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Das Ausland. 1,2.1828

Als diese Sandwichs-Insulaner genug getrunken hatten, kehrten sie die Tassen um und legten die Theelöffel queer darüber. Turner fragte nach der Ursache. Karaimoku antwortete: Die Fremden machen es so, wenn sie nicht mehr Thee wollen. „vielleicht die Matrosen im Schiffsraum, erwiederte Turner, feine Herren lassen blos die Löffel in den leeren Tassen.“ Eines Abends waren jene beiden Oberhäupter wieder bei Turner zum Thee. Als Karaimoku zur Genüge hatte, folgte er sorgfältig Turners Rath, weil es so in feiner Gesellschaft Sitte sey; sein Freund aber hatte die Lehre vergessen und kehrte seine Tasse wieder um; da rief Karaimoku lachend: „Seht, der Kerl gehört in den Schiffraum; er hat seine Tasse umgekehrt.“

(Schluß folgt.)

Ueber den Gang der innern Entwicklung in den Vereinigten Staaten von Nordamerika.


(Fortsetzung.)

Der große Tag ist endlich angebrochen. Die Menge der Geschäftigen wie der Neugierigen hat sich noch vermehrt; der Spekulant und der Wucherer sind in Bewegung, und berathen sich; der Pächter der sich niederlassen will, verhält sich ruhig; der hat seinen Plan gemacht, und seinen Preis bestimmt. Wenn die Stunde naht, so kommt auch der arme Squatter zur Stadt. Er hat das ganze Jahr gearbeitet, um das Land zu bebauen, auf welchem sein Haus gelegen ist; vielleicht wird es ihm jetzt aus Mangel an einem oder ein paar Dollars von habsüchtigen Spekulanten entrissen. Unruhe und Angst drücken sich in seinen redlichen halbwilden Mienen aus. Ein Wucherer nähert sich ihm, beklagt ihn, und verspricht, für die Summe von drei Dollars von seinen Absichten abzustehen. Der arme Tropf giebt sie ihm, ohne zu ahnen, daß der Wucherer keineswegs die Mittel hat, ihn zu überbieten. Dieß wird hush money (Geld, das einen zum Schweigen bringt) genannt.

Der Ausrufer versteigert die Ländereien nach Achttheilen, und nach der Ordnung der Sectionen; die Preise sind verschieden, aber angefangen wird mit 1 Dollar, 25 Cents für den Acker; denn dieß ist der niedrigste Preis, zu dem die Regierung der Vereinigten Staaten verkauft. Ein altes indianisches Dorf, eine Lage für eine Mühle, die Pflanzung eines Squatters, ein Ort wohin ein gebahnter Weg oder ein Fluß führt, oder der für eine Stadt oder für einen Stapelplatz bestimmt zu seyn scheint – solche Umstände vermehren den Werth um das zehnfache und mehr. Da alle Verkäufe übrigens nach reellen oder eingebildeten Linien geschehen, so ereignet es sich oft, daß das Feld oder das Haus eines Squatters mitten durch getheilt wird.

Die Versteigerung und die dadurch angeregte Bewegung dauern fort, bis alle Ländereien ausgeboten sind. Diejenigen, die keinen Käufer gefunden haben, können für hundert Dollars das Achttheil in Besitz genommen (entered) werden. Diejenigen Käufer, welche die Güte der verschiedenen Ländereien kennen, thun wohl, bis dahin zu warten: denn da sie dann ohne Mitbewerber sind, erhalten sie die besten der übrig gebliebenen Güter um einen wohlfeilen Preis.

Der Verkauf ist zu Ende. Der Spekulant, seine Ansprüche in der Tasche, geht nach Hause, um für seine neuerworbenen Ländereien Gegenkäufer zu suchen. Der Pflanzer versammelt seine Neger und seine Familie. Auch der arme Squatter kehrt heim, mit schwerem Herzen über seine getäuschten Hoffnungen, und über die Nothwendigkeit, sich noch einmal eine neue Heimat zu suchen. Vielleicht hat er sich auch als Verwalter dem Pflanzer vermiethet, der sein Haus und seinen Hof gekauft hat. Uebrigens ist es im Interesse des Pflanzers, bis zum Augenblick, wo er das Land selbst braucht, den Squatter darauf zu lassen, da seine Anwesenheit dessen Werth verdoppelt.

Die Bewohner der Stadt, besonders die Gastwirthe, haben bei allem dem viel Geld verdient. An die Stelle ihrer log-houses (Häuser aus Baumstämmen) erheben sich plötzlich wie durch Zauberei elegante Häuser aus Zimmerholz und buntfarbigen Planken, in der Mitte eines Gehölzes, das von nun an Stadt heißt. Die Bäume fallen von allen Seiten; verbrannte Stämme zeigen die Straßen und öffentlichen Plätze an. Bald wird die Wichtigkeit des Orts durch ein Postamt für Briefe und durch die Residenz eines Postdirectors vermehrt, der eine sehr wichtige Person ist; so wie überhaupt in dem kleinen Staate eine neue Familie oder auch nur ein neues Individuum keineswesgs etwas gleichgültiges ist. Bald sind Journale im Ueberfluß da; außer einer Zeitung von Washington oder einer andern Stadt am atlantischen Ozean, empfängt jeder der neuen Kolonisten noch eine aus dem Dorfe, aus dem er ausgewandert ist: denn jedes Dorf hat sein eignes Blatt. Reviews und Magazine, Literatur-Zeitungen und literarische Neuigkeiten aller Art erhalten wir aus New-York, Philadelphia und England für einen mäßigen Preis, einen oder wenige Monate, nachdem sie auf der einen oder andern Seite des atlantischen Meeres erschienen sind. Ich bin überzeugt, daß ich den letzten Roman von Walter Scott eher gelesen habe, als der nach Wien gekommen ist.

Aber wir wollen jetzt die Stadt verlassen, und noch einmal auf das Land zurückblicken. Der Pflanzer ist, wie wir angeführt, von der Versteigerung der Ländereien nach Hause zurückgekehrt, hat dort Haus und Hof verkauft, die Zahl seiner Neger vermehrt, und ist dann mit seiner ganzen Habe abgereist. Möbeln und Lebensmittel sind auf Karren geladen, seine Neger folgen zu Fuß, er selbst und seine Familie zu Pferde oder im Wagen. Sie lagern sich jeden Abend; sie dringen durch Einöden, bahnen sich Wege, schlagen Brücken, und kommen endlich nach vielen Mühseligkeiten auf ihrem neuen Eigenthum an. Das erste, was sie zu thun haben, ist, daß sie Hütten für die Neger und für die Familie bauen. Dieß dauert zwei bis drei Wochen; bis dahin muß man unter freiem Himmel leben. Bald wird der Feldbau eröffnet;

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_344.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)