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Das Ausland. 1,2.1828

Sonntag den 11ten. – Um halb 1 Uhr ließ der Capitän Gottesdienst halten, dem vier Eingeborne beiwohnten, und sich dabei mit vielem Anstand betrugen; auch bedeuteten sie ihren Landsleuten auf den Kanoes in der Nähe des Schiffes durch Zeichen, sich still und ruhig zu verhalten.

Mondtag den 12ten. – Eine Deputation von Häuptlingen erschien in lustigem Aufzug in unserem Lager zu Clarence, um den am Sonnabend besprochenen Verkauf der Ländereien definitiv abzuschließen. Capitän Owen begab sich mit ihnen an die abgemarkte Linie und setzte ihnen das Ganze noch genauer zu ihrer völligen Zufriedenheit auseinander, indem er eine Anzahl Bäume an der Grenzlinie bezeichnete und ihnen noch weitere Geschenke versprach. Hierauf brachte er vier derselben mit an Bord, und schloß den ganzen Ankauf damit ab, daß er ihnen die versprochenen Geschenke verabfolgte, und sie mit Palmwein regalirte. Dieß scheint nun das Vertrauen der Eingebornen, welche die zwei oder drei letzten Tage her sich scheu vor uns zurückgezogen hatten, wieder aufs Neue hergestellt zu haben. – Sie kehrten heute, Männer und Weiber, in großer Anzahl zurück.

Dienstag den 13ten. – Einen weitern Beweis des Zutrauens von Seiten der Eingebornen gaben uns diesen Abend ein Mann und ein Knabe, welche durchaus heute Nacht bei uns an Bord schlafen wollten. Es mochte Hoffnung auf Geschenke der Hauptbeweggrund hiezu seyn. So viel ist gewiß, nie traf ich umgänglichere, gutmüthigere Wilde, als diese zu seyn scheinen. – Ich bedaure, für jetzt keine weitere Schilderung ihres Charakters und des Landes geben zu können. Wir sind noch nicht lange genug hier, um den einen oder das andere genauer schildern zu können.[1]

Donnerstag den 15ten. – Heute brachten die Häuptlinge den jungen Menschen zurück, den der Capitän ihnen auf eine Woche zu Erlernung ihrer Sprache mitgegeben hatte. Es wurden nun Ziegelsteine ans Land gebracht, um unsre Schmiede herzurichten. Als die Eingebornen entdeckten, wie sie ihre Messeer schleifen könnten, bezeugten sie eine ungemeine Freude darüber. Das Eisen ist ihr Idol: sie scheinen es seiner Nützlichkeit wegen göttlich zu verehren. – Stücke von eisernen Reifen, Messer, Beile sind Gegenstände ihrer höchsten Wünsche. Der Kleider bedienen sie sich nicht; die Weiber gehen eben so unbedeckt wie die Männer.

Freitag den 16ten. – Die Eingebornen waren heute in solcher Anzahl innerhalb unserer Einschließung, daß wir das Pfählwerk, wodurch wir sie außerhalb des eingefriedigten Marktplatzes zu halten gedachten, abnahmen. – Die Schuld davon liegt theils an unsern Leuten, von denen einige ihre Handwerkszeuge zu verkaufen Lust haben, – theils an den Eingebornen, die auf den Ankauf derselben sehr erpicht sind. – Man kauft ein Schaf um eine Axt.

Nach einem andern Brief aus Fernando Po erfahren wir, daß Capitän Owen mit unermüdlichem Eifer die kleine Kolonie in Aufnahme zu bringen strebt, und dabei an Capitän Harrison eine sehr tüchtige Unterstützung findet. Der Ansiedlungsplatz war bei ihrer Ankunft mit einer Menge großer Bäume und sehr dichtem Junglengestrüpp bedeckt. Letzteres ist nun größten Theils abgeräumt, und von ersteren sind schon sehr viele gefällt. In gewisser Hinsicht ist dieß Schade, da diese Bäume das schönste Gehölz von der Welt sind. Auf dem abgeräumten Boden sind bereits viele Hütten erstanden, Gezelte errichtet, Schmieden erbaut, Sägegruben gegraben u. s. w.

Da diese Pflanzung bei all ihrer Fruchtbarkeit und Ergiebigkeit nur sechzig Meilen im Umfang hat, so kann sie für die Engländer von keiner sehr großen politischen Wichtigkeit werden. Von menschlichem und sittlichem Standpunkt aus betrachtet, kennen wir aber keinen andern Punkt, der von so großer Bedeutung werden dürfte, als dieses Fernando Po. Durch seine Lage beherrscht es beinah den ganzen Sclavenhandel; und kein Punkt auf der Erde ist so geeignet zur Bewachung und Ausrottung dieses schändlichsten aller Gewerbe. Die gegenüberliegenden Theile des Festlandes von Benin bis Biafra u. s. w. sind die Stapelplätze und Stützpunkte dieses Handels, und nicht leicht kann ein Schiff dort aus- oder einlaufen, ohne von dieser neuen Kolonie aus beobachtet zu werden.



Aus Norwegen.

Am 20 Februar d. J. ereignete sich zu Röraas in Norwegen, Stiftsamt Drontheim, 62° 34’ 42" N. B., 8936 Fuß hoch, eine höchst interessante Naturbegebenheit. Es kam nämlich am Abend dieses Tages zwischen 8 und 10 Uhr am ganzen nördlichen Horizont, sowohl nach Osten als nach Westen zu, eines der stärksten und schönsten Nordlichter zum Vorschein, welches man dort jemals erblickte, wobei ein säuselnder Ton in der Luft erklang. Das Thermometer stand während der ganzen Zeit auf 13°, aber da das Nordlicht zu verschwinden oder abzunehmen begann, stieg das Thermometer auf 22°. Den Tag darauf wechselte es von 10° bis 14°, doch den 24ten Morgens um 7 Uhr 10 Minuten war das Quecksilber aus der Röhre gänzlich verschwunden, und hatte sich in dichter Masse in der Kugel des Instruments concentrirt. Eben so war von einigen Pfund Quecksilber, welches sich in einer Kruke auf einer Materialkammer befand, nur eine sehr kleine Quantität flüssig geblieben; und als man nun das noch flüssige in eine Glasschale goß, blieb in der Kruke ein fester Klumpen zurück, der, wenn man ihn schüttelte, einen Ton von sich gab, wie ein Stück Blei. Darauf wurde die Glasschale mit dem flüssigen Quecksilber in denselben Luftzug wie das Thermometer gesetzt, und nach Verlauf einer halben Stunde war auch jenes zu einem Klumpen geronnen, der Aehnlichkeit mit Zinn hatte, und gleich diesem dem Druck einer Pfrieme widerstand. Um 10 Uhr des Vormittags wies das Quecksilber in der Thermometerröhre wieder auf 35°, und von dieser Zeit an stieg es jede dritte Stunde 1°, welche Gradation bis den 26 Februar Vormittags 11½ Uhr bei starkem Schneegestöber noch dieselbe blieb.



  1. Ein bedeutendes Hinderniß ist auch, daß wir ihre Sprache nicht kennen, und nur einen sehr schlechten Dolmetscher haben.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 524. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_546.jpg&oldid=- (Version vom 2.10.2023)