Seite:Das Ausland (1828) 629.jpg

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geltend zu machen sucht. Constantin Maurocordato, dieser außerordentliche Mann, dem die Bewohner der Fürstenthümer Bildsäulen hätten aufrichten sollen, wenn sie nicht zu indolent wären, um etwas anders zu thun als zu essen, zu schlafen und zu sterben, Maurocordato war der erste, der die Sprache des Landes festzustellen suchte. Im J. 1775 schrieb er eine Grammatik, nachdem er zuvor mit Hülfe slavonischer und griechischer Buchstaben ein Alphabet entworfen hatte. Er ließ Bibeln vertheilen, und befahl, daß die heilige Schrift regelmäßig in den Kirchen vorgelesen würde. Sein ernster Wille siegte über vielfache Hindernisse, und nach mehreren Jahren hatte er es wenigstens dahin gebracht, daß mehrere Bojaren lesen gelernt hatten.

Auffallend ist es, daß man in diesem Lande der Unwissenheit das Neugriechische reiner als selbst in Griechenland, Janina vielleicht allein ausgenommen, spricht. In der Wallachei ist dieß die Sprache der feineren Welt; sie wurde von allen angenommen, die irgend Auszeichnungen von dem Hospodar zu erhalten strebten. Die Berührungen der Einwohner mit den Griechen des Phanars sicherten dieses Idiom vor der Rohheit des Sclavonischen, und vor dem barbarischen Jargon der Nachkommen der Dacier. Weniger als in der Wallachei wird das Griechische in der Moldau gesprochen; hier herrscht im Allgemeinen das Französische und das Deutsche vor.

(Schluß f.)


Persische Skizzen.


(Fortsetzung.)
Die arabischen Pferde.

Der Eltschi – so nannten die Perser den Gesandten – war von alter Zeit her in gutem Andenken in Abuschir, wo er seinem Namen durch die Einführung der Kartoffel, Elau i Malkom, d. h. Malkom’s Pflaume, ein bleibendes Denkmal gesetzt hat. Wir befanden uns daher bald mitten in einem lebhaften Verkehr, und in unserm Lager ging es zu wie auf einem Maulthier- und Pferdemarkt. Da in Persien Niemand zu Fuß geht, so mußten wir uns alle, Herrn und Diener, öffentliche und Privatpersonen, beritten machen. Wir brauchten Pferde von jeder Sorte, von dem gemeinen persischen Klepper (Yabu) an bis zu den edlen Thieren des rein-arabischen Blutes (Redschi-Pâck), deren Zucht auf der persischen Küste mit eben so viel Sorgfalt für die Erhaltung der Race betrieben wird als in Arabien selbst.

Heider, der Jagdmeister des Eltschi, theilte uns das Erforderliche in Betreff der arabischen Pferde mit. Er konnte uns eine Stunde lang über die Eigenschaften eines Füllens unterhalten, das, ob es gleich noch undressirt war, bereits alle Vorzüge seines Vaters und seiner Mutter, deren Geschichte so wie die ihrer Voreltern er genau kannte, in sich vereinigen mußte. Heider, der selbst an fünf oder sechs berühmten Zuchtstuten Antheil hatte, sagte mir, daß manchmal eine Stute das gemeinschaftliche Eigenthum wohl von eilf oder zwölf Arabern sey, was mit den Gruppen halbnackter Bursche zusammen traf, die, wie ich bemerkte, jedesmal den Verlauf eines Handels mit Aengstlichkeit beobachteten. Sie können bei solchen Gelegenheiten die Heftigkeit ihres Temperaments nicht immer verbergen, und ich sah oft, daß einige in der Wuth ihre struppigen Füllen wegführten, wenn ein unwissender Indier oder Europäer das Blut der Daghi oder Schomiti oder sonst berühmter Väter oder Großväter durch ein unverhältnißmäßig niedriges Anbot entwürdigt hatte.

Die Araber legen weit mehr Werth auf ihre Stuten als auf ihre Hengste; doch werden letztere manchmal zu einem enormen Preis angeschlagen. Als der Eltschi auf der Rückreise von seiner ersten Sendung in der Nähe von Bagdad gelagert war, ritt ein Araber einen Braunen von außerordentlicher Gestalt und Schönheit vor seinem Zelt auf und ab, bis er seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Auf die Frage, ob das Pferd feil sey, sagte der Araber: „Was gebt ihr?“ „Es kommt auf das Alter an; ich denk, es ist fünfjährig.“ „Rathet noch einmal.“ „Vierjährig.“ „Seht ihm einmal in’s Maul,“ sagte der Araber lächelnd. Bei der Untersuchung fand sich, daß es kaum dreijährig war. Dieses Alter, die prächtige Haltung und das vollkommene Gleichmaß aller körperlichen Verhältnisse, wodurch sich das herrliche Thier auszeichnete, erhöhten seinen Werth beträchtlich. „Ich gebe fünfzig Tomans [1]“ „Ein wenig mehr.“ „Achtzig! – Hundert!“ Der Araber lächelte und schüttelte den Kopf. Das Angebot kam zuletzt auf zweihundert Tomans. „Gut, sagte der Araber mit sichtbar zufriedener Miene. Ihr dürft mich nicht weiter versuchen, weil es Euch doch nichts nützt; Ihr seyd ein feiner Eltschi; Ihr habt schöne Pferde, Kameele und Maulthiere und man hat mir gesagt, daß ihr ganze Lasten von Gold und Silber besitzt; jetzt möchtet Ihr mein Füllen, aber Ihr bekommt es nicht für alle Eure Schätze.“ Dieß gesagt, ritt er stolz zurück in seine Wüste.

Wir erkundigten uns bei einigen Offizieren des Pascha von Bagdad nach dem Araber, den sie aber nicht kannten. Unserer Beschreibung zu Folge vermutheten sie, daß er der Sohn oder der Bruder eines Häuptlings, vielleicht selbst ein Häuptling war; solche Araber, sagten sie, könne kein Geld verführen, ein Pferd dieser Art zu veräußern.

Später erzählte ich die Begebenheit Abdolla Aga, dem vormaligen Statthalter von Bossora, der sich in Abuschir aufhielt, wohin er sich aus der Türkei geflüchtet hatte. „Die Streitigkeiten, sagte Abdolla, die ich zwischen den arabischen Stämmen wegen entführter Pferde zu schlichten hatte, machten mir viele Mühe; denn in der Regel handelte es sich nicht sowohl um den Werth der Thiere, der oft gerne zehnfach ersetzt worden wäre, als um die eifersüchtige Besorgniß, Nachbarn möchten in den Besitz einer Zucht kommen, die ein Stamm sich ausschließlich erhalten wollte. Ein arabischer Scheikh, fuhr er fort, ungefähr zwanzig Stunden von Bossora, besaß eine sehr beliebte Race. Er verlor eine seiner

  1. Der Toman, eine Goldmünze nahezu im Werth von 1 Pf. Sterl.
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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828Seite=603, Seite {{{Seite}}}. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_629.jpg&oldid=- (Version vom 2.10.2023)