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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

seiner dankbaren Wittwe in die Schranken gebracht, und gerade in dem Augenblicke, wo so erprobte Waffen für ihren Eigenthümer von der höchsten Wichtigkeit waren. Heinrich empfing sie mit Freuden und die Wittwe half ihm mit zitternder Eil sie anlegen, und nahm dann Abschied von ihm, indem sie sagte: „Gott mit dem Vorfechter der Waisen, und Unglück Allen, die vor ihn kommen!“

Vertrauensvoll, als er sich in seiner wohlgeprüften Rüstung fühlte, schüttelte Heinrich sich, als ob er das stählene Gewand sich fester andrücken wollte, und zog sein zweischneidiges Schwert aus der Scheide und schwang es um sein Haupt, indem er die Luft, welche es durchpfiff, in der Form der Figur Acht durchschnitt, – mit einer Leichtigkeit und Gewandtheit, welche bewies, mit welcher Kraft und Geschicklichkeit er die gewichtige Waffe zu führen wußte. – Es wurde den Kämpfern jetzt befohlen – jede Partei nach einer andern Seite – um die Schranken zu marschiren, doch so, daß sie es vermieden, einander zu begegnen; alle machten, so wie sie bei dem goldenen Baume vorüber kamen, unter dem der König seinen Sitz hatte, ihre Verbeugung.

Während dieß geschah, war die Mehrzahl der Zuschauer beschäftigt, die Gestalten, Glieder und Muskeln der beiden Parteien zu vergleichen und sich ihre Muthmaßungen über den wahrscheinlichen Ausgang des Kampfes mit zu theilen. Eine hundertjährige Fehde mit all ihren Thaten der Grausamkeit und der Rache war in der Brust eines jeden Kämpfers zusammengedrängt. Ihre Gesichter schienen fürchterlich verzerrt zu dem wildesten Ausdruck des Stolzes, des Hasses und des verzweifelten Vorsatzes, bis zu dem letzten Athemzuge zu kämpfen.

Die Zuschauer in ihrer auf das Höchste gesteigerten Erwartung murmelten freudigen Beifall bei diesem Anblick. Wetten wurden angeboten und eingegangen, sowohl in Bezug auf den Ausgang des Kampfes im Allgemeinen, als die Thaten jedes einzelnen Streiters. Der helle, freie und heitere Blick von Heinrich dem Schmid machten ihn zu dem allgemeinen Liebling der Zuschauer, und man wettete darauf, daß er drei seiner Gegner tödten würde, ehe er selbst fiele. Kaum war der Schmid zum Kampfe gerüstet, als die Häuptlinge jedem Streiter befahlen, seinen Platz einzunehmen; zugleich drang aber die Stimme Simon Glovers[1] durch die Menge, welche jetzt still vor Erwartung war: „Heinze Schmid, Heinze Schmid, welche Tollheit hat dich besessen?“

„Ei, er wünscht seinen hoffnungsvollen Schwiegersohn zu retten – der es ist, oder werden soll – daß er nicht unter die Hände des Schmids kommt!“ war Heinrichs erster Gedanke, sein zweiter sich umzukehren und ihm zu antworten – und sein dritter, daß er unter keinerlei Vorwand die Reihen verlassen könne, in die er einmal eingetreten war, oder nur den Schein auf sich ziehen dürfe, als wünsche er den Kampf aufzuschieben.

Er wandte sich daher zurück zu dem Geschäfte des Augenblickes. Beide Parteien wurden von ihren Häuptlingen in drei Reihen geordnet, von denen jede zehn Mann zählte. Diese wurden so weit von einander aufgestellt, daß Jeder freien Raum behielt, sein Schwert zu schwingen, von dem die Klinge, ohne den Griff, fünf Fuß lang war. Die zweite und dritte Reihe sollte als Rückhalt eintreten, wenn die erste einen Unfall erlitte. Auf der Rechten der Schlachtordnung des Clans Quhele nahm der Häuptling Eachin Mac Jan seinen Platz in der zweiten Reihe zwischen zweien seiner Pflegebrüder ein. Vier andere bildeten den rechten Flügel des ersten Gliedes, während ein Vater mit zwei Söhnen den Rücken des geliebten Häuptlings deckte. Torquil besonders hielt sich dicht hinter ihm, in der Absicht ihm Schutz zu gewähren, wenn er dessen bedürfen sollte. So stand Eachin in der Mitte zwischen neun der stärksten Männer seiner Schaar, indem er vier auserlesene Vertheidiger vor sich, einen auf jeder Seite und drei hinter sich hatte.

Die Reihen des Clans Chattan waren vollkommen auf dieselbe Weise angeordnet, nur daß der Häuptling das Centrum der mittleren Reihe einnahm, statt auf der äußersten Rechten zu stehen. Dieß veranlaßte Heinrich den Schmid, der in der ganzen Schaar seiner Gegner nur Einen Feind sah – und dieser war der unglückliche Eachin – den Vorschlag zu machen, er wolle sich auf den linken Flügel der ersten Reihe des Clans Chattan stellen. Aber der Anführer mißbilligte diese Anordnung und befahl Heinrich, indem er ihn erinnerte, daß er ihm Gehorsam schuldig sey, da er Lohn von seiner Hand genommen habe, den Raum in der dritten Linie, unmittelbar hinter ihm, einzunehmen – ein Ehrenposten, den Heinrich nicht ablehnen konnte, den er aber nur mit Widerwillen annahm.

Als die Clans sich so einander gegenüber aufgestellt hatten, drückten sie ihre kriegerische Wuth und Kampfbegierde durch ein wildes Geschrei aus, welches zuerst von dem Clan Quhele ausgestoßen und von dem Clan Chattan beantwortet und zurückgegeben wurde, wobei Alle zugleich ihre Schwerter schwangen und einander bedrohten, als ob sie zuerst die Einbildungskraft ihre Gegner hätten besiegen wollen, ehe sie an den wirklichen Streit gingen.

(Fortsetzung folgt.)


Die Galeerensklaven.

[2]Mehrere Tage sprach man in Rochefort von Nichts als von der Ankunft einer neuen Galeerenkette; endlich brach der merkwürdige Tag an. Vom frühen Morgen war der Weg, auf welchem diese Unglücklichen erwartet wurden, mit einer Menge Neugieriger bedeckt. Ein Karren erschien, es befanden sich sieben Kranke darauf; sie hatten um den Hals eine Fessel, woran ein Vorhängschloß hing. Ein junger, brauner Mann, von angenehmem Aeußern – man behauptete, daß er ein spanischer Maler sey – fiel auf: in seiner Haltung lag ein Ausdruck von Schmerz und Reue. Die Kette, in drei Kordons getheilt und 114 Mann stark, folgte bald: an der gelben Kleidung erkannte man 46 Galeerensklaven,

  1. Des Vaters seiner Geliebten, um die auch der Häuptling des Clan’s Quhele warb.
  2. Courrier des Tribunaux, 13 Juin.
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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 691. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_717.jpg&oldid=- (Version vom 21.11.2023)