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1. Die Familie Veckinchusen.

Über den Ursprung der Familie, der der Mann angehörte, dessen Briefe nachstehend veröffentlicht sind, läßt sich das Dunkel nicht lüften. Der Name Veckinchusen — er wird sehr verschieden geschrieben — ist während des 14. und 15. Jahrhunderts nicht gerade selten, aber doch nicht in dem Maße häufig, daß die Vermutung einer Verwandtschaft seiner Träger untereinander abgewiesen werden müßte. Urkundlich kann allerdings der Zusammenhang zwischen den einzelnen Vertretern nicht immer erbracht werden. Wie lange sich das Geschlecht erhalten hat, läßt sich ebenfalls nicht bestimmen. Bis in unsere Tage hinein scheint der Name nicht nachgewiesen werden zu können.

Veckinchusens trifft man in den hauptsächlichsten Städten des Hansebundes, im Osten, im Norden, im Westen; in Brügge, in Lübeck, in Riga, in Reval, in Dorpat. Sehr früh erschienen sie in den livländischen Städten, in deren Ratslisten und auf Pfundzollquittungen, teils als bereits ansässige, teils als angereiste Kaufleute, die ihren dauernden Wohnsitz an einem anderen Orte hatten. Jedenfalls werden die Veckinchusens, wo man auf sie in Livland stößt, Zweige eines über das Meer gekommenen deutschen Geschlechts sein. Wie in jenen Tagen so häufig, hatten einzelne Mitglieder zahlreicher Familien, durch die Aussicht auf Handelsgewinn gelockt, den Kampf mit dem Ungewissen aufgenommen und ihr Glück in der Fremde gesucht. Erzielten sie Erfolge, so blieben sie in der neuen Heimat und zogen andere Angehörige nach sich. Der Rest wartete dann die Entwicklung seines Schicksals im Stammlande ab.

Das Ursprungsland der Veckinchusens scheint Westfalen zu sein. Es gibt im westfälschen Kreise Hamm im Regierungsbezirk Arnsberg ein Dorf Vöckinghausen und im Kreise Meschede eine Kolonie und ein Dorf desselben Namens. Als Bürger von Soest lassen sich nachweisen 1306 ein Henricus, 1313 ein Winandus, 1318 ein Fredericus und 1345 abermals ein Hinricus Vockinchusen[1]. Wenn auch daraus nicht mit Sicherheit geschlossen werden darf, daß in Westfalen oder in den genannten Dörfern der Ausgangspunkt unserer Familie zu erblicken ist, denn in der Provinz Hannover kennt man diesen Dorfnamen gleichfalls, so deuten noch andere Hinweise auf den erwähnten Zusammenhang. So wenn einer der livländischen Veckinchusens im Jahre 1397 auf ein ihm in Soest zugefallenes und streitig gemachtes Erbe Ansprüche geltend macht oder wenn Hildebrand Veckinchusen in eines seiner Handelsbücher gelegentlich hineinschreibt, daß er im Anfang des Jahres 1377 in Dortmund den Kaiser gesehen hätte, zu einer Zeit, als er noch im Schellenkleide herumhüpfte, d. h. als er noch ein Kind war, und im Sommer des folgenden Jahres Westfalen verlassen hätte.

In Livland ist der erste Träger dieses Namens Bertoldus Vickynchusen in Reval, in den Jahren 1342–1353 erst Ratsherr, dann Bürgermeister daselbst[2]. Im Jahre 1369 wird einem Konrad Wickinchuzen vom Rate

  1. Hans. U. B. 3 S. 434.
  2. F. G. v. Bunge, Die Revaler Ratslinie, 1874, S. 138. — Beiträge z. Kunde Est-, Liv- u. Kurlands 2 (1874) S. 198 nr. 86 S. 205 Anm. 1.
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: Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen. Leipzig: S. Hirzel, 1921, Seite IX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefwechsel_Hildebrand_Veckinchusen_IX.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)