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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

und erzeugt Arbeitscheue. Die Sitten des Landes, Verführung und böses Beispiel von allen Seiten, der Spott und die Neckereien der Müssiggänger, Alles vereinigt sich, den Arbeiter zu einem Trunkenbold und faullenzenden Tabakraucher zu machen. So wird der Eingewanderte bald dahin gebracht, daß er mit den Eingebornen auf gleiche Stufe zu stehen kommt, und folglich wird der englische Ankömmling, obgleich er sich durch Arbeit einen reichlicheren Lebensunterhalt als in England verschaffen könnte, in Buenos-Ayres nicht besser, ja sogar nicht einmal so gut, als in seiner Heimath sich befinden. Er hat dort nicht so große Reinlichkeit, nicht so gute Kleidung, nicht so gute Wohnung; selten kann er sich Geld zurücklegen oder seine Umstände verbessern. Ich kannte einen großen Theil dieser Verhältnisse, bevor ich England verließ, da ich mich darüber mit Don Manuel Sarratea, Gesandten am englischen Hofe, besprochen hatte, dessen Offenherzigkeit und Redlichkeit gar sehr gegen den Charakter Rivadavia’s absticht, dem er als Gesandter folgte; er versicherte mich von allen diesen Thatsachen, die ich hier vorlege. Er sagte: er habe Leute gesehen, die von Großbritannien mit dem Vorsatze, sich gut aufzuführen, unermüdet zu arbeiten und Geld zu ersparen, angekommen wären. Sie hielten diesen Entschluß das erste Jahr ganz wohl, im zweiten bemerkte man bereits eine traurige Erschlaffung, und im dritten waren sie um nichts besser, als die Einwohner des Landes.“



Die Goldminen auf der Insel Aruba.

Es ist eine durch die Zeitungen hinlänglich bekannt gewordene Thatsache, daß erst im Jahr 1824 auf Aruba, einer der westindischen Inseln, die den Niederländern gehört, in der Nähe von Curaçao, Gold entdeckt und bei fernerem Nachsuchen bald in reicher Menge gefunden worden ist. Die im Jahr 1826 an das Ministerium abgelieferte Quantität betrug 71 Pfd. 1 Unze und 3 Loth, niederl. Gew.; und es ist merkwürdig, daß die auf Aruba gefundenen Goldklumpen eine Schwere haben, von der man wenig Beispiele kennt. Im Pariser Museum wird ein Stück von der Schwere von 5 niederl. Unzen als eine große Seltenheit aufbewahrt, dagegen hat das Leydener Museum mehrere auf Aruba gefundene Stücke aufzuweisen, die mehr als ein Pund wiegen und eines von 6415/1000 Pfunden. Die Feinheit beträgt 892/1000 oder 21 Karat, 49/10 Gr.; der Werth des Goldes von Aruba ist daher (die Mark fein zu 400 fl. angenommen) 144991/100 fl. das niederl. Pfd., und der Ertrag des Ganzen bisher über 100,000 Gulden d. J. – Wie in den meisten Gegenden von America und Europa, wo Gold gefunden wird, z. B. in den Golddistricten von Mexico und Ungarn, gehört der feste Boden von Aruba einem Uebergangsgebirge an, welches die unter dem Namen Hornblende bekannte Erdart in sich faßt. Ungeheure Steinblöcke sind über die ganze Oberfläche der Insel verstreut, die aus Syenit bestehen, einer Gebirgsart, die hauptsächlich durch die darin eingeschlossene Hornblende vom Granit unterschieden ist. Abwechselnd mit dem Granit ist auch hier, wie gewöhnlich, der Diorit (Grünstein), besonders aber, wegen des überwiegenden Talkes, Serpentinstein, in und zwischen dem in großen dicken Lagen magnetisches Eisen u. a. verwandte Erze gefunden werden. Die Bergreihen auf dem nordöstlichen Theil der Insel, zwischen denen die goldführenden Thäler gelegen sind, scheinen ganz aus Serpentinstein zu bestehen. Der lose Grund dieser Thäler enthält gleichfalls Stücke dieses Gesteins, jedoch mit Syenit vermischt; und er gleicht daher ganz dem goldführenden Terrain, das in Brasilien den Namen Cascalhao trägt, d. i. eine Thonerde, mit vielen Stücken Syenit und Grünstein oder Serpentin durchmengt. Curaçao hat denselben Boden, wie Aruba, und es ist durch die Berichte naturkundiger Reisenden bekannt, daß auch andere Inseln der Antillen, namentlich Cuba, eine ähnliche Formation von Syenit und Serpentinstein, in abwechselnden Lagern, zeigen. – Sehr merkwürdig ist die Lage der Goldstücke in dem erwähnten losen Boden, und ihre Beschaffenheit und Gestalt, indem man sich bei genauerer Betrachtung des Gedankens nicht erwehren kann, daß sie an Ort und Stelle geformt und gleichsam geschmolzen sind. Sie sind nämlich alle rund, knollenartig, uneben, haben viele Ungleichheiten und Höhlungen und befassen häufig kleinere Stücke Erde oder Steinchen, als wären sie um dieselben oder zwischen denselben geschmolzen. Unbedeutend dagegen ist die Quantität Gold, welches die das Serpentingebirge durchsetzenden Quarzadern in kleinen, oft kaum sichtbaren Theilchen geliefert haben. So bestätigt sich daher auch hier die Wahrnehmung, daß überall das aus dem losen Boden ausgewaschene Gold ohne Verhältniß mehr beträgt als das, welches in den Minen der in der Nähe gelegenen Berge gewonnen wird. Alles Gold von Columbien und Brasilien, so wie der größte Theil dessen von Mexico, Peru und Chile, ist ausgewaschenes Gold. Auf keine Weise läßt sich annehmen, daß diese großen Quantitäten Gold, die man in losem Boden findet, ihren Ursprung den in der Nähe gelegenen Gebirgen verdanken; oft macht die Beschaffenheit des Bodens es geradezu unmöglich, daß dasselbe durch Abspühlung an seinen jetzigen Platz geführt worden seyn könnte. Außerdem besteht auch ein großer Unterschied zwischen dem losen Gold und dem in Minen gegrabenen, indem das erstere sich, wenn es – wie auf Aruba – in größeren Stücken vorkommt, unregelmäßig von Gestalt und gleichsam geschmolzen zeigt, und durchgehends feineren Gehalts ist, als das Minengold. Im Allgemeinen wird das lose Gold häufig in einem Boden gefunden, in welchem die unverkennbarsten Spuren der Zerstörung eines früheren Gebirges durch Zerreissen, Einstürzen, Zerfallen und Auflösen sichtbar sind; oft sind diese Erscheinungen mit andern gepaart, die man als die Wirkungen einer früheren starken Hitze und einer unterirdischen, von unten aus der Tiefe nach oben getriebenen Kraft betrachten muß. In Verbindung hiermit ist zu setzen, was durch die Forschungen der neueren Zeit mehr und mehr wahrscheinlich geworden ist, daß die Gänge und Klüfte, die wir in den Gebirgen sehen, durch eine gewaltige, von unten nach oben wirkende Hitze mit den verschiedenen Stoffen, die das Ganggestein ausmachen und besonders mit Metallen und Erzen ausgefüllt worden sind, so wie diese metallischen Elemente selbst aus erhitzten und Dämpfen ausgesetzten Stoffen, die aus der Tiefe empor gehoben wurden, entstanden zu seyn scheinen. Eine solche Wirkung kann Statt gehabt haben, ohne daß sie mit denselben Erscheinungen begleitet war, die ein eigentlich vulcanisches, oder wirklich brennendes Terrain darbietet; so kann dieselbe namentlich auch bei Curaçao und Aruba angenommen werden, wo sich keine Spuren früherer oder späterer vulcanischer Erscheinung zeigen.

Nieuwe Verhandelingen der eerste klasse
van het koninklijk Nederlandsche
Institut van Wetenschappen enz. te
Amsterdam. 1 Deel, p. 265-281.


Empfohlene Zitierweise:
Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 636. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_662.jpg&oldid=- (Version vom 23.11.2023)