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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

Bildsäule stehen, ohne daß er den Eltschi, der ihm mit der Hand winkte, Platz zu machen, einer Aufmerksamkeit würdigte. Der Eltschi sah sich nach dem Minister um; auch dieser war stumm und stierte, mit über einander gekreuzten Armen, vor sich auf den Teppich hin. Der junge Prinz, der sich bis jetzt mit derselben schweigsamen Würde, wie die Andern, benommen hatte, ersuchte nun den Eltschi, sich zu setzen, was dieser mit einer tiefen Verbeugung gegen ihn und einem Blick voll Verachtung auf den Minister that. Hierauf wurden die gewöhnlichen Erfrischungen gereicht; kaum war jedoch diese Ceremonie vorbei und noch hatte der zweite Gang nicht angefangen, als der Eltschi den Prinzen um Erlaubniß bat, sich zu entfernen, und ohne die Antwort abzuwarten aufstand und sich zurückzog.

Da der Minister sah, daß die Sache diese Wendung genommen hatte, so that er versöhnende Schritte zuerst selbst und dann durch den Mehmandar Mahommed-Scherif-Khan, den er abschickte, daß er mit dem Eltschi reden sollte. „Möge Tscheragh-Ali-Khan wissen,“ ward ihm zur Antwort, „daß der Repräsentant Englands nicht in Schiras bleibt, um sich neuen Beleidigungen auszusetzen. Sage ihm, wie zwar die Achtung für den König mich abgehalten hat, die Rücksichten gegen den Prinzen, der noch ein Kind ist, aus den Augen zu setzen; wie sich aber diese Rücksichten nicht auf einen Minister erstrecken, der so wenig weiß, was er der Ehre seines Gebieters und seines Landes schuldig ist, daß er sich nicht schämt, einem fremden Gesandten wortbrüchig gegenüber zu erscheinen.“

Dieser Bescheid, den der Eltschi laut und in unwilligem Tone gab, indem er sich zu Pferde setzte und augenblicklich weg ritt, verfehlte seine Wirkung nicht. Nun denke man sich die Verlegenheit und Bestürzung der Hofleute, die eben noch triumphirten, dem Eltschi den Sitz ein paar Schuhe niederer zu setzen, als er sich eingebildet habe. Die Mirzas und Omras eilten einer nach dem andern daher und wandten sich an verschiedene Personen vom Gefolge mit der Bitte, ihn zu besänftigen. Als aber vollends zum Aufbruch des brittischen Lagers Befehl gegeben wurde, da langten Botschaften über Botschaften an: „Der Eltschi legt doch auf eine Kleinigkeit gar zu viel Gewicht;“ – „es war ein Mißgriff von meinem Ceremonienmeister; ist es der zürnende Eltschi zufrieden, wenn ich ihn verungnade – wenn ich ihn bestrafe – wenn ich ihm die Bastonade geben – wenn ich ihn die Augen ausstechen – wenn ich ihm den Kopf abhauen lasse?“ Umsonst. Auf alle Ausflüchte nur Eine Antwort: „Tscheragh-Ali-Khan erklärte schriftlich, daß er die Uebereinkunft gebrochen hat, und daß er mich um Verzeihung bittet; wenn mir ein solches Papier eingehändigt wird, so bleibe ich, wo nicht, so verlasse ich Schiras.“ Endlich verzweifelnd, den Entschluß des Eltschi zu ändern, gab der Minister die verlangte Erklärung, mit dem Beisatz, wenn ja ein Wort zu den Ohren Sr. Majestät kommen sollte, daß der Eltschi gekränkt worden, so können die, welche Seine brittische Excellenz um Ihre gute Laune gebracht hätten, nicht streng genug bestraft werden. Darauf ließ der Eltschi zurückschreiben, wie ihm diese Erklärung völlig genüge, und er um aller Welt nicht wolle, daß um seinetwillen irgend jemanden in Persien, am wenigsten seinem theuern Freunde Tscheragh-Ali-Khan etwas zu Leide geschehe, und auf unsers Mirza-Aga-Mir’s besonderes Verlangen und nach seiner Angabe schloß der Brief mit der Versicherung: „Alle widrigen Erinnerungen seyen ausgethan aus der Gedächtnißtafel des Eltschi, und jetzt stehen darauf nur noch die zwei Worte mit goldener Schrift: Freundschaft und Eintracht.“

Am folgenden Tag stattete der Minister einen langen Besuch ab und bestand darauf, daß der Eltschi den Prinzen noch einmal sehen sollte. Wir gingen – aber welcher Unterschied in unsrer Aufnahme! Welche Aufmerksamkeit von allen Seiten! Der Ceremonienmeister verneigte sich fast bis auf den Boden, und obgleich der Eltschi nur seinen bestimmten Sitz einnehmen wollte, so war das dem Prinzen und dem Minister nicht genug; statt blos einen Schenkel auf den früher unnahbaren Nemmed zu bringen, mußte er ganz hinauf. Das war eine Gunst und eine Auszeichnung (miherbâni ser-afrâzi)!

(Fortsetzung folgt.)


Beaumonts Reisen in Buenos-Ayres.


(Schluß.)

„Unter den wilden Indianern (so nennt man die, welche sich von der Herrschaft der Spanier frei erhalten haben) bemerkt man noch die eigenthümlichen Grundzüge dieser Menschenrace, deren Blut rein von europäischer Beimischung geblieben ist. Ihre Sitten aber haben durch die flüchtige Berührung mit den Ansiedlern einige Aenderung erlitten, wiewohl nicht gerade zu ihrem Vortheil. Besonders schädlich wirkt die Gewohnheit, stark gebrannte Wasser zu trinken. Diesen Indianern ist übrigens Kunstfleiß eben so wenig fremd, als denen, welche von den Europäern zu den schon civilisirten gerechnet werden. Sie verfertigen Lassos, Bälle, Riemenwerk, Peitschen von Leder, Steigbügel aus einem Stück Holz, das sie in dreieckige Form biegen, andere fleißig geschnitzte Arbeiten, als kleine Schachteln, Wedel von Straußfedern, denen sie lebendigfrische Farben zu geben wissen. Sie machen auf Tiger, Löwen, Panter und Marder Jagd und sammeln ihre Häute. Auch verfertigen sie Stiefel (botas de potro) aus den Hinterbeinen junger Pferde. Hiezu wird die Haut gegen die Mitte des Schenkels rundum und ebenso etwa neun Zolle über der Fessel durchschnitten. Dann streift man sie ab; der obere Theil bildet den Schaft des Stiefels, die Kniebeuge wird die Ferse, die übrige Haut bedeckt den Fuß und läßt an der Spitze eine Oeffnung, durch welche sie die große Zehe stecken. Diese Stiefel werden von Haaren gereinigt und an den Fuß gepaßt, so lange die Haut noch feucht ist; sie schrumpft dann zusammen und gewinnt die gehörige Form, ohne daß man sich weitere Mühe zu geben braucht. Wenn sie reiten, steht die

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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 634. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_660.jpg&oldid=- (Version vom 23.11.2023)