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Bagnoli in Pisa schrieb den Cadmo, Arici la Gerusalemme distrutta da Tito Vespasiano, Nini L’Italiade und endlich Bellini la Colombiade. Vielleicht hat man nicht Unrecht, wenn man behauptet, daß die antike Epopöe sich mit dem jetzigen Zustand der Gesellschaft nicht vertrage. Wenigstens hätte man, wenn man aus diesen mißlungenen Versuchen folgern dürfte, einen starken Beweis dafür. Um aber einen solchen Schluß zu rechtfertigen, müßte ein ausgezeichneter Geist sich an ein solches Unternehmen wagen; es wäre nöthig, daß z. B. Monti in die Trompete der Epopöe gestoßen und den Beifall seiner Nation nicht zu erhalten vermocht hätte. Wir schätzen übrigens Arici als einen feinen Verskünstler, können ihm aber keine Stelle unter den wahrhaft großen Dichtern einräumen; wir schätzen Nini wegen seiner Georgica dei fiori, glauben aber nicht, daß er zu einem höhern Fluge Athem genung habe; wir schätzen Bagnoli wegen seiner Gelehrsamkeit und Gewandtheit, womit er die Sprache bemeistert; wovon er auch in verschiedenen andern lieblichen Poesien und besonders in seinem schönen kleinen Gedichte L’Agricultura löbliche Proben abgelegt hat; aber dasselbe Lob als Epiker müssen wir ihm verweigern; Bellini können wir nicht einmal so Viel zugestehen. Er ist mit einer glühenden Phantasie begabt, aber es gebricht ihm an guten Studien, auch hat er kein sicheres Urtheil. Wenn aber Italien keine Epopöe hat, steht es deshalb den andern Nationen nach? Giebt es in unserer Zeit ein Land, das sich rühmen dürfte, ein Epos zu besitzen? Diese Betrachtung könnte uns leicht auf die Meinung führen, die ich so eben andeutete, daß die Epopöe sich nicht mit den Zeiten, worin wir leben, vertragen wolle; allein wir müssen uns für jetzt mit der Sammlung von Thatsachen begnügen und wollen diese Grenzen nicht überschreiten und nur noch schließlich bemerken, daß unter die größern poetischen Versuche der Art, die in unsern Tagen in Italien erschienen sind, auch der Bardo della selva nera von Monti zu setzen ist – ein Gedicht voll echtpoetischer Schönheiten, und dennoch in Anlage und Ausführung gleich unglücklich. Viele beifallswerthe Gründe könnte der Dichter dafür anführen, daß er sich aller antiken Formen entschlug, aber wenige dürften wir dafür finden, daß er eine dem Geschmack der italienischen Poesie so wenig zusagende Form gewählt hatte. Warum hat es Monti, der in seiner Baßvilliana ein Gedicht sui generis geschaffen, bei dieser zweiten Unternehmung nicht ebenso gemacht?

Wir haben früher bemerkt, daß wir Nini wegen seiner Georgica dei fiori den Titel eines nicht gewöhnlichen Dichters zugestehen. Dieses Gedicht soll uns zum Uebergang auf eine kurze Schilderung der neueren didaktischen Poesie Italiens dienen, unter welcher es nicht die oberste Stelle einnimmt. Bartolommeo Lorenzi war, wie wir glauben, der Erste, der in seiner Coltivazione dei Monti in unsern Tagen den Alamanni und Spolverini nachgeeifert hat. Diese kleine Dichtung ist voll lieblicher Bilder, ihr Stil leicht und rein, aber ihr fehlt jenes phantasiereiche episodische Element, das den an sich armen und unpoetischen didaktischen Stoff belebt und erweitert. Dem schon erwähnten Cesare Arici mit seinen il Corallo, gli Ulivi und la Pastorizia gebührt unstreitig unter den Lehr-Dichtern Italiens der erste Rang. In allen drei Dichtungen entwickelte er einen Reichthum der Gedanken und der Sprache, den Wenige vor ihm erreicht hatten; aber in dem letzten übertraf er sich selbst und verdiente, daß ihn die Nation unter ihre bessern Dichter setzt. Die Erfindung ist zwar auch in Pastorizia nicht seine stärkste Seite, allein auch hier enthüllt sich eine blühende Fantasie, und es fehlt nicht an glänzenden Partien. Ein Mitbürger Arici’s, Giuseppe Nimolini von Brescia, ist der Einzige, welcher sich mit ihm vergleichen ließe. Seine Coltivazione dei cedri ist ein Werk, das alles Lob verdient und athmet einen so reinpoetischen Duft, wie man ihn vielleicht in keiner Dichtung des vorigen Jahrhunderts findet. Auch im beschreibenden Gedicht, welches sich dem didaktischen sehr nähert, hat sich neben Pindemonte Arici berühmt gemacht. Aber Italien besitzt in dieser Gattung ein kleines Werk, dem vielleicht keine andere Nation ein gleiches an die Seite stellen kann, wir meinen l’Invito a Lesbia von Mascheroni, was Monti veranlaßte, die Mascheroniana zu schreiben. In diesem Gedicht, in welchem sich der berühmte Mathematiker zum ersten Male als nicht minder trefflichen Dichter kund giebt, ladet er eine Dame zu einem Besuch auf der Universität Pavia ein, wo er Professor war, und um ihr die Einladung recht dringend zu machen, so weiß er in die Beschreibung dessen, was sie in diesem Heiligthum der Wissenschaft Sehenswerthes finden sollte, einen poetischen Zauber hineinzulegen, der Alles übertrifft, was in dieser Gattung je geleistet worden war.



Aberglaube in Rom.

(vorerst unberücksichtigt.)

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