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Das Ausland. 1,2.1828

zurückdrängt; oder wenn er durch die elenden engen Straßen der Stadt wandert, und ihm die Kettenzüge der Sclaven begegnen, hinter denen der Ausrufer geht: Nro. 1, ein schöner junger Mann, fünfhundert Piaster; Nro. 2, ein etwas älterer, aber noch gesund und stark, vierhundert Piaster u. s. f.“ – wer wollte sich nicht mit Unwillen von solchem Schmutz und Greuel wegwenden!

Wenn wir indessen tiefer in die Scene blicken und das Schicksal der Sclaven Muskat’s mit dem dieser Unglücklichen in unsern Ländern vergleichen, die so wenig ganz von der Schmach jenes Handels frei zu sprechen sind, daß vielmehr fast keine Macht des civilisirten Europa’s ihren fortdauernden öffentlichen oder geheimen Antheil daran abläugnen kann, so müssen wir der Wahrheit zu Ehren den asiatischen Nationen einen höhern Grad der Humanität zuerkennen, als wir selbst besitzen.

Den Sclaven im Orient erwartet, wenn er sich gut anläßt, die Lage eines begünstigten Domestiken. Gewöhnlich ist der Uebertritt zur Religion seines Herrn die erste Stufe, auf welcher er zu dessen Gunst gelangt. Einige Seehäfen ausgenommen, ist seine Arbeit selten hart. In Asien gibt es keine Pflanzungen, welche von Sclaven bebaut werden, keine Manufakturen, wo sie sich von Morgens früh bis in die späte Nacht abarbeiten: ihre Beschäftigung ist ganz häuslich, eine gute Aufführung wird mit Wohlwollen und Zutrauen belohnt, und bringt sie in die Gemeinschaft derer, denen sie angehören. Auf dem Stand des Sclaven (term gholam) haftet in mahommedanischen Ländern nicht der Begriff der Schande. Die Georgier, Nubier und Abyssinier, wie die Sidi oder Caffri — der Name der wollhärigen Afrikaner — werden gewöhnlich verheirathet, und ihre im Haus gebornen Kinder (khâna-zadeh) machen, so zu sagen, einen Theil der Familie aus. Sie werden als die anhänglichsten betrachtet; oft erben sie einen beträchtlichen Theil des Vermögens ihrer Herren, und nicht selten, mit Ausnahme der Caffri, verwischen sie durch eine Heirath in die Familie, oder durch eine andere gleich ehrenvolle Verbindung, jede Spur ihrer Abkunft.

Nach den Gesetzen der Muselmänner gibt es in der Sclaverei zwei Abstufungen: eine, wo die Sclaverei absolut ist, wo der Sclave mit allem, was er ist und hat, seinem Herrn angehört; eine zweite, wo der Sclave, ob er gleich vor seiner Freilassung weder Eigenthum erwerben noch erben kann, doch gewisse Rechte genießt, z.B. daß er nicht mehr verkauft werden darf. Eine Sklavin, die ihrem Herrn ein Kind geboren hat, ist von der privilegirten Klasse; eben so ein Sclave, dem sein Herr gegen die Bezahlung einer gewissen Summe oder auf den Fall seines Todes die Freiheit versprochen hat.

Im Koran und in allen seinen Auslegungen sind die stärksten Aufmunterungsgründe für die Freilassung der Sklaven enthalten: so daß mancher fromme Muselmann ein kleines Stück Land seinem Sklaven schenkt, oder ihn ein Handwerk lernen läßt, damit er durch Fleiß und Sparsamkeit die zur Erkaufung seiner Freiheit erforderliche Summe selbst erwirbt, während er dadurch zugleich diejenige sittliche Tüchtigkeit sich aneignet, die ihn der großen Gabe würdig macht.

Vornehmlich vortheilhaft wirkt auf die Freilassung der Sclaven jenes Gesetz, welches ihnen das Recht einräumt, einen Herrn mit zu beerben, der eine Person, die von ihm die Zusage der Freiheit erhalten hat, bei seinem Ableben noch besitzt.

In einer Beziehung werden sie mit den freien Weibern auf gleichen Fuß behandelt, d. h. für Verbrechen, die sie begehen, trifft sie nur die Hälfte der Strafe, die ein freier Mann zu erleiden hat. Dieses Gesetz beruht auf den Gründen, daß man bei ihnen nicht denselben Grad der Zurechnungsfähigkeit und Verpflichtung, wie bei den andern Gliedern der Gemeinde, voraussetzt. Die Anwendung eines solchen Grundsatzes ist jedoch in der Rechtspflege in Fällen, wo auf Tod oder Amputation zu erkennen wäre, eine wahre Verlegenheitspartie für die weißen Mollas, die sich eben nicht besser aus der Schlinge zu ziehen wußten, als daß sie den Gegenstand durch Folianten kritisch-exegetischer Beleuchtungen welche sie darüber schrieben, noch dunkler machten, ohne daß sie, so viel ich weiß, eine Formel erfunden hätten, wornach ein straffälliges Weib oder ein Sclave mit dem halben Verlust des Lebens oder des Arms, des Beins, des Ohrs u. s. w. bestraft werden könnte.

(Forts. folgt.)


Sutties im brittischen Ostindien.

Ungeachtet aller Bemühungen ist es der brittischen Regierung noch nicht gelungen, der grausamen Sitte Einhalt zu thun, nach welcher die überlebende Gattin es für ihre Pflicht hält, nach dem Tode ihres Mannes sich mit seinem Leichnam, oder auch nur mit Kleidungsstücken von ihm selbst zu verbrennen, und – wie dieß in der Landessprache heißt – eine Suttie zu werden. Im Jahr 1826 verbrannten sich auf diese Weise

unter 200
Jahren
zwischen0
20 u.400
Jahren
zwischen0
40 u.600
Jahren
über 600
Jahr
Zusam-
men
von der Brah-0
minenkaste
11 103 102 35 251
von andern
Kasten
13 115 132 61 321
_____ _____ _____ _____ _____
24 218 234 96 572

Von den vierundzwanzig jungen Geschöpfen, welche dieses grausamen Todes starben, war die eine 13, eine andere 11 und eine sogar nur 9 Jahre alt. Der letzte Fall wurde von den Behörden für einen Mord erklärt und die dabei thätigen Personen zu gerichtlicher Verantwortung gezogen.

Asiatic Journal.


Thomas Park’s Tod.

Thomas Park’s Tod, des Sohnes des berühmten Mungo Park, ward nicht durch Gift veranlaßt, das ihm, wie man sagte, Fetischpriester beigebracht haben sollten; er starb vielmehr am gelben Fieber, den 31 Oktover 1827, nach neuntägiger Krankheit. Akito, der König von Aquambo, in dessen Gebiet Park starb, soll ihn mit der größten Theilnahme behandelt und sogleich nach seinem Tode dem Capitain Fry, dem Commandanten von Accra, Nachricht davon gegeben haben, mit dem Bemerken, daß einige Personen abgeschickt werden möchten, um Parks Effecten in Empfang zu nehmen. Dieß geschah, und jene Effecten sind nun auf dem Schiffe Esk in England angekommen.

Carlisle Patriot.


Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 596. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_622.jpg&oldid=- (Version vom 12.5.2023)