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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

diese Schwierigkeiten überwand. Einige der vornehmsten Patrone dieser Institute erfanden Modelle für einen kompendiösen, wohlfeilen und dennoch vollkommen genügenden Apparat, zum Theil dadurch, daß die Maschinen vereinfacht, und Theile, die nicht gerade nothwendig sind, um das Wesen und die Wirkung derselben zu erklären, ausgelassen wurden, vorzüglich aber dadurch, daß man die Theile des Apparats so einrichtete, daß sie zu verschiedenartigen Zusammensetzungen tauglich wurden, wodurch sie neue Maschinen darstellten; eben so erfand man Modelle zu wohlfeilen chemischen Laboratorien. Diese Modelle wurden von mehreren bedeutenden Manufakturen sogleich im Großen ausgeführt, indem sie eine solche Menge von Apparaten verfertigten, daß ein jedes Mechanics Institute ohne bedeutende Kosten zu seinem Apparat und zu seinem chemischen Laboratorium kommen konnte. Die Zeichnungen wurden durch die polygraphische Methode vervielfältigt.

Ein anderes Hinderniß lag in der Schwierigkeit, tüchtige Lehrer zu finden, besonders in kleinern Städten. Anfangs reisten geschickte Lehrer von einem Orte zum andern, um sowohl die Institute einzurichten, als um zu lehren; und der berühmte Birkbeck machte selbst damit den Anfang, um der Sache den Schein von Unwürdigkeit, den das Vorurtheil leicht daran knüpfen könnte, zu benehmen und zu zeigen, daß auch das größte Talent und die ausgezeichnetsten Verdienste nicht zu hoch stehen für eine solche ehrenvolle Arbeit. Bald nachher bildeten sich Lehrer in diesen Instituten selbst, und zwar aus der Klasse der Mechaniker – eine natürliche Folge theils von der Liebe und dem Eifer für die Sache, theils von dem Umstande, daß das Lehrgeschäft bezahlt wurde. So lehrte in der Schule der Künste zu Edinburg ein Schreiner Mathematik, die er dort erst erlernt hatte. In Glasgow hielt ein Schreiner, der in dem von Birkbeck eingerichteten Institute gebildet worden war, Vorlesungen über Geographie, Chemie und Mechanik. Eben so hat der Verfasser in London mehrere Mechaniker gekannt, die sich für das Geschäft des Unterrichts bildeten und es kann nicht fehlen, daß in Kurzem diese Institute überall auch Lehrerseminarien werden.

So wie es bei der Bildung dieser Institute Grundsatz war, daß die Kosten den Mechanikern selbst überlassen würden, so hielt man es auch mit der Verwaltung. Kein besseres Mittel, dachte man, könne es geben, eine fortdauernde Aufmerksamkeit und Sorgfalt der Direktoren zu sichern, als wenn man die Direktion in die Hände derjenigen gäbe, die persönliches Interesse an dem Gedeihen von Anstalten haben müssen, deren einziger Zweck ist, sie sowohl im Allgemeinen zu einer höhern geistigen Bildung, als auch ins Besondere zu einer größern artistischen Vollkommenheit zu führen, und ihnen so unfehlbar eine bedeutendere Stellung unter ihren Mitbürgern und eine Verbesserung ihrer pekuniären Lage zu verbürgen.

Es zeigt sich hier die Nationalansicht der Engländer über Unternehmungen, welche von Gesellschaften ausgehen und für Gesellschaften bestimmt sind. Man hat nicht zu fürchten – sagt einer der einsichtsvollsten Patrone dieser Institute – daß die Vorschläge von Personen aus höhern Ständen und von größerer Bildung nicht gehörig beachtet werden. Dankbarkeit für den empfangenen Beistand und ertheilten Rath, nebst der Ueberzeugung, daß das einzige Motiv ihrer Theilnahme das Wohl der Anstalt sey, wird nicht fehlen, den Rathschlägen der Patrone gehöriges Gewicht zu geben. Sollte dies aber auch nicht immer der Fall seyn, so ist es doch weit besser, daß ihr Einfluß ganz unwirksam bleibe, als daß man Gefahr lauft, Gleichgültigkeit unter den Mitgliedern zu erzeugen, und die Entstehung von Mißbräuchen in den Instituten zu erleichtern, die immer dann sich einzuschleichen pflegen, wenn man diejenigen, um deren Interessen es sich allein handelt, von der Leitung der Sache ausschließt. Die Meinungen der Patrone werden immer den gebührenden Einfluß haben, so lange das Wohl derer, für welche die Anstalt gegründet ist, ihr Augenmerk bleibt; ist dies nicht mehr der Fall, so ist es billig, daß ihr Einfluß aufhöre. – Der Zeitpunkt, wann der Rath, die Belehrung und der materielle Beistand der Reichern und Gebildeteren am Meisten Noth thut, ist bei der Gründung einer solchen Anstalt; dann wird der Einfluß der Patrone nothwendig am Stärksten seyn. Denn Alles hängt davon ob, daß man sogleich im Anfange einen richtigen Weg einschlägt, passende Regeln zu Grunde legt, schickliche Gegenstände für die Vorlesungen wählt, und gute Lehrer aussucht und bei all diesen Materien werden die Meinungen und Wünsche derer, welche hauptsächlich zur Errichtung dieser Institute mitwirken, am Meisten beachtet werden. Wollen sie aber die Verwaltung allein in ihren Händen behalten, so wird sowohl die Unabhängigkeit dieser Unternehmungen, als auch ihr Erfolg nothwendig gefährdet. Jede Vermehrung der Kenntnisse in der Masse des Volkes kann nur als etwas Zweideutiges, wenigstens nur als ein mit vielen Uebeln versetztes Gut betrachtet werden, wenn sie durch eine vermehrte Abhängigkeit von den höhern Ständen erkauft ist. Eine Dankbarkeit, die durch eine Art von Befehl erzwungen wird, verletzt den Charakter derer, welchen man nützen will, und erweckt jene schmerzlichen und niederschlagenden Gefühle, die durch die Ausübung einer Autorität entstehen, welche auf weiter Nichts als den Unterschied des Ranges und Vermögens gegründet ist. Diese Grundsätze wurden immer allgemeiner anerkannt, und bei allen Instituten der Art, die in den letzten Jahren gestiftet wurden, nahm man zwei Drittheile der Mitglieder der Verwaltungsräthe aus den Mechanikern selbst. Der blühende Zustand des Instituts in London bewährte die Richtigkeit dieser Ansicht; eine noch sprechendere Erfahrung machte man in Glasgow. Das ältere Institut, das nach anderen Grundsätzen errichtet war, sank bald, weil das Interesse der Mitglieder erlosch; das neue dagegen, das auf diesen Principien beruht, erhob sich zu einem solchen Flor, daß es an der Spitze aller Mechanics Institutions steht.

(Fortsetzung folgt.)
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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 672. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_698.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2023)