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Das Ausland. 1,2.1828

den Verlust, der durch die Korngesetze verursacht wird, nicht hoch genug anschlagen. Lord Malmesbury, Lauderdale u. s. w. waren im Augenblicke damit fertig, Napoleons Politik in den ungemäßigsten Ausdrücken zu verdammen, als der einen ungeheuern Zoll auf den Colonialzucker legte, um seine Runkelrübenzucker-Fabriken in Frankreich zu heben; aber wir müssen gestehen, daß wir dies bei weitem nicht so fehlerhaft und ungereimt finden, als das System, welches unsere erblichen Gesetzgeber mit so viel Hartnäckigkeit vertheidigen. Getreide ist ein viel wichtigerer Artikel, als Zucker, und ein unnatürliches Hinauftreiben der Preise ist daher auch mit viel schlimmern Folgen verknüpft. Wir könnten durch die Ausfuhr von Manufacturartikeln nach Polen und Rußland, die 1000 Pfund werth sind, so viel Getreide eintauschen, als wir im Inland kaum für 1500 Pfund bauen können; und doch verbieten wir diesen Tausch! Wir zwingen unser Volk drei Tage Arbeit oder den Gewinn von drei Tagen Arbeit für so viel Nahrungsmittel zu geben, als sie anderswo für zwei Tage Arbeit kaufen könnten. Wir wollen andern die Entscheidung überlassen, ob dieses System mehr allem gesunden Menschenverstand oder den Interessen des Landes widerspricht. Es ist allerdings möglich, daß dasselbe anfangs den Landeigenthümern einigen Vortheil gewährt; aber es ist auch klar, daß es die Quote des Gewinns herabdrücken, auf diese Weise dem Manufacturwesen und dem Handel schaden, und hierdurch wieder unvortheilhaft auf die Landeigenthümer selbst zurückwirken muß.

Die Zurücknahme der Korngesetze oder die Eröffnung unserer Häfen unter Beibehaltung blos eines solchen Zolles, der den besondern Abgaben des Landmanns gleichkommt, ist also der erste Gegenstand der die Aufmerksamkeit der Minister auf sich ziehen muß. Diese Maßregel ist für das Land vortheilhafter, als irgend eine andere, die die gesetzgebende Gewalt ergreifen könnte. Leider ist aber die Zahl, der Rang und der Einfluß derer, die ein wesentliches Interesse bei der Aufrechthaltung der Korngesetze zu haben glauben, so bedeutend, daß die Minister trotz dem, daß die öffentliche Meinung für sie ist, ein gutes Gesetz nicht einmal in Vorschlag bringen, viel weniger dasselbe im Oberhause durchsetzen können.

Ein zweites Monopol, welches gleichfalls mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden muß, ist das Monopol der westindischen Pflanzer. Diese genießen nicht blos die Bevorzugung, mit Ausschließung der Brasilianer und aller andern Ausländer, die brittischen Märkte besuchen zu dürfen, sondern zu ihren Gunsten ist auch auf allen Zucker aus dem brittischen Ostindien ein Zoll von 10 Schilling pr. Ct. gelegt. Man hat verschiedene Schätzungen gemacht, wie theuer dieses Monopol dem englischen Volke zu stehen komme, und der Eifer, womit die Westindier auf der Beibehaltung desselben bestehen, zeigt schon allein, daß dasselbe für sie sehr vortheilhaft, d. h. für uns höchst nachtheilig sey. Es unterliegt keinem Zweifel, daß wenn die Einfuhr alles Zuckers mit demselben Zoll belegt wäre, wir gleich guten Zucker für 4, höchstens 41/2 Pence das Pfund kaufen könnten, wofür wir jetzt 6 Pence bezahlen müssen. Aber wir wollen den Unterschied nur einmal auf 1 Penny per Pfund anschlagen, so beträgt dies für die ganze Zuckereinfuhr in Großbritannien, die man im Durchschnitt auf 380,000,000 Pfund jährlich berechnet, nicht weniger, als 1,583,000 Pfund Sterling, eine Last, die dem Staate durchaus keinen Vortheil gewährt, sondern blos einigen westindischen Pflanzern und Kaufleuten zu Gute kommt, und sie in den Stand setzt, die Negersklaverei aufrecht zu erhalten, die wir schon so lange aufzuheben trachten!

Ein noch kostspieligeres Monopol ist das des Theehandels, welches die Ostindische Compagnie besitzt. Aus einer auf officiellen Documenten beruhenden Berechnung geht hervor,[1] daß jetzt in England 2 Millionen Pfund Sterling mehr für Thee bezahlt werden, als wenn das Monopol der Compagnie aufgehoben würde.

(Fortsetzung folgt.)




Von Everett.

(Fortsetzung.)

Der Kampf für die Unabhängigkeit von Südamerika gereicht im ganzen genommen den Bewohnern jener Länder sehr zur Ehre. Er war viel blutiger und der Wechsel des Glücks in demselben weit häufiger, als dieß im Kampfe um die Freiheit von Nordamerika der Fall war; aber dieser Unterschied ließ sich schon nach der Verschiedenheit der obwaltenden äußeren Verhältnisse erwarten. Südamerika hat einen bei weitem größeren Umfang, und eine viel größere Bevölkerung, als die Vereinigten Staaten zur Zeit ihres Revolutionskrieges besaßen. Dieser Umstand vergrößerte die Wahrscheinlichkeit eines glücklichen Erfolgs, machte es aber auch für die einzelnen Staaten schwieriger in Uebereinstimmung zu handeln; und diese Schwierigkeit hat bis auf den heutigen Tag noch nicht ganz aus dem Wege geräumt werden können. Die Vereinigten Staaten dagegen hatten schon lange vor dem Kriege eine organisirte friedliche Verbindung unter sich, und sobald die Noth es erfoderte, wirkten sie auch in militärischer Hinsicht zusammen. Dann fehlte es den spanischen Colonien an Erfahrung in Regierungsgeschäften und in der Gesetzgebung, denn auch hierin hängt nicht wenig von einem Mechanismus ab, der sich nicht in wenigen Jahren schaffen läßt. Die Vereinigten Staaten hatten den Vortheil, daß sie von Anfang an eigene Gerichte, eine feste Gemeindeverfassung, Versammlungen und Räthe für die innere Verwaltung, Volksredner und Zeitungen gehabt hatten. In Faneuil-Hall hatte man fünfzig Jahre lang die unwürdige Beredsamkeit der Cooke, des Vaters und des Sohnes, gehört, ehe die edlere Stimme eines Otis, eines Adams und eines Quincy darin

  1. Edinburgh Review. No. 78.
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_060.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)