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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

Einwohner es erlaubt, wird ein solches Beginnen sich gewiß mit einer Reihe von Vorlesungen oder wenigstens mit einem den Arbeitern ersprießlichen Curs von Privatunterweisung endigen. Die Stadt Hawick hat nicht über 4000 Einwohner; dennoch wurde eine Gesellschaft der Mechaniker nebst einer Bibliothek vor einigen Jahren daselbst errichtet und Hr. Wilson von Edinburg ging letzten Herbst dahin, und hielt 200 Mechanikern einen Curs über die Natur-Wissenschaften. Aus den wandernden Bibliotheken zu Haddington erwuchs im Jahr 1821 eine Schule der Künste, durch die Bemühungen einiger Handelsleute, die mehrere Jahre zuvor eine Gesellschaft für wissenschaftliche Diskussionen gestiftet hatten. Seitdem haben die HH. Gunn, Cunningham und Dr. Lorimer Vorlesungen über Mechanik, Chemie und Mathematik gehalten. Eben so ist das Beispiel von New-castle in Alnwick befolgt worden, einer Stadt von nur 5000 Einwohnern; eine Bibliothek und eine Gesellschaft wurden dort vorzüglich durch die Bemühungen des Hrn. Johnston gegründet. Ich habe alle Ursache zu glauben, daß in Morpeth und Hexham etwas Aehnliches im Werke ist.

Die große, reiche und industriöse Stadt Manchester berechtigte wohl zu der Erwartung, daß sie unter den ersten und eifrigsten sein würde, ein Institut zu gründen. Der Entschluß dazu wurde im April d. J. gefaßt, und es scheint, daß man große Anstalten machte, den Plan in Ausführung zu bringen; 798 Pf. waren vor Ende Juli eingenommen worden; davon waren 243 Pf. jährliche Schenkungen, 191 Mechaniker hatten sich mit Einem Pf. jährlich eingeschrieben. Eine Bibliothek ist im Werden und Vorbereitungen werden, wie ich höre, zu einem Curs von Vorlesungen getroffen. Die Verwaltung des Instituts ist aber Direktoren übergeben, die allein von und aus den Ehrenmitgliedern gewählt sind. Dieses sind Personen, welche entweder 10 Guineen beim Eintritt oder jährlich eine Guinee bezahlen, außer der erst erwähnten (jährlichen) Subscription mit einem Pfund. Es würde ungeziemend seyn, anders, als mit großer Vorsicht über die Richtigkeit von Ansichten zu urtheilen, die sich vielleicht auf örtliche, entfernten Beobachtern unbekannte, Rücksichten gründen; aber ich kann nicht umhin, den ernstlichen Wunsch auszudrücken, daß dieser Theil des Plans von den trefflichen und aufgeklärten Männern, die ein so gutes Werk gestiftet haben, möge von Neuem in Erwägung gezogen werden. Vielleicht wird die Thatsache, daß zu den Gesellschaften, die an Orten, wie Kendal und Carlisle nach dem entgegengesetzten Princip gebildet wurden, fast eben so viele Mechaniker hinzutraten, wie zu Manchester, wo die Bevölkerung wenigstens zehnmal so stark und die Industrie solchen Unternehmungen weit mehr zusagend ist und wo, wie ich bestimmt weiß, 1200 Exemplare des Mechanics Magazine am ersten Tage seines Erscheinens abgesetzt wurden – meinem Wunsche einiges Gewicht geben.

(Fortsetzung folgt.)


Scenen aus dem politischen Leben in Frankreich.


(Fortsetzung.)

Die sibyllenhafte Sprache des Schwarzen hatte dem Sous-Chef imponirt. Er eilt nach Montrouge. Er läßt sich melden und wird sogleich vorgelassen. Ein kleiner breitschultriger Mann mit blutrothen, schlappen Wangen empfängt ihn – Pater Candide. Visatout erklärt sich kurz über den Zweck seiner Reise; der Pater, ohne ein Wort zu sprechen, schlägt ein großes Buch auf, sieht bald in das Buch, bald auf den Gast und sagt endlich: Richtig.

„Mein Freund, man hat Sie mir als gutdenkend prädizirt.“

„Als gutdenkend, mein Pater? Ich denke nicht viel, ob gut, wage ich nicht zu entscheiden, aber ich suche ...“

„Erfüllen Sie ihre Andachtspflichten?“

„Ich wollte ... ich hätte gern ...“

„Reden Sie frei; gehen Sie Sonntags in die Messe?“

„Ach! Nein!“

„Was thun Sie denn den heiligen Tag über?“

„Ich spiele Schach.“

„Das ist wohl eine anziehende Unterhaltung?

„Man setzt verschiedene Steine gegen einander in Bewegung. Das Schöne des Spiels besteht darin, daß ein König von seinen Laufern, seinen Rittern, seiner Dame etc. recht ins Gedränge gebracht wird, bis dem armen Monarchen, nachdem er in allen seinen Bewegungen gelähmt ist, zuletzt Nichts übrig bleibt, als die Rolle eines Gliedermanns.“

„Ich kann mir denken, daß das Spiel sehr interessant seyn muß. Man muß aber doch auch sehen, daß man wenigstens jeden Monat am ersten Sonntag ein Amt besucht. Wie benehmen Sie sich, wenn sie von der Gesellschaft Jesu übel reden hören?“

„Ich schweige.“

„Daran thun Sie sehr Unrecht. Sie müssen künftig mit Ihrem Glaubensbekenntniß in Bezug auf diesen Gegenstand hervortreten. Ohne sich in lange Discussionen einzulassen, führen Sie einige Thatsachen an, womit Sie den Gottesleugnern oder – was ganz dasselbe ist – unsern Feinden das Maul stopfen; sagen Sie, daß alle Verfolger der Jesuiten auf eine klägliche Weise endeten; sagen Sie, daß Pascal, zur Strafe für seine Verleumdungen, sein ganzes Leben lang durch die schreckliche Vision eines neben ihm geöffneten Abgrundes gequält wurde und zuletzt am Brand der Eingeweide starb; sagen Sie, daß die Parlamente, die sich einbildeten, uns zu vernichten, selbst nicht mehr existiren; sagen Sie, daß Ludwig XVI, augenscheinlich für den Frevel Ludwigs XV, der, im Complott gegen die Vorsehung, mit dem Afterpabst Ganganelli die Aufhebung der Gesellschaft Jesu beschloß, auf dem Schaffot büßte; sagen Sie, daß alle unsere Freunde mit himmlischer Gnade in dieser und in der andern Welt überhäuft wurden; und wenn Jemand von sogenannten Freiheiten der gallikanischen Kirche spricht, so sagen Sie, daß die Entscheidungen des heiligen Vaters die einzigen Glaubensregeln

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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 683. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_709.jpg&oldid=- (Version vom 21.11.2023)