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Das Ausland. 1,2.1828

Namen der Glaubensarmee gegen die spanische Constitution bewaffnete, waren Anfangs ein zusammengeraffter Haufen von Verbrechern, Contrebandiers oder untreuen Beamten, welche mit den ihnen anvertrauten öffentlichen Geldern nach Frankreich durchgegangen waren. Einige Ehrgeizige, die sich später schämten, an ihrer Spitze gestanden zu seyn, glaubten darin ein Mittel zu finden, das ihnen eine glänzende Laufbahn eröffnen könnte; so der Graf Espana, ein geborner Franzose, aber in spanischen Diensten als Napoleon in Spanien einfiel, im Unabhängigkeitskriege als Anführer eines Freicorps ausgezeichnet, und zum General emporstiegen;[1] so Quesada, der nur Obrist war, als er die Fahne der Empörung gegen die Cortes erhob, und, nach Frankreich vertrieben, im Gefolge der französischen Armee als General zurückkehrte;ref>gegenwärtig Generalcapitän von Andalusien.</ref> so der Baron d’Eroles, der sich im spanischen Unabhängigkeitskriege vom Studenten zum Generallieutenant emporgeschwungen hatte, und ungeachtet er den Umsturz der Constitution selbst mit bewirken half, persönlich sich beständig zu constitutionellen Gesinnungen bekannt, weshalb, als er im Jahre 1826, in der Blüthe seines Alters starb, allgemein der Verdacht entstand, er sey vergiftet worden. An diese Männer schloß sich eine geringe Anzahl mißvergnügter und unruhiger Köpfe an: der alte General Eguia, – das wahre Muster eines Ultra – ein Mann, der jede seit dem Jahre 1750 in das Leben getretene neue Idee für Ketzerei und Hochverrath hielt: Mataflorida, ursprünglich ein armer Advocat (abogado de guardilla) darauf Mitglied der Cortes in Cadix, wo er die berüchtigte Adresse redigirte, welche, einer von den Persern hergenommenen Vergleichung wegen, die Adresse der Perser hieß (worin 69 Deputirte den König baten, die Constitution abzuschaffen) später durch seine Theilnahme an den Hofintriguen bereichert und für Geld zum Marquis erhoben, im Jahr 1821, nachdem er der Verantwortung wegen der Redaction der bereits erwähnten Adresse durch die Flucht entgangen war, Mitglied der Insurrectionsjunta von Catalonien;[2] Pio Elisalde, ein ehemaliger Kaufmann von San Sebastian, ein Mensch von starkem, heftigen Charakter, dessen Hauptleidenschaft ein tiefer Haß gegen Frankreich ist und gegen Alles, was aus Frankreich kommt, seitdem er im Unabhängigkeitskriege als Lieferant für die Armee des Generals Blake den Grund zu seinem jetzigen Reichthum legte;[3] Erro, gleichfalls ein Biscaier, vor dem Jahr 1808 Sekretär des Friedensfürsten, und darauf Controlleur zu Ciudad Real, während des Kampfes gegen Napoleon, Präsident einer Insurrectionsjunta in der Mancha, 1813 Intendant von Madrid, später Intendant von Barcelona, und nachdem er im Jahr 1820 durch die Cortes diese sehr einträgliche Stelle verloren hatte, Finanzminister der Regentschaft von Urgel;[4] der Erzbischof von Tarragona, Creus, (im Jahr 1825 gestorben), schon in den Cortes von Cadix einer der hitzigsten Vertheidiger der Inquisition und aller Grundsätze des alten Systems; neben diesen noch einige Andere. Der offene Schutz den ihnen Frankreich verlieh, vermochte jedoch nicht sie in Spanien zu halten: sie wurden vertrieben, und kehrten erst mit der französischen Armee zurück.

Die gefährlichsten Feinde, welche die Sache der Constitution in Spanien hatte, zählte sie indessen nicht unter diesen Partheigängern, sondern in der Camarilla, der unmittelbaren Umgebung des Königs, die, gewohnt durch ihren Einfluß die Staatsgeschäfte zu leiten, in der Einführung einer regelmäßigen Verwaltung ihre Macht bedroht sah. Der König Ferdinand, während der Regierung seines Vaters in einer Zurückgezogenheit gehalten, die an eine förmliche Gefangenschaft grenzte, und beständig von den Spionen seiner Mutter und des Friedensfürsten umgeben, hatte nicht sobald den Thron bestiegen, als er sich völlig dem für ihn neuen Vergnügen hingab, vor Menschen, die ihm ergeben waren, frei seine Meinungen aussprechen zu dürfen. Er gestattete den vornehmsten Beamten seines Hauses den Zutritt in seine Gesellschaft und setzte sich mit ihnen auf den Fuß der größten Vertraulichkeit. Während seiner Verbannung in Valencay befestigte sich die Gewohnheit, ohne alle Etiquette zu leben, in ihm noch mehr. Bei seiner Rückkehr nach Madrid fuhr er fort, außer den Ministern auch einige vertraute Diener und eine kleine Anzahl von Personen, die ihm während seiner Gefangenschaft Proben ihrer Treue gegeben hatten, seines persönlichen Umganges zu würdigen. Es versammelte sich des Abends eine Gesellschaft in einem der Gemächer des Königs,[5] die den Namen Camarilla erhielt. Bald wurde diese das Centrum der Regierung, indem Ehrgeizige die Neigung des Königs, frei von dem lästigen Glanze seiner Größe zu leben, zur Erreichung ihrer Plane benutzten. Alle Schritte des Ministeriums wurden hier controllirt, und das geschah mehr als einmal, daß ein Beschluß, den der König um 5 Uhr unterzeichnet hatte, durch ein drei Stunden später geschriebenes Billet widerrufen wurde. Der Minister Macanaz hatte Se. Majestät um 10 Uhr des Abends verlassen, ohne das geringste Zeichen einer Unzufriedenheit wahrzunehmen; des andern Morgens um 8 Uhr ging der König in Person, ihn zu verhaften und seine Papiere mit Beschlag zu belegen; er wurde in ein Staatsgefängniß geworfen, das er erst nach langer Zeit verließ. Der Herzog von San Carlos war um 11 Uhr des Abends aus dem Cabinett des Königs gekommen; bei seinem Erwachen des andern Tages erhielt er einen Verbannungsbefehl, der später in eine Gesandtschaft nach Wien verwandelt wurde. Der Ober-Polizeiintendant Echevarri hatte

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_121.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)
  1. gegenwärtig Generalcapitän von Catalonien.
  2. Seit seiner Rückkehr nicht mehr in Gunst, und gegenwärtig sogar, in einer Provinzialstadt Frankreichs, in der Verbannung.
  3. gegenwärtig einer der wüthendsten Anhänger der apostolischen Parthei im Staatsrath.
  4. Darauf Finanzminister von Spanien, gegenwärtig Mitglied des Staatsrathes.
  5. Nach von Halen (Mémoires I. p. 118.) in einem Zimmer, wo die Diener des zweiten Ranges die Befehle des Königs erwarteten.