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Das Ausland. 1,2.1828

Ursachen zugeschrieben, nametlich dem früher eingeführten Monopole und den damit verbundenen Resultaten, den häufig herrschenden Kinderpocken, die indessen jetzt durch die Einführung der Vaccine vermindert worden sind, endlich den Hindernissen, welche dem Heirathen im Wege stehen.

Die Heirathen können nicht anders als selten seyn in einem Lande, wo wenig Geld ist und die Braut aus den Händen des Vaters oder der Familie für den Werth von 80 spanischen Piastern erkauft werden muß. Diese hohe Preisbestimmung, der gegenwärtig nur wenige genügen können, läßt mich vermuthen, daß ehemals dieß Land viel reicher gewesen ist, als jetzt. Meist wird der Kaufpreis für die Braut nicht auf einmal an den Vater abgetragen, sondern zum Theil als Schuld aufgenommen; daher es nichts seltenes ist, daß man den Enkel noch arbeiten sieht, um den Kaufschatz (Jujur genannt) seiner verstorbenen Großmutter zu bezahlen. Auch sollen viel Mädchen Abneigung vor der Ehe haben, weil sie, sobald sie verheirathet sind, mit der schweren Arbeit der Haushaltung und des Landbaues belastet werden.

Die ganze Bevölkerung von Bencoolen, von Indrahura im N. bis Crooi im S., wird auf 80,000 Seelen geschätzt; die von Marlborough und der Umgegend auf 12,000, worunter Europäer, Javaner, Bengalen, Chinesen, Malaien und Madurer begriffen sind.

Die Sitten der Eingebornen sollen von denen der Javaner sehr verschieden seyn; so sind z. B. die beliebten Zeitverkürzungen der letzteren: die Gamelangs (musikalische Instrumente), die Serimpies und Bedoios (Charaktertänzerinnen der Großen), die Rongins (Tänzerinnen von niederem Rang), Waijangs (Schattenspiele nach Art der chinesischen) hier fast unbekannt. Auch scheint der Sumatraer unfleißiger und zugleich schwerer zu regieren, indem er einen Geist der Unabhängigkeit und Widerspenstigkeit besitzt, den wir in Java nicht finden. Diesem Naturell ist es zuzuschreiben, daß das Gouvernement nicht geringe Mühe hat, um Leute zu finden, die geneigt sind, sich als Distriktshäuptlinge anstellen zu lassen. Die Einkünfte derselben müssen bei einem Volke, das so wenig Lust zur Arbeit und so wenig Neigung, sich unterdrücken zu lassen, hat, nur sehr gering und unbedeutend seyn. Vordem bestanden sie in einer Abgabe von Pfeffer und dem Zehnten der Büffel; dieß ist indessen gegenwärtig abgeschafft, und die Häuptlinge genießen gegenwärtig nur eines gewissen Antheils an den Geldstrafen. – Bencoolen hat nur drei inländische Häuptlinge. Jeder Kampong hat seinen Vorsteher, den die Einwohner aus den Orangtouas (weißen Leuten d. i. Aeltesten) erwählen. Durch diese werden kleine Rechtssachen entschieden; doch findet von ihnen eine Appellation an den sogenannten Pangerangsrath statt, in welchem der Gouverneur Präsident ist, und einige Europäer als Magistratspersonen Sitz haben.

Die (mahomedanischen) Priester der Eingebornen haben kein bestimmtes Einkommen; sie ziehen ihren Unterhalt aus den Geschenken, die sie bei Gelegenheit von Beschneidungen, Heirathen und Begräbnissen empfangen. Nicht selten entrichtet der fromme Inländer ihnen auch wohl einen Zehnten von seinem Reis oder kleinen Vieh.

Was für die sittliche Verbesserung des Volkes gethan werden kann, ist sicher durch Stamford Raffles versucht worden. In allen Distrikten, wo die Engländer nur den mindesten Einfluß hatten, wurden inländische Schulen errichtet, in denen die Jugend im Lesen, Schreiben, Rechnen und andern allgemein nothwendigen Kenntnissen unterrichtet wird. Die Schule des Hauptortes Marlborough, in der ich als Haupt den Missionär Ward fand, besteht bereits aus mehr als 160 Lehrlingen. Die Ordnung, Regelmäßigkeit und Reinlichkeit, welche ich darin bemerkte, übertreffen alles, was ich in dieser Art gesehen habe, und machen dem Stifter wie den Unterhaltern die größte Ehre. – Die Lehrweise ist die Lancasterschule des wechselseitigen Unterrichtes. Die malaiischen Schüler sind in zehn, die bengalischen in drei Klassen vertheilt.

Die Einkünfte von Bencoolen sind sehr gering, und die Ausgaben sehr bedeutend. Grundsteuern, Aus- und Eingangszölle und andere Abgaben bestehen hier nicht; und die einzige Quelle von Einkünften für die Regierung ist der aus dem Verkauf von Opium und von Arrak und Rhum. Die ganze Opiumconsumption beträgt jährlich nicht mehr als sechs oder sieben Kisten; doch ist die Einfuhr etwas stärker, indem viel davon durch inländische Fahrzeuge wieder ausgeführt wird. Die Ausgaben übersteigen deshalb die Einnahmen um eine Summe, die nicht viel weniger als 90,000 Pf. St. betragen wird.

Die höchste Gewalt ist gegenwärtig in den Händen eines Gouverneurs; vor demselben war sie einem Residenten übertragen, und noch früher einem Gouvernementsrathe, der aus dem Gouverneur und drei Räthen bestand.

Die Vorfälle, welche bei der Entlassung des letzten Gouverneurs mit seinen Räthen unter dem Generalgouvernement des Lords Wellesley (des jetzigen Herzogs von Wellington) statt fanden, sind zu merkwürdig, um sie hier mit Stillschweigen zu übergehen.

Ganz unerwartet, ohne daß man vorher die geringste Benachrichtigung davon erhalten hätte, stieg eines Tages plötzlich ein Commissär des hohen Gouvernements von Bengalen an das Land. Der Gouverneur, hiervon in Kenntniß gesetzt, versammelte unverweilt seinen Rath, und sandte seinen Sekretär ab, um den Commissär zu bewillkommen und in die Rathssitzung einzuladen, um vor derselben seinen Auftrag zu eröffnen. Der Commissär verweigerte indeß alle Communikation, begab sich in das Fort, wo er der unter die Waffen gerufenen Garnison seine Vollmacht vorlas, und die Regierung, die noch versammelt war und ihn erwartete, für aufgelöst erklärte, ohne irgend einen Grund anzugeben, der diesen Schritt nothwendig gemacht oder veranlaßt habe.

Die so unerwartet Entlassenen beklagten sich über diese schmachvolle Behandlung sowohl bei dem Gouvernement in Indien als in England, erhielten aber ein volles Jahr lang kein Gehör, während man durch Bekanntmachungen

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_229.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)