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Das Ausland. 1,2.1828

etwas anderes wollte, als festen, vernünftigen Gesetzen gehorchen, und daß alle, welche durch ihr Vermögen ein Interesse an der Wohlfahrt des Staates, durch ihre Bildung ein Urtheil über die Bedürfnisse desselben hatten, – sofern sie nicht durch selbstsüchtige Leidenschaften verblendet waren – sich entschieden für die Constitution erklärt hatten. Daß die sogenannte Revolution von Spanien, die man vorgab, nur eine Militärinsurrection gewesen sey, war eine zu grobe Unwahrheit, als daß man annehmen könnte, sie sey selbst von denen, welche sich ihrer zum Vorwande bedienten, jemals ernstlich geglaubt worden. Als im Februar und März 1820 der allgemeine Aufstand von Catalonien, Arragonien, Gallizien und endlich von Madrid die Minister Ferdinand VII vermochte, ihm zu rathen, den Eid auf die Constitution von Cadix abzulegen (ein Verzweiflungsschritt, welcher, drei Monate früher geschehen, im wechselseitigen Interesse der königlichen Autorität und der Rechte der Nation hätte modificirt werden können), war die Militärinsurrection unterdrückt; Riego – sein Corps auf eine Begleitung von 40 Mann zusammengeschmolzen – auf der Flucht, und Quiroga, auf der Insel Leon, eng eingeschlossen, im Begriff, zur Capitulation gezwungen zu werden. Das ganze spanische Volk war es, welches das unerträgliche, seit 1814 ihm auferlegte Joch abwerfen wollte; das Volk war es, von welchem die Revolution ausging. Die allgemeine Meinung des Volkes hatte sich so entschieden zu Gunsten einer politischen Veränderung ausgesprochen, daß keine Macht im Stande gewesen wäre, die Explosion zu verhüten. Die Freunde über den Erfolg war allgemein in ganz Spanien, und keine einzige Stimme der Opposition ließ sich vernehmen.

(Fortsetzung folgt.)


Royer Collard’s Aufnahme in die französische Akademie.

(Fortsetzung.)

(Antwort des Herrn Darû an Herrn Royer Collard.)

Sie sprachen von Ihrer Aufnahme unter uns, und vergaßen zu sagen, daß wir Sie einstimmig gewählt haben. Dieser Verein aller Stimmen bezeugt nicht allein Ihr Verdienst, er ist zugleich ein Beweis, daß unter den Pflegern der Literatur, wie verschieden auch sonst ihre Meinung sey, edle Gesinnungen allen gemeinschaftlich sind. So groß ist, ich will nicht sagen, die Erhabenheit Ihres Talents, sondern der Adel Ihres Charakters, daß wir alle einige Eitelkeit darein setzten, der Welt zu sagen, wir wären berufen, einen solchen Charakter zu würdigen. (Bewegung.)

Wir hatten in unserer Liste einen wahrhaft berühmten Namen zu ersetzen: die Erinnerung dessen, was Ihr Vorgänger war, spricht am besten die Achtung dessen aus, was Sie sind.

Unter den Belehrungen, die wir ihm verdanken, ist es nicht die geringste, daß sein Beispiel uns einen Beweis gab, von dem edlen Erfolg einer durch das Genie geleiteten Anstrengung. – Gibt es ältere Namen, als der Name, den Laplace verherrlichte: so gibt es doch keinen, der länger zu dauern sich schmeicheln dürfte.

Es ist nicht unsere Aufgabe, von dem ehemaligen Minister, von dem Senator, von dem Pair von Frankreich zu sprechen; nicht von seinen Aemtern und Würden, nur von seinem Ruhm kann hier die Rede sein.

Indem ich den großen Gegenstand auf solche Art beschränke, bin ich mir wohl bewußt, daß ich kein Recht habe, die Arbeiten des Herrn Laplace zu würdigen: für mich ist sein Genie, was jene großen Wahrheiten sind, die nicht von Jedermann ergründet werden können, und an die wir glauben, weil erhabene Geister sie gefunden und bewiesen haben.

Der große Geometer ist für alle Wissenschaften, die sich auf Berechnung begründen, was der Steuermann für das Schiff ist: er bestimmt die Richtung und zeigt den kürzesten und sichersten Weg. Dies war der unterscheidende Charakter im Geiste Ihres Vorgängers, daß er sich an Grundsätze hielt, deren Anwendung allgemein seyn konnten. Jenes erhabene Genie (Newton), dem es gegeben war, der Welt das Geheimnis der Schwerkraft zu offenbaren, hatte durch mathematische Verfahren sich selbst das Daseyn dieser unbekannten Macht bewiesen; er wollte sie aber den Menschen durch die Vergleichung der Thatsachen begreiflich machen. Solche Beweise sind den Entdeckungen, die uns in Erstaunen setzen, unentbehrlich. Sein Nachfolger (Laplace) zog die unabhängigere und allgemeinere Methode der Analysis vor. Diese Vorliebe beurkundet die Schärfe wie den Umfang seines Geistes. Man muß die Stellen seiner Schriften lesen, wo er von der Analysis, von dieser gelehrten Führerin spricht, welche sich eine universelle Sprache schafft, und zu unerwarteten Resultaten, zu Wahrheiten führt, die man für unerreichbar halten könnte. Die Analysis gelangt dahin, indem sie sich von den Objekten losreißt, diese zu vergessen scheint und allgemeine Begriffe an ihre Stelle setzt, die sie einander unterordnet, und übereinstimmenden und steten Regeln unterwirft. – „Wenn diese Gesetze,“ sagte Laplace, „die das Weltall umfassen, unseren Augen seine vergangenen und künftigen Zustände enthüllen: so läßt uns dieser erhabene Anblick das edelste Vergnügen empfinden, das der menschlichen Natur vorbehalten ist.“ Man fühlt, daß der Mann, der sich so ausdrückte, oft zu diesen erhabenen Genüssen den Zugang fand. Er hat uns vorgeleuchtet; aber indem er uns wichtige Wahrheiten offenbarte, war er schon durch das Glück, sie gefunden zu haben, belohnt; unser Beifall kann nichts mehr, als unsere Dankbarkeit bezeugen.

Und gibt es in der That einen edlern Beruf, als die Fortschritte des menschlichen Geistes zu befördern! Will man wissen, wie viel die Wissenschaften dem Herrn Laplace verdanken, so wird es genügen, sich in jene für unsere Literatur-Geschichte denkwürdige Epoche zu versetzen, als, in einer Nationalfeierlichkeit, das Institut der Regierung Bericht über die Fortschritte der menschlichen Kenntnisse erstattete. Der Mann, der das Gemälde vorlegte, hatte ein Recht, von Allem zu sprechen, was den Wissenschaften

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_116.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)