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Das Ausland. 1,2.1828

eine Menge Gepäck auf dem Platze zurück. In diesem Moment würden zwei Bataillons, zwei Compagnien Russen hinreichend gewesen seyn, um Besitz von der Stadt zu nehmen. Jetzt wurden die zwei Bataillons Schaggangrier, die in geringer Entfernung von der Stadt aufgestellt gewesen waren, in dieselbe gezogen und befehligt, die Thore zu besetzen. Ala yar Khan ging von Mann zu Mann, um sie zu ermuntern, treu und fest zu bleiben. Nur kurze Zeit wurde er mit Aufmerksamkeit gehört, dann ergossen sie sich in einen Strom von Scheltworten über ihn und einige warfen Steine nach ihm. Den ganzen Tag über herrschten die widersprechendsten Gerüchte; so daß z. B. allen Ernstes versichert wurde, Abbas Mirza würde noch vor Abend mit der ganzen Armee von Khory eintreffen. Seif al Malk Mirza war mit einer starken Abtheilung Cavallerie gegen Sofian gesandt worden, um zu recognosciren. Gegen Sonnenuntergang schien sich alles beruhigt zu haben; man glaubte, daß der Prinz bei der Brücke von Aschi – vier engl. Meilen von der Stadt – angekommen wäre und es wurde den Kud khudas befohlen, ihm entgegen zu gehen. Die Weiber des Prinzen wurden gestern in den Garten entfernt; auch die Civilautoritäten mit ihren Familien haben die Stadt verlassen.

Donnerstag den 25ten. Es hat sich gezeigt, daß die Nachricht von der Ankunft der russischen Truppen zu Sofian nur zu wahr war. Die vergangene Nacht hatten sie ihr Lager zu Suning Kurpi, zwölf Meilen von der Stadt. Früh am Morgen sah man ihr Hauptcorps heranrücken. Bei ihrer Ankunft an der Brücke von Aschi machten sie Halt und stellten sich in Schlachtordnung. Die Schaggangrier-Bataillons besetzten die Mauern auf dieser Seite der Stadt; die Artillerie, die vor wenigen Tagen auf die Bastionen und Thürme gebracht worden war, wurde geladen, die Thore wurden verwahrt. – Ala yar Khan erschien zu Pferde zwischen den inneren und äußeren Mauern; er versuchte seine Truppen zu ermuthigen und befahl die Kanonen abzufeueren. Nur drei – zwei mit Kartätschen, die andere mit einer Kugel geladen – wurden abgefeuert; ohne daß man sich übrigens die Mühe genommen hätte, sie auf die Marschlinie der Russen zu richten. Sie dienten nur als Signal für die persische Infanterie, die in der äußersten Geschwindigkeit aus der Stadt floh. –

Mir Fatha, das Haupt der Mollahs, eilte mit andern Priestern zur Stelle. Er verlangte von dem Assuf, er solle von ferneren Versuchen, den Zorn der Russen zu reizen, abstehen, da Widerstand unter den gegenwärtigen Umständen doch unmöglich sey; er möge daher nur seinen Posten aufgeben und seiner Wege gehen. Ala yar Khan zog sich darauf mit zwei Begleitern zurück und begab sich auf den Weg nach Teheran. Da die Thorschlüssel der Stadt verborgen gehalten waren, so befahl Mir-Fatha sie aufzubrechen. Darauf zog er an der Spitze der Priesterschaft und der angesehensten Einwohner dem General, Fürsten Arristaff, entgegen, um ihm die Stadt zu übergeben. Er fand die beste Aufnahme und erhielt die Zusicherung, daß alles Privateigenthum vollkommen respectirt werden sollte. Während das Hauptcorps vorrückte, hielt Fürst Arristaff mit den Generalen Pankratieff, Sacken, Oberst Mouravieff, dem Chef des Generalstabes und mehreren Uhlanen und Cosacken durch das Thor von Constantinopel seinen Einzug in die Stadt. Zuerst wurde das Arsenal besetzt und Maßregeln getroffen, um die darin aufgewahrten Vorräthe zu sichern. Fürst Arristaff und sein Gefolge ging darauf zu dem Palast, der vor ihrer Ankunft von den Merand’schen und Nukschiwanschen Reitern und dem Pöbel geplündert worden war. Außer Teppichen, Möbeln und Zelten war wenig darin zurückgeblieben; diese waren aber von bedeutendem Werthe.

Auf dem Hause des englischen Gesandten wehte die brittische Flagge; Major Monteith begab sich, begleitet von den übrigen Offizieren, die sich zu Tauris fanden, um drei Uhr des Nachmittags nach dem Palaste, um dem russischen General seine Aufwartung zu machen. Dieser empfängt sie sehr freundschaftlich. Major Monteith setzte den General davon in Kenntniß, daß sie zwar den Befehl erhalten, Tauris bei der Annäherung der russischen Armee zu verlassen, dieß zu thun jedoch unmöglich gefunden haben, wegen ihres unerwarteten Vorrückens und der allgemeinen Verwirrung, die darauf folgte. Er bat um eine Wache für den Fall, daß Unruhen in der Stadt ausbrechen sollten. – Die russischen Offiziere bezeugten insgesammt das größte Erstaunen darüber, daß sie bei ihrer Annäherung nicht den geringsten Widerstand gefunden hätten. Sie hatten erwartet, daß es zu einem harten Gefecht kommen würde, und statt dessen war außer den erwähnten drei Schüssen von beiden Seiten nicht ein Korn Pulver verbraucht worden. – Die Russen gingen, ohne die geringste Sorge, einzeln durch die Straßen; die Einwohner waren von einem panischen Schrecken ergriffen und beobachteten das tiefste Stillschweigen. Die Infanterie und die Artillerie der Armee wurde außerhalb der Mauern, dem Thore von Constantinopel gegenüber, aufgestellt; die regelmäßige und unregelmäßige Cavalerie nahm die Höhen diesseits des Aschi ein; auf die Brustwehren von dieser Seite der Mauern wurden Wachen gestellt, die Thore besetzt; ein Batallion war in das Schloß, ein anderes in den Palast gelegt worden. Gegen Sonnenuntergang kam eine Wache vor Oberst Macdonald’s (des Envoyé) Wohnung.

(Fortsetzung folgt.)

Die Kalmücken.


(Fortsetzung.)

Die Religion der Kalmücken und fast aller mongolischen Völker Hochasiens ist die buddistischen, oder nach dem Namen ihrer Priester, der Lamas, die lamaische.

In dem unermeßlichen Raume (mongolisch Chagossun Agur) – so wird gelehrt – aus dem unendlichen Leben der Welt entstand durch kreisende Bewegung das Seyende und das Werdende, das Belebte und das Unbelebte, Körper und Geister. Zu oberst in der Reihe der Wesen steht das göttliche Wesen, Budda, (kalmückisch Burchan) welches sich aber in vielen mehr oder weniger vollkommenen

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 450. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_468.jpg&oldid=- (Version vom 7.3.2023)