Dank gegen Gott verbunden, haben Kaiser Wilhelm I. und sein Kanzler ihr Jahrhundert in die Schranken gefordert, nicht um es zu knechten, sondern um es zu prägen. Ranke sagt einmal: „Nicht von umsichtigen Bewegungen werden die Völker geleitet, sie werden von großen Gefühlen bestimmt“. Und diese Gefühle haben

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Hermann von Bezzel: Bismarck und das deutsche Gemüt. Paul Müller, München ca. 1916, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bismarck_und_das_deutsche_Gem%C3%BCt_18.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)