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Das Ausland. 1,2.1828

undurchdringliche Staubwolke gehüllt, brausend gegen das Kloster der drei Kirchen fortrollte, wo die Russen unter den Wällen ihrer Fortificationen Schutz fanden.

Nach persischen Berichten blieben 1200 Russen auf dem Schlachtfelde, dreihundert wurden gefangen, zwischen drei und viertausend Stück Gewehre, mehrere Ammunitions-Wagen und eine Menge Vorräthe aller Art fielen in die Hände der Perser, die nicht über dreihundert Mann verloren. Die Russen selbst, die ihre Niederlage in einen Sieg verwandeln, der – ihren ungehinderten Einzug in das belagerte Etschmiazin zur Folge gehabt habe, geben ihren Verlust auf 1152 Mann an Todten, Verwundeten und Vermißten an; ihr Anführer, Generallieutenant Krassovsky selbst, wurde schwer verwundet.

In Folge dieses Gefechtes sah General Paskewitsch sich genöthigt, seinen bisherigen Operationsplan aufzugeben, und sich gegen Eriwan zurückzuziehen. Abbas Mirza, der sich der russischen Hauptmacht nicht gewachsen fand, wandte sich hierauf, nachdem er einige seiner besten Truppen nach Eriwan geworfen und Anstalten zur Vertheidigung von Sardar-abad getroffen hatte, gegen Nakhschiwan. – Der Schah hatte sich bereits im Anfang des Septembers nach Teheran zurückbegeben, indem er den Assuf ed Daulah mit einem starken Truppencorps in Aserbeidschan, zur Vertheidigung dieser Provinz zurückließ.

Diese Sorglosigkeit des Schah, die um so unbegreiflicher erscheint, da die Unfähigkeit seines Premierministers sich bereits bei Gelegenheit des Treffens vor Abbas-abad gezeigt hatte, betrachten wir als die Hauptursache aller Unfälle, die vom Ausgang des Monats September an Persien, im Laufe weniger Wochen, gleichsam Schlag auf Schlag trafen, und die Friedensbedingungen, die bisher ihrer Härte wegen zurückgewiesen worden waren, bald von Seiten des russischen Cabinets zu einer Gunst machten.

General Paskewitsch, der im Verlauf des Septembers bedeutende Verstärkungen aus Georgien an sich gezogen hatte, begann am 26 dieses Monats die Belagerung von Sardar-abad, wo Hassan Khan, der Mittel gefunden hatte, unter dem Schutze der Nacht hinein zu gelangen, den Befehl führte. In der Nacht vom 28 wurden die Laufgräben eröffnet, und bereits am 30 war durch das Feuer einer indessen errichteten Batterie ein großer viereckigter Thurm in der Mauer der Festung niedergeworfen. In der folgenden Nacht wurde eine zweite Batterie errichtet, welche die Bresche erweiterte, während vier Mörser bedeutenden Schaden in der Stadt anrichteten. Hassan Khan verlangte jetzt einen Waffenstillstand von drei Tagen, der aber verweigert wurde; worauf er in der Nacht zum 2 October seine Sicherheit in der Flucht suchte. Die Garnison, die sich im Ganzen auf ungefähr 1500 Mann Infanterie (Sarbas) und Reiter belief, folgte seinem Beispiel, und zerstreute sich, nachdem sie den Platz verlassen hatte, in der Steppe; doch wurde ein großer Theil derselben von der russischen Cavallerie erreicht und niedergehauen, oder gefangen, während die Infanterie durch die Bresche in die unvertheidigte Stadt eindrang.

Unmittelbar darauf marschirte General Paskewitsch gegen Eriwan. Am 6 October kam er vor den Mauern dieser Stadt an, und in der Nacht vom 7 wurden die Laufgräben eröffnet. Sechs Tage lang wurden die Belagerungsarbeiten mit dem unabläßigsten Eifer fortgesetzt; am 12 war eine Batterie errichtet, die in diesem bisher für uneinnehmbar gehaltenen Ort bald Verwirrung und Entsetzen verbreitete. Als am 19 die Bataillone von der russischen Garde, welche einen Theil des Belagerungscorps bildeten, die Bresche erstiegen, fanden sie keinen Widerstand, obgleich der tapfere Hassan Khan selbst sich, nachdem er Sardar-abad geräumt, nach Eriwan geworfen hatte. Die Einwohner erflehten die Gnade der Sieger; die Garnison – dreitausend Mann auserlesener Sarbas – die sich bisher tapfer vertheidigt hatte, streckte das Gewehr. Unter den Gefangenen waren nebst Hassan Khan mehrere der ausgezeichnetsten persischen Offiziere.

(Schluß folgt.)


Türkische Todtenäcker.

Bekanntlich lassen sich viele Türken, weil sie die Existenz ihrer Macht in Europa als blos provisorisch betrachten, nach ihrem Tode auf das asiatische Ufer bringen und daselbst begraben. Dieser Glaube hat den Todtenacker zu Scutari, dem alten Chrysopolis, zum prächtigsten und größten des Orients gemacht.

Ein wunderbarer Anblick, dieses unermeßliche Gebiet des Todes, welches in der Mitte von einer Allee durchschnitten wird, an deren Ende der Kiosk der Sultanin Valide und das Meer mit seinen Inseln erscheint. Ein Wald von Cypressen bekränzt die Allee auf beiden Seiten; überall treten die schönsten und reichsten Grabmäler, grün und roth bemalt und mit Gold verziert, dem aufmerksamen Wanderer entgegen. Ein Palmbaum mit reifen Früchten, ein Rosenstock mit blühenden Rosen auf dem Marmor gravirt, zeigt, daß hier ein Mann ruht, der wohlthätig, dort eine Frau, die schön war; oder man sieht goldene Gefäße mit goldenen Früchten, Körbe mit Trauben, Feigen und Granaten und tausend andere Embleme – Sprüche aus dem Koran dürfen nicht fehlen, – wodurch der schöne und hoffnungsvolle Zusammenhang zwischen Zeit und Ewigkeit symbolisirt wird. Jedes Grab ist ein Blumenbeet.

Man erkennt das Alter des Verstorbenen an der Höhe und an dem Alter der Cypresse, die über seinem Haupt, neben seinem marmornen oder steinernen Turban steht. Jeder Todte hat seinen Baum. Diese großen Cypressenwälder sind es, welche die Ansicht von Smyrna und Konstantinopel so malerisch machen. Sie sind die öffentlichen Spaziergänge, ihre Lage ist immer gut gewählt. Für den Orientalen hat der Tod nichts schreckhaftes, er wendet sein Haupt wenn seine Stunde kommt, nach Mekka und stirbt.

Lebrun, Voyage de Grèce p. 225 folgg.




Der Falernerwein.

Weder Lacrymä Christi noch ein anderer moderner neapolitanischer Wein ist der Horazische Falerner, obgleich Einige den alten Falernus in dem Monte Messico wieder erkennen wollen, statt dessen bessere Autoritäten den Monte Barbero nennen, der aber gegenwärtig wüst liegt.


Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 516. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_538.jpg&oldid=- (Version vom 19.9.2023)