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Wilhelm Stieda (Hrsg.): Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen

in einer Vertrauensstellung als Ältermann[1]. In Lübeck erscheint er zu Beginn des 15. Jahrhunderts und entwickelt alsbald eine rege Tätigkeit, die den gewandten und unternehmenden Kaufmann kennzeichnet. Ihre ersten Spuren begegnen in Anerkenntnissen von Schuldverbindlichkeiten, die er mit anderen, also wohl in einer Handelsgesellschaft, auf sich genommen hatte[2]. Von Lübeck aus spinnen sich dann die Fäden seines Verkehrs nach Osten, in die livländischen Städte und bis Nowgorod sowie nach Westen bis Brügge. Als 1407 ein Hansetag in Lübeck abgehalten wurde, auf dem als Vertreter Rigas Tidemann van Nyenlo erscheint, ging diesem zwar nicht sein Reisegeld aus, aber Livland wurde zugemutet, sich an den Kosten für die Ausrüstung der Friedensschiffe zu beteiligen, und solchen Betrag führte er nicht mit sich. Livland sollte 300 Mark Lüb. bezahlen, und da dieses Geld bar entrichtet werden mußte, war Sivert Veckinchusen der freundliche Helfer in der Not. Von ihm liehen die livländischen Gesandten 200 Mark Rig., die in Dorpat für ihn bezahlt werden sollten[3]. Zeigt sich schon hierin eine nicht gering zu schätzende Ausdehnung seines Geschäfts, so wird sein bedeutender Umfang erst recht klar aus der Rechenschaft, die Hartwig Stenhus in Riga ihm am 20. Dezember 1407 ablegt[4].

Wir wissen schon, wie der Handel jener Tage sich zu vollziehen pflegte. Heute handelt jeder Kaufmann auf eigene Rechnung und Gefahr. Bei Versendung der Ware zu Schiff oder auf der Eisenbahn schützt man sich gegen drohende Verluste durch Versicherung. Und um bei Konsignationen oder Sendungen auf Bestellung nichts einzubüßen, läßt man sich nur mit solchen Personen ein, über deren Kreditwürdigkeit Zuverlässiges bekannt ist. Anders damals. Wenn auch zu Beginn des 15. Jahrhunderts jene Periode, in der der Kaufmann die Ware in Person begleitete, fast überwunden war, weil der lebhafte Austausch der Erzeugnisse zwischen westlichen und östlichen, nördlichen und südlichen Ländern es untunlich machte, überall anwesend sein zu wollen, so hatte dafür der Gesellschaftshandel sich eingestellt. An ihm ist Sivert in großem Umfange beteiligt.

Im März des Jahres 1399[5] war Hildebrand Veckinchusen vorübergehend in Nowgorod und empfing dort 13 Ypersche Laken, die er gegen Pelzwerk — je zwei Stück für eintausend Schönwerk — verkaufte. Das Pelzwerk wurde, sorgsam in eine Tonne verpackt, an einen Geschäftsfreund in Reval, Johannes Stoltevot, geschickt, der es zu Schiff an Sivert’s Adresse in Lübeck beförderte. Dafür sandte Sivert im nächsten Jahre nach Livland 4 Terlinge und ein Stück Tuch im Werte von 132 Pf. vl. Diese Tuchsendung wurde, da mittlerweile Hildebrand nach Brügge übergesiedelt war, an einen Schwager der beiden Brüder, Hildebrand van den Bokel in Dorpat adressiert, der wieder für den Erlös am genannten Orte 15 000 Schönwerk erstand und es Hildebrand nach Brügge zusandte. So waren vier Kaufleute in Lübeck, Nowgorod, Dorpat und Brügge miteinander in Verbindung gewesen.

Solche Geschäfte wurden, je nachdem die Mittel es erlaubten, mehrfach gleichzeitig unternommen. Im Jahre 1400 hatte Sivert Veckinchusen

  1. H. R. I. Abt. I nr. 201.
  2. nr. 5 und 6.
  3. H. R. I. Abt. 5 nr. 406.
  4. nr. 15.
  5. Nach den Handelsbüchern Hildebrands.
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: Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen. Leipzig: S. Hirzel, 1921, Seite XLIII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefwechsel_Hildebrand_Veckinchusen_XLIII.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)