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Wilhelm Stieda (Hrsg.): Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen

von anderer Seite geteilt. Die Stadt Lübeck verwandte sich in Brügge für ihren Mitbürger[1]. Hildebrand selbst machte ebenfalls Eingaben, um seine Freilassung zu erwirken[2]. Es war alles vergeblich. Der Unglückliche mußte seine Zeit aushalten. Darüber stieg seine Erbitterung immer mehr, und in zornigen Briefen an seine Frau ließ er sich namentlich über seinen Bruder, indes auch über die anderen Freunde aus. In sanften Worten verweist ihm noch am 21. Februar 1426 in dem, wie es scheint, letzten Briefe, den sie an den armen Mann im Gefängnis richtete, seine Frau solches Tun. „Ome Godes wyllen en scryvet nycht mer so klactlike breve over jowen broder unde over ander wrende mede, want gy maket vrunde to vynande.“ Sie lobt auch den Schwager, ohne den sie in die größte Bedrängnis geraten wäre. Er hätte ihr für sich und die Kinder den nötigen Unterhalt ausgeworfen[3]. Endlich schlug die Erlösungsstunde. Nach einer Rechenschaft, die Engelbrecht Veckinchusen im Jahre 1428 über die Ausgaben aufstellte, die er im Interesse Hildebrands während seiner Haft gemacht hatte[4], würde er am 16. April 1425 die Freiheit erlangt haben. Wenigstens hat Engelbrecht am 15. April mit dem Gefängniswärter Johann Rok über die durch die Verpflegung entstandenen Unkosten abgerechnet. Wäre Hildebrand damals noch im Kerker geblieben, so hätten mehr Verpflegungskosten gezahlt werden müssen. Darauf deutet auch die Bemerkung der Frau Margarethe in ihrem Briefe vom 21. Februar 1426: „hedde yck et geweten, dat gy nycht wolden to hus gekommen hebben“. Augenscheinlich ist Hildebrand nach erlangter Freiheit nicht sofort von Brügge abgereist, sondern hat sich zu weiterem Aufenthalte entschlossen, sei es, daß ihm bare Mittel fehlten, sei es, daß er meinte, die Abwicklung seiner laufenden Geschäfte von Brügge aus besser in die Wege leiten zu können. Die beiden Briefe Siverts vom 24. Juli und 7. September 1425 reden ebenfalls zu, Brügge aufzugeben und nach Lübeck zu kommen. Nirgends sei zur Zeit Hildebrand besser aufgehoben als in Lübeck[5]. Einige Zeit widerstand Hildebrand diesem Drängen, ob in verbissenem Grolle und aus Abneigung, alle die wiederzusehen, die sich nach seiner Ansicht unfreundlich und häßlich gegen ihn bezeugt hatten, ob in bewußter Überwindung der Sehnsucht nach seiner Familie behufs nachhaltigerer Wahrnehmung seiner Geschäfte, muß unentschieden bleiben. Am 1. Mai 1426 begab er sich endlich nach Sluys, und von dort sollte er nach Lübeck heimwärts segeln. Wie es kam, daß er solange im Kerker bleiben mußte, vom Januar 1422 bis April 1425, lassen die Briefe nicht erkennen. Daß die Freunde ihm nicht helfen wollten, halte ich für ausgeschlossen. Sie waren nicht in der Lage dazu. Obgleich er sich nach vielen Seiten hinwandte, hier mahnte, dort an eine längst vergessene Schuld erinnerte, oder um Unterstützung bat … immer wieder trafen ablehnende Antworten ein. Auf die livländischen Verwandten wie auf Sivert war Hildebrand nicht gut zu sprechen. Sie waren nach seiner Auffassung in der Lage zu helfen und taten es doch nicht. „Wat hebben sey“, schreibt er seiner Frau von den livländischen Verwandten,

  1. nr. 334, 335, 342.
  2. nr. 390, 391.
  3. nr. 412.
  4. nr. 414.
  5. nr. 404, 405.
Empfohlene Zitierweise:
: Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen. Leipzig: S. Hirzel, 1921, Seite XL. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefwechsel_Hildebrand_Veckinchusen_XL.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)