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Das Ausland. 1,2.1828

Das Ausland.
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker,
mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland.

Num. 4. 4. Januar 1828.

Bemerkungen über die geographischen Entdeckungen und den Grad der Civilisation im innern Afrika.
(Fortsetzung.)

Von allen Unternehmungen in das innere Afrika, die einem Brown, Hornemann, Park, Burkhard, Ritchie, Rouzée, Bowdich und vielen Andern[1] das Leben gekostet haben, war keine kühner und folglich auch glücklicher, als die des Majors Denham und seiner Gefährten, indem sie in gerader Linie – von einem Ende zum andern – beinahe das ganze nördliche Afrika[2] und die unermeßliche Sandwüste, vor welcher schon der Gedanke sich entsetzt, voll Zuversicht, in europäischer Tracht, ohne irgend eine Verkleidung durchpilgerten. Die auf diesem merkwürdigen Zuge verfolgte Richtung verdient um so mehr unsere Aufmerksamkeit, als sie an zwei andere Reisen vor mehr als 17 Jahrhunderten erinnert, deren Kenntniß wir dem berühmten tyrischen Geographen Marinus verdanken. Der Astronom Ptolemäus hat uns diese Nachrichten in seinem großen Werke erhalten; es sind die Züge des Julius Maternus und Septimus Flaccus in’s Innere von Aethiopien. Wir können hier, wo wir blos Resultate geben sollen, von unsern zur Vergleichung dieser Reisen angestellten Untersuchungen nur flüchtige Umrisse entwerfen.

Nach dem Zeugnisse des Tyriers Marinus, das in 4 Kapiteln der Prolegomenen des Ptolemäus aufbewahrt ist, brauchte Septimius Flaccus drei Monate, um sich von Garama zu den obern Aethiopiern zu begeben, indem er immer gegen Süden zog; Julius Maternus vier Monate, um von Leptis Magna gleichfalls südwärts das Agisymbaland der Aethiopier zu erreichen. Er sah selbst Rhinozeros- und Elephantenheerden und ganz schwarze Menschen. Flaccus und Maternus berechneten jeden Tag die zurückgelegten Stadien, um die Lage der Orte zu bestimmen, wo man Wasser fand. Zwischen Leptis und Garama waren es 30 Tagereisen. Julius Maternus machte die Reise mit dem Könige der Garamanten bei einem Einfalle desselben in Aethiopien.

Alle diese Daten sind in Uebereinstimmung mit den letzten Forschungen. Major Denham berichtet, daß er am 16 Sept. 1822 aus den Umgebungen von Tripoli abreiste, und am 17 Febr. 1823 über Kufa am Strand des großen Sees in Bornu mit der Karavane und einer bewaffneten Truppe anlangte. Von diesen 155 Tagen gehen die 29 Tage des Aufenthalts in Morzuk und noch 9 Tage auf andern Punkten der Reise ab; der wirkliche Weg beträgt 107 Tage. Von Kufa bis zu den Grenzen von Mandara ist es noch ein Raum von 18 Tagereisen, den Denham durchwanderte. Seine Richtung war immer südwärts.

Man sieht, diese Reise ist von der des Julius Maternus wenig verschieden. Denn von Leptis Magna, wo der Römer ausging, brauchte er, immer südlich ziehend, vier Monate bis an den Ort seiner Bestimmung. Jedermann weiß, das Lebida, d. h. die große Leptis, vier Tagreisen östlich von Tripoli liegt; so würden ungefähr hundert ein- und zwanzig Tagreisen übrig bleiben, wenn die Engländer von diesem Punkt ausgehen sollten.

Seinerseits brauchte Septimius Flaccus vom Land der Garamanten zu den obern Aethiopiern gleichfalls in südlicher Richtung drey Monate; die Zahl von neunzig Tagen wird bestätigt durch die Entfernung von Leptis und Garama, welche dreyßig Tage beträgt. Gherma, vier Tage nördlich von Morzuk, liegt in der Gegend der alten Stadt der nördlichen Garamanten, und die Engländer brauchten ein und neunzig Tage, um von der Höhe von Gherma[3] zu den Gebirgen von Mandara zu gelangen. Die schwarzen Menschen, die zahlreichen Heerden von Elephanten, welche Julius Maternus in der Gegend von Agisymba erblickte, waren dasselbe Schauspiel, das die neuen Reisenden an den Ufern des Tschad und bei ihrem weitern Vorrücken gegen Süden erwartete.

Endlich bietet sich noch eine Aehnlichkeit dar, die nicht weniger bedeutend ist wegen der Schlüße, die sich daraus ziehen lassen. Der Zug des Königs der Garamanten gegen die oberen Aethiopier ist ein Seitenstück zu dem des Scheiks von Bornu 1823 mit den Arabern von Tripoli und den Mandaranen gegen die Fellâtas: so heißen die obern oder Gebirgs-Aethiopier. Wie der englische Major den gegen die Fellâtas ausgebrochenen Krieg benutzte, um seine Entdeckungen so weit als möglich gegen Süden zu verfolgen, indem er sich an die Truppen von Bornu anschloß: so war der römische General mit dem König der


  1. Von noch Lebenden sind zu erwähnen: Fr. Caillaud, der auf der Linie zwischen Bruce und Brown am weitesten gegen Süden vordrang. Ed. Rüppell etc.
  2. Zuletzt waren sie in gleicher Entfernung vom grünen Vorgebirge und vom Cap Guardafui, kaum 60 Stunden von Calabar.
  3. Dr. Oudney fand hier römische Ruinen und Inschriften mit Charakteren, die man nicht mehr lesen kann; dieselbe Schrift fand er auch in Felsen eingegraben. Höchst merkwürdig sind die barbarischen Basreliefs auf dem Monument von Ghirza: sie stellen Kamele dar, die einen Wagen führen.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_020.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)