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Das Ausland. 1,2.1828

und der Kunst, sie verständlich zu machen, angehört. Bei jedem Schritte der Mathematik, der Mechanik, der Astronomie, der allgemeinen Physik, findet man den Namen Laplace. (Beifall.)

Nur zu lange hatte die Analysis sich schüchtern der Beobachtung unterworfen; jetzt schreitet sie voran, sie erfindet Methoden, und lehrt alle Diejenigen, welche sich mit angewandten Wissenschaften beschäftigen, ihr zu folgen.

Sie ergreift, fesselt, bestimmt, was seiner Natur nach unergreiflich und unbestimmt schien; durch sie und durch die Arbeiten des Herrn Laplace, erhält das Wort: Wahrscheinlichkeit, einen positiven Werth, und der Zufall selbst kann mit Bestimmtheit abgeschätzt werden.

Soll die Bewegung, sollen die Verhältnisse der verschiedenen Weltkörper berechnet werden: so erklärt der Geometer die Kräfte, und zeigt die Ressorts in der Mechanik des Himmels; er gibt ihnen eine Grundlage, welche nach dem Vorschlage Delambre’s, die Gesetze des Laplace genannt werden sollten, wie man von den Gesetzen Kepler’s spricht. Die Tiefe der Analysis, die Neuheit der Theorien, die Mannigfaltigkeit der Anwendungen, die Wichtigkeit der Resultate, – sie machen aus diesem großen Werke (über die Wahrscheinlichkeiten) eine Quelle von Entdeckungen, mit denen die moderne Wissenschaft sich bereichern konnte.

Es kam darauf an, den Astronomen unermeßliche Arbeiten zu ersparen, und in den Planeten-Tafeln einige Unvollkommenheiten, (die schon in enge Grenzen eingeschränkt sind, und Dank dem Herrn Bouvard, sich täglich vermindern,) zu verbessern. Eine neue Theorie verkündet den Beobachtern, was sie finden werden. Und so groß ist die Geschicklichkeit der Beobachter, daß die Erfahrung eine vollkommene Uebereinstimmung mit der Theorie zeigt, daß die Tafeln des Jupiter die sichersten Führer der Seefahrer werden.

Ein, im Jahr 1770 beobachteter Comet täuschte die Erwartung der Astronomen, die seine nahe Wiedererscheinung vorhergesagt hatten; eine Formel des Herrn Laplace setzte Hrn. Burkardt in den Stand, die Störungen zu berechnen, die seine Wiederkehr verhindern mußten.

Die Arbeit Borda’s über die Strahlenbrechung war verloren; Laplace findet sie wieder, d. h. er erräth sie, und die Beobachungen der Herren Piot in Paris, de Lambre in Bourges, Piazzi in Palermo, bestätigen die Zuverlässigkeit der von dem Geometer gefertigten Tafeln. (Bewegung.)

Man fragte, ob der Ring des Saturns sich bewege: Laplace bewies aus seinem Studierzimmer, daß dieser große Kreis, ohne eine Rotation von wenigstens zehn Stunden sich nicht erhalten könnte, und zu derselben Zeit sah Herschel von seinem Observatorium diese große Umwälzung in zehn und einer halben Stunde vollzogen werden. (Langer Beifall.)

Man ist von Bewunderung ergriffen bei dem Anblick dieser steten Uebereinstimmung der Theorie mit der Erfahrung. Die Berechnung erräth, und die Beobachtungen erreichen die Genauigkeit der Rechnung.

Der Ruhm des Herrn Laplace beschränkt sich nicht darauf, durch seine Entdeckungen große Fortschritte der Wissenschaften veranlaßt zu haben; er hat auch den Unterricht in denselben geleitet und vervollkommnet, theils durch seine eigenen Lehrvorträge in jener Normalschule, die nach einer nur kurzen Dauer noch immer in unserm Andenken lebt, theils durch die unausgesetzte Sorge und die lebhafte Theilnahme, die er der polytechnischen Schule widmete, in welcher sich Männer bildeten, die würdig waren, ihn zu hören und seine Nachfolger zu werden.

Mit ausgezeichnetem Wohlwollen nahm er nicht nur diejenigen auf, die sich den eigentlichen Wissenschaften widmen. Jeder, dessen Studium die Fortschritte des menschlichen Geistes befördern konnte, war ihm willkommen. Der Geist des Hrn. Laplace war zu groß, als daß er nicht hätte sehen sollen, was nützlich und edel auch in der Beschäftigung mit der schönen Literatur sich findet. Während Einige sich das Ansehen geben, ihre Frivolität zu verachten, gerathen Andere darüber in Unruhe; sie werfen der Literatur vor, unabhängige Gemüther zu bilden. Man würde aber Unrecht haben, sich deßhalb Sorgen zu machen: führt sie zur Unabhängigkeit, so geschieht es nur, weil sie von Ehrgeiz und Herrschsucht entfernt.“

(Schluß folgt.)


Von dem muthmaßlichen Erfolge einer Invasion in Indien.

(Blackwoods Magazine.)

(Beschluß.)

Was die angedeutete Aenderung für eine Wirkung auf das politische System von Europa hervorbringen würde, ist schwer zu bestimmen; aber sie würde von dieser Seite England nicht weniger nachtheilig werden, als es die Unterwerfung Persiens von einer andern Seite wäre.

Nach diesen Vorbereitungen würde nun auch die Frage von der Möglichkeit einer Invasion in Indien eine ganz andere Gestalt gewinnen. Rußland wäre dann in einer Stellung, wo es ihm nicht sehr schwer werden könnte, eine Armee an der indischen Grenze aufzustellen. Es hätte Zeit Vorräthe und Magazine in Herat und Furrah anzulegen, und könnte fast bis nach dem Kriegsschauplatze hin Anstalten treffen, die sein Vorhaben allerdings furchtbar machen müßten. Man würde seinen Namen und seine Macht kennen, und die Unzufriedenen würden sich mit dem Angreifer verbinden. So könnte sich Rußland dann mit gleichen Kräften England gegenüberstellen, und besäße auf jeden Fall das Mittel auch wieder auf England einzuwirken, was ihm jetzt freilich ganz abgeht, und wornach es allerdings zu streben Ursache hat.

Das Königreich Kabul, welches unter andern Voraussetzungen das einzige Land wäre, das Rußland noch von Indien trennte, ist jetzt in mehrere Fürstenthümer getheilt. Herat ist der Sitz einer kleinen Regierung, an deren Spitze der Repräsentant der königlichen Familie von Kabul steht,

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_117.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)