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Das Ausland. 1,2.1828


Fischen verziert, was hier zu Land als königliche Auszeichnung betrachtet wird. Eine auffallende Eigenheit, wovon ich früher nie etwas gehört, ist, daß dem Elephanten ein Mann zur Seite geht, der ihm sagt, wohin er treten, wo er sich vorsehen, wo er ausweichen soll, und ihn warnt, wenn der Weg rauh, schlüpfrig u. s. w. ist; was das Thier alles verstehen und wornach es seine Maßregeln treffen soll. Der Mohout spricht nichts, sondern leitet ihn dadurch, daß er seinen Fuß auf der Seite des Halses eindrückt, auf die er ihn wenden will, treibt ihn damit an, daß er ihn mit der Spitze seines Stachels stößt, und bringt ihn zum Stehen, indem er ihm mit dem Knopfe desselben einen Schlag auf die Stirne versetzt. Die Gewalt, welche diese Leute über ihre Elephanten üben, ist allgemein bekannt; erst kürzlich trug es sich zu, daß ein Mohout seinem Thier ein Zeichen gab, ein Weib zu tödten, das ihm etwas Beleidigendes gesagt hatte, und sein Befehl war im Augenblick vollzogen. Der Mensch wurde noch vor unserer Ankunft hingerichtet.“

Die in Europa herrschende Meinung, daß die Hindus sich, aus Rücksichten der Menschlichkeit, des Fleischessens enthalten, finden wir hier auf folgende Weise berichtigt.

„Die Kaste der Fischer nimmt keinen hohen Rang ein, obgleich die Fische als die reinste und gesetzlichste Nahrung betrachtet werden. In nichts hat man sich so sehr geirrt, als wenn man annahm, daß es den Hindus verboten sey, Fleisch zu essen. Nicht, um das Leben von Geschöpfen zu schonen, – da das Essen von Fischen, wie das von Rindern gleiche Verletzung des Grundsatzes wäre, – thun sie dieß, sondern weil einzelne Thiere für sie heilig und unverletzlich, andere unrein sind. So essen manche Braminen Fische und jährige Böcke. Die Raiputs essen außer diesen noch Schöpsenfleisch, Wildbret, oder Ziegenfleisch. Einige Kasten dürfen Alles essen, nur kein Geflügel, kein Rindfleisch oder Schweinefleisch; während bei andern Schweinefleisch Lieblingsspeise, und nur das Essen von Rindfleisch untersagt ist. Berauschende Getränke sind verboten; was jedoch von einem großen Theil der höhern und niedern Classen nicht beobachtet wird; und Trunkenheit ist bei den Indiern beinah ebenso gewöhnlich, als bei den Europäern.

Der botanische Garten in Kalkutta ist eine sehr schöne, gut unterhaltene Anstalt, außer den edelsten Bäumen und schönsten Pflanzen von Indien mit einer ungeheuern Sammlung fremder, hauptsächlich durch Dr. Wallich in Nepaul, Pulo-Penang, Sumatra und Java aufgebrachter Gewächse bereichert, wozu noch Sammlungen aus dem Kap, Brasilien und verschiedenen andern Theilen Afrikas und Amerikas, sowie Australien und der Südseeinseln kommen. Es ist ein malerischer, höchst anziehender Anblick, und unter allem, was ich bisher gesehen, entspricht nichts vollkommener Milton’s Idee von einem Paradies; nur sollte der Garten auf einem Hügel, statt auf der einförmigen Fläche liegen. Unter den exotischen Gewächsen fand ich den Muskatenbaum äußerst schön, er war der Myrthe ähnlich und hatte eine pfirsichartige Blüthe, war aber selbst für den Winter von Bengalen zu zart, und stand deßhalb in der geschütztesten Lage, ringsum sorgfältig verwahrt. Die Sagopalme ist gleichfalls ein sehr schöner Baum: sie gibt einem Lustwald oder einer Allee ein besonderes Gepräge von Feierlichkeit, das uns an unsere gothischen Dome erinnerte. Da waren üppige Kriechpflanzen aus Südamerka, einige Pisangs aus dem malayischen Archipel, von besonderer Größe und Schönheit. Einen melancholischen Eindruck machte auf mich der Anblick einer kleinen, verkümmerten Eiche, welche nur mit Mühe unter dem Himmel und einer Temperatur von solcher Treibkraft fortgebracht wird, wo ihr keine Zeit gegönnt ist, auszuruhen, ihre Blätter abzuwerfen, und durch Ueberwinterung neue Kräfte zu sammeln. Auch bei andern Bäumen fand ich mich in meinen Erwartungen getäuscht, so bei der Fichte von Neucaledonien, welche hier nicht fortkömmt; wenigstens sah diejenige, die ich vorfand, nicht zum besten aus und war sehr unansehnlich in Vergleich mit den Abbildungen in Cook’s Reise, die mir immer noch lebhaft vorschweben, obgleich ich sie seit meinen Kinderjahren nicht mehr gesehen. Ich hatte viel von dem ungeheuern Umfang der Adamsonia, eines Baums aus der Nachbarschaft vom Gambia und Senegal, als von dem Elephanten des Pflanzenreichs, gehört. Nun ist dieser Baum zwar unstreitig wundervoll, und die Schnelligkeit, womit er aufwächst noch wunderbarer als selbst sein Umfang; allein er gewährt eben keinen besonders stattlichen Anblick. Unmittelbar über den Wurzeln dehnt er sich zu einem ungeheuern Umfang aus, sein Stamm aber erhebt sich nur zu einer verhältnißmäßig geringen Höhe und gleicht mehr einem mit der Elephantiasis behafteten Körper, als er der majestätischen, wohlproportionirten, obleich etwas schwerfälligen Statur des Elephanten entspricht.“


(Schluß folgt.)

Die brittische Gesellschaft zur Verbreitung nützlicher Kenntnisse.


(Schluß.)


Augenscheinlich kann eine Gesellschaft in dieser Hinsicht bedeutendere Resultate erreichen, als es der isolirten Bemühung Einzelner möglich gewesen wäre. Von dieser Ansicht ausgehend, bildete sich in England eine Vereinigung von Männern, deren Zweck ist, die Bearbeitung und Herausgabe nützlicher Werke nach den oben bezeichneten Grundzügen zu befördern, und deren Anschaffung dem Arbeiter durch wohlfeile Preise zu erleichtern. Mehrere rühmlichst bekannte Staatsmänner vereinigten sich mit Brougham. Schnell nahm die Zahl der Mitglieder zu, und gegen das Ende des Jahres 1826 publicirte man den Prospectus der Gesellschaft. Der Zweck ist schon in dem Namen der Gesellschaft klar ausgedrückt: sie will unter allen Classen, vorzüglich den niedern, nützliche Kenntnisse verbreiten; um diesen Zweck zu erreichen, macht sie unter der Leitung und Sanction eines Comites, in periodischen Zwischenräumen, Abhandlungen, nach dem Verständniß der größern Masse der Leser berechnet, über alle Zweige der aufs Leben anwendbaren Wissenschaften bekannt.


Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 423. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_441.jpg&oldid=- (Version vom 11.4.2023)