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Das Ausland. 1,2.1828


in der Nacht des 11ten aus dem Lager. Als der Tag anbrach, waren die leichten Truppen zwei Meilen oberhalb Rustschuk schon übergeschifft, und die Kosaken durch die Donau geschwommen. Den Uebergang des größern Theils des Corps jedoch verzögerte die späte Ankunft der Flotille von Turnov bis zum 13ten. Die Türken auf dem rechten Ufer ahnten nichts von einem Angriff; um so größer war die Bestürzung bei dem Anmarsch der Russen. Beinahe ohne Widerstand eroberte Markow das mit Reichthümern angefüllte Lager, aus welchem die Türken nach Rustschuk und gegen Rasgrad flohen. Theils aus dem eroberten (10 Kanonen und 3 Mörsern) theils aus eigenem Geschütze ließ nun der General vom rechten Ufer das Lager des Großveziers am linken beschießen, welches auch durch 80 Geschütze aus der Stellung des Oberfeldherrn geschah. Der Großvezier ließ am Nachmittag um einen Waffenstillstand unterhandeln, bis die dunkle Nacht seine Flucht nach Rustschuk barg. Das verschanzte Lager wurde deßwegen aber nicht aufgegeben, und Tschappan-Oglu Pascha übernahm den Befehl. Er erwarb sich durch seine Standhaftigkeit den größten Ruhm. Von allen Seiten beengt, auf Pferdefleisch beschränkt, ohne Holz in kalten Nächten, und täglich aus 200 Geschützen von beiden Ufern und von der Flotille beschossen, lehnte Tschappan-Oglu die vortheilhaftesten Anerbietungen ab. Schon hatte er den Plan gefaßt, sich auf dem linken Flügel der Russen durchzuschlagen und Rustschuk gegenüber aufs neue zu verschanzen, als die am 28ten geschlossene Uebereinkunft, einen Friedenscongreß in Giurgevo zu eröffnen, dem Elende der 4000 Tapfern ein Ziel setzte. Sie wurden im Laufe der Unterhandlungen mit Brod und Holz und auch mit russischen Aerzten versehen. Ein am 28 Dec. zwischen Kutusow und dem Großvezier unterzeichneter Vertrag wies ihnen, ohne Waffen, Quartier an der Aluta an, und, sollte der Friede zu Stande kommen, so hatten sie Anspruch auf ihre Waffen, auf 51 Kanonen und 22 Pulverwagen, welche die Russen in dem verschanzten Lager gefunden hatten.

Am 28 Mai 1812, nachdem Admiral Tschitschagow die Donauarmee übernommen, erfolgte der Friede zu Bukarest.

(Fortsetzung folgt.)


Der religiöse Zwiespalt unter den Armeniern.

(Fortsetzung.)

Hätte das byzantinische Kaiserreich die Herrschaft über Vorderasien behauptet, wären die Staaten, die während der Kreuzzüge in Asien entstanden, nicht wie Meteore an dem politischen Himmel Asiens vorübergegangen, so würden die orientalischen Kirchen sich von der griechischen oder abendländischen entweder gar nicht getrennt, oder sich, wenn dieses auch geschehen wäre, im zwölften und dreizehnten Jahrhundert sicherlich mit ihnen wieder vereiniget haben. Auf der Uebereinstimmung im Glaubensbekenntnisse, auf der kirchlichen Einheit wird am sichersten und festesten die Einheit des Staates auferbaut; ein Reich aber, das im Gegentheile Leute von den verschiedensten religiösen Ansichten umfaßt, wird in Zeiten der Noth nie auf Alle in gleichem Maße zählen können. Wenn auch nur auf kurze Zeit griechischer oder lateinischer Einfluß in den Staaten Vorderasiens überwiegend ward, sehen wir alsbald, daß Friedenssynoden und Vereinigungsformeln in Menge entstanden; freilich dauerten sie gewöhnlich auch nur so lange, als sie von der übermächtigen Staatsgewalt aufrecht erhalten werden konnten. Ganz andere Interessen hatten aber die einem ganz andern Glauben anhängenden Perser und die später in diesen Gegenden entstandenen muhametanischen Staaten; konnten sie die orientalischen Christen nicht zur Lehre des Zoroaster oder Muhammet bekehren, so wollten sie wenigstens jede Verbindung mit dem Abendlande und den Griechen abgebrochen wissen; sie wollten und begünstigten Ketzereien, damit sich aus einem religiösen Zwiespalt auch ein politischer entwickeln, und die christlichen Unterthanen sich desto fester an ihre unchristlichen Herren anschließen möchten. Leicht ist demnach erklärlich wie die Nestorianer nicht allein eine so gute Aufnahme in Asien finden, sondern alle aus dem Abendlande verbannten Ketzereien, wie die des Eutyches, in Asien bis auf den heutigen Tag ruhig und behaglich fortwuchern konnten.

Im Jahre vier hundert und acht und zwanzig unserer Zeitrechnung vernichtete Bahram V, aus dem mächtigen Hause Sassans, auch in Armenien den letzten Zweig der Arsacidenherrschaft; Ardasches IV ward in diesem Jahre entthront, und die Könige Persiens senden von jetzt an Gouverneure (Marzbank) in das früher selbstständige Land. Unter dem Schutze dieser, der Lehre der Magier anhängenden Herrschaft scheinen alsbald die von der Synode von Ephesus verdammten Lehren nicht allein vollkommener Freiheit sondern auch mannigfacher Begünstigungen sich erfreut zu haben. Barsumas oder Barsaumas, ein eifriger Nestorianer, stellte dem persischen Könige Pherozes vor, daß er an den Christen seines Reiches niemals getreue Unterthanen haben werde, wenn diese von dem Glauben der Griechen sich nicht unterschieden; die Griechen, setzte er hinzu, hätten einen weisen und gelehrten Mann, Nestorius, bloß weil er ihnen christliche Sitten anempfohlen habe, gehaßt und abgesetzt; wenn also der König erlaube, wolle er alle Christen in seinem Reiche nöthigen, die Meinungen des Nestorius anzunehmen, alsdann würde beide Religionsparteien sicherlich ein ewiger Haß trennen. Leicht erhielt Barsumas zu seinem Vorhaben die königliche Erlaubniß; doch ist es bei diesen Bekehrungsversuchen schwerlich so furchtbar zugegangen, wie uns Bar Hebraus glauben machen will. Einer seiner Schüler, der Syrer Samuel, bearbeitete Armenien, und wußte sich gleich anfangs eine solche Partei zu erwerben, daß er Isaac dem Großen als Coadjutor im Patriarchat beigegeben wurde. Der orthodoxe, dabei aber äußerst wahrheitsliebende Moses von Chorene, weiß diesem Fremdling und Ketzer nicht Schlimmes genug nachzusagen.

(Fortsetzung folgt.)
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 408. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_426.jpg&oldid=- (Version vom 11.4.2023)