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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

daß dieses Land sich seit dem Schlusse des Krieges in einer wichtigen Krisis befindet; in der That, alle Staaten Europa’s waren gezwungen, große Anstrengungen zu machen. Das allgemeine Verfahren derselben war, ihre innere Lage zu untersuchen, alle ihre Hülfsquellen zu eröffnen und ihre Kräfte zusammenzuhalten, um dieselben für den Fall des Bedarfes im Frieden oder im Kriege zur Hand zu haben. Dieses Land hat dasselbe gethan; doch zeigt sich hier ein großer Unterschied; unter den Vorbereitungen, welche jene getroffen haben, finden wir auch die, alle Veranlassungen zu innerem Zwiespalt auszugleichen, und namentlich allen religiösen Theilungen ein Ende zu machen. Diesen wichtigen Theil unserer Pflicht haben wir versäumt; wir haben gespart und scheinen vergessen zu haben, daß wir alles Andere aufopfern könnten, sobald wir uns durch innere Einigkeit gestärkt hätten. Ich will mich nicht über die Wahrscheinlichkeit eines Krieges verbreiten; aber angenommen, ein solches Ereigniß trete ein. Ich frage, mit welchen Gefühlen könnten wir, bei dem gegenwärtigen Zustande von Ireland, dasselbe betrachten? Wir mögen Macht haben, Reichthum, Industrie und Unternehmungsgeist; so dürfen wir doch die Wirkungen der Zwietracht an unserem eigenen Heerde nicht übersehen. Diese verstopft unsere Hülfsquellen, lähmt unsere Produktionskraft, verdoppelt unsere Ausgaben, wirkt unseren Anstrengungen auf allen Seiten entgegen, setzt uns der Beobachtung der Fremden bloß und ladet sie ein zu Angriffen. Ganz Europa kennt diese Thatsachen; es ist nicht eine unter den Mächten, mit denen wir in einen Krieg verwickelt werden könnten, die nicht ihr Auge auf das gerichtet hätte, was sie für den verwundbaren Theil unseres Reiches hält. Dieß sind die Gründe, auf welche ich mich stütze, indem ich meinen Aufruf an das Haus der Gemeinen richte und durch dasselbe an das Volk von England; und ich weiß dieser Aufruf wird beantwortet werden; ich vertraue darauf, daß dieß an dem Schlusse dieser Debatte geschehen wird; aber, ob heut oder morgen, so weiß ich doch gewiß, daß es geschehen muß. Es giebt nicht wenige unter den Mitgliedern dieses Hauses, die überzeugt sind, daß die Frage zuletzt zu Gunsten der Katholiken entschieden werden muß; nur wünschen sie dieß noch auf eine spätere Periode zu verschieben: ich frage diese, wenn die Entscheidung zuletzt doch erfolgen muß, warum dieß nicht jetzt geschehen soll, wo es noch Zeit ist, einer Handlung der Gerechtigkeit das Ansehen einer That der Großmuth zu geben. Möge das Haus daher das Werk der Union endlich zu Stande bringen und vollenden, was es angefangen hat! Möge es in der Wirklichkeit ausführen, was dem Namen nach bereits vorhanden ist; möge es die großartigen Erwartungen der Männer erfüllen, welche zuerst jene Maßregeln vorschlugen, und möge es nach der Ansicht handeln, die Mr. Pitt aussprach, als er sagte:
 - paribus se legibus ambae
Invictae gentes aeterna in foedera mittant!

Mr. North begriff nicht, wie man eine Gefahr davon befürchten könne, zwanzig oder dreißig wohlerzogenen und achtungswerthen Katholiken einen Sitz im Parlamente einzuräumen; während man nicht im Stande sey, zu verhindern, daß die Katholiken in Ireland ihr eigenes Parlament haben – die katholische Gesellschaft (Catholic Association) – zu welchem der Zutritt allen offen stünde, und über welches weder die Regierung, noch die gesetzgebende Gewalt eine Controlle ausüben könne.

(Schluß folgt.)

Volksbildung in England.


(Fortsetzung.)

Diejenigen Schriften, die zuerst nach diesem Plane erschienen, fielen vorzugsweise in die Klasse der technologischen und Unterhaltungsschriften. Indessen arbeiteten die Beförderer der Volkskultur, um einer einseitigen Richtung der Bildung und des Geschmacks zu begegnen, sehr bald darauf hin, daß auch die Zahl der historischen, politischen und moralischen Schriften, nach derselben Methode bearbeitet, vermehrt würde. Mehrere treffliche der Art sind bereits erschienen, wie das Elementarwerk über Nationalökonomie von Marshal, und es ist nicht zu zweifeln, daß ihre Zahl bald wachsen werde. Der Impuls ist einmal gegeben und die Bahn geöffnet; es fehlt weder an hochherzigen Vaterlandsfreunden, die für das Wohl ihrer Mitbürger uneingennützig arbeiten, noch an Buchhändlern, welche diesen neuen Industriezweig benützen.

Außer diesem Mittel, durch wohlfeile Druckschriften Unterricht und Kenntnisse den ärmern Klasse näher zu bringen, boten sich den Beförderern der Volkskultur noch andere Methoden dar, welche ähnliche Hülfe gewähren. Vor Allem richteten sie ihre Aufmerksamkeit auf die Bildung von Bücherklubs oder Lesegesellschaften (Book-clubs, Reading Societies) Es entging ihnen nicht, wie viel durch solche Einrichtungen mit einem unbeträchtlichen Fond geleistet werden kann. „Wenn die Theilnehmer solcher Gesellschaften – sagt Brougham – nahe beisammen wohnen, so ist die Cirkulation der Bücher leicht zu bewerkstelligen, so daß sie jeden Augenblick, den Einer von seiner Arbeit ersparen kann, im Gebrauch seyn können. Auch hier bietet sich den Vermöglichen eine Gelegenheit dar, ohne beständige Einmischung Unterstützung zu gewähren. Die Gabe von einigen wenigen Büchern, als erstem Stock, wird im Allgemeinen hinreichende Ermunterung werden, durch wöchentliche oder monatliche Beiträge den Plan fortzuführen; jener Gabe kann dann ein Entwurf über die beste Einrichtung der Gesellschaft beigefügt werden. Ich kann nicht umhin, hier die große Wirkung von Kombinationen bei solchen Planen bemerklich zu machen, indem dadurch die Beiträge der Individuen vervielfacht werden. Das Ersparniß von 1½ Penny die Woche in einer Familie setzt diese in den Stand, in einem Jahre einen von den wohlfeilen Bänden, (wovon ich oben gesprochen habe), zu kaufen. Nun sollen sich nur wenige Nachbarn finden, z. B. zehn oder zwölf, und sich die gekauften Bände leihen, so ist es klar,

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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 663. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_689.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2023)