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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

Bücher über die Einnahmen, ausgeliehenen Werke, Garantien und Register behandelt werden – paßt vortrefflich für eine schnelle und genaue Beförderung der Geschäfte, so daß wöchentlich 700 bis 800 Bücher leicht in kurzer Zeit umgetauscht werden können; 250 bis 300 Bücher werden nämlich in wenig mehr als einer Stunde von etwa 200 Lesern in Empfang genommen und eben so viele wieder ausgegeben. Wo so viel Empfehlenswerthes ist, möchte ich nicht gern auf Unvollkommenheiten aufmerksam machen; indessen muß ich bemerken, daß ein Curs von Vorlesungen ohne Schwierigkeiten mit diesem gedeihlichen Institut verbunden werden könnte. Auch ist es offenbar, daß, obgleich jeder Mechaniker für eine halbe Guinee alle Vortheile der Gesellschaft, nach ihrer jetzigen Einrichtung, genießen kann, dennoch die große Masse der Mitglieder nicht zu dieser Klasse gehört, sondern unter der Garantie anderer Mitglieder Theil nimmt. Wenn Alle zu der Bibliothek und den Vorlesungen unter einem etwas erhöhten Preise zugelassen würden, ohne daß in einem oder dem andern Falle der Zutritt ganz unentgeldlich offen stünde, so ist kein Zweifel, daß ein größeres Interesse geweckt und das Institut selbst fester begründet und auf eine bedeutendere Anzahl von Mitgliedern gebracht werden könnte.

Zu Sheffield wurde eine Bibliothek für Mechaniker und Lehrlinge im December 1823 eingerichtet und im folgenden Februar eröffnet, unter der geschickten und eifrigen Leitung des Hrn. Montgomery – ein Name, der in der literarischen Welt wohl bekannt und von allen Philanthropen in verdienter Ehre gehalten wird. Die Gesetze, die man hier zu Grunde legte, scheinen mir vortrefflich. Das Eigenthum an dem Institut ist den Mechanikern zugetheilt, indem sie 5 Schill. beim Eintritt, und 6 Schilling jährlich bezahlen; sie bilden die Klasse der Eigenthümer. Die Andern (aus den höhern Ständen) sind die Ehrenmitglieder; sie geben Geschenke an Geld oder Büchern und können, wenn sie von der Gesammtmasse gewählt sind, die Geschäfte des Instituts führen, haben aber keinen Theil an dem Eigenthum. Der Verwaltungsrath kann ganz aus den Eigenthümern bestehen; zwei Drittheile desselben müssen aber aus dieser Klasse genommen seyn. Lehrlinge haben den Gebrauch der Bücher für 4 Schill. jährlich. Der Bibliothekar muß täglich in der Bibliothek erscheinen und für den Bücherbestand verantwortlich seyn; er wird aus diesem Grunde bezahlt. Dieser Einrichtung könnte man überhoben seyn, wenn man einige von den einsichtsvollen Anordnungen, die zu Liverpool getroffen wurden, annähme und die Bücher wöchentlich umtauschte. Jeder Inhaber eines Buches ist verbunden, seinen Namen hineinzuschreiben, als eine Art von Controlle; auch hat man, wie ich höre, nach einer ziemlich warmen Diskussion, ein Gesetz angenommen, welches ein Veto gegen das Abgeben von Büchern an die Geistlichen der verschiedenen Secten, welche an dem Institut Theil nehmen, gestattet; jedoch ist das Gesetz noch nicht ausgeübt worden. Mitglieder, die in dem Arbeitshause oder im Gefängnisse sind, verlieren den Genuß der Wohlthaten der Gesellschaft; werden jedoch derselben wieder theilhaftig, sobald sie in Freiheit gesetzt sind, und zwar ohne Bezahlung der Rückstände. Dieses treffliche Institut zählt jetzt 360 Mitglieder, worunter 310 Eigenthümer sind, und ist noch immer im Zunehmen begriffen; 30 Lehrlinge nehmen unter den angeführten Bedingungen an den Vortheilen der Gesellschaft Theil. Die Zahl der Bücher, die in neun Monaten angeschafft wurden, beläuft sich, einige sehr freigebige Schenkungen mitgerechnet, auf 1400 Bände. Außer diesem Institut hat zu Sheffield schon lange eine philosophische Gesellschaft mit einer Bibliothek geblüht, sie zählt jetzt 350 Mitglieder, fast lauter Manufakturisten und Handelsleute. Gelegentlich werden hier auch Vorlesungen gehalten; daß man Anstalten trifft, auch die Arbeiter zuzulassen, sobald die neuen Lehrzimmer fertig sind, verdient allen Beifall. Wir haben, heißt es in einem Brief aus Sheffield, in unsrer Manufaktur einen gemeinen Messerschmidt, der zu einer Zeit, die unserm Gewerbe ungünstig war, Musse fand, sich mit Entomologie zu beschäftigen; unter den Händen dieses Manns ist eine Sammlung für unser Museum schon sehr weit gediehen. Zu demselben Zweck ist ein anderer junger Mensch, von sehr niedrigem Stande, beflissen, eine Sammlung von Proben unserer Flora zu bereiten. Maschinen-Modelle, die viel Scharfsinn zeigen, wurden uns öfters von Personen gebracht, von denen man wenig Mehr als gewöhnliche Handwerkskunst [1] erwartet hätte.

Außer den erwähnten existiren noch andere Institute für Mechaniker, über welche mir indessen genaue Details fehlen, wie das blühende zu Aberdeen, das eine Bibliothek von 500 Bänden, einen schätzbaren Apparat und einen Hörsaal für 600 Zuhörer besitzt, wo ausführliche Vorträge über Mechanik und Chemie gehalten werden. Zu Norwich fand kürzlich eine Zusammenkunft statt, welcher die achtbarsten Einwohner von allen Secten und Parteien beiwohnten, um ein Institut für Mechaniker zu gründen. Der Eifer und die Einsicht, die sich dabei offenbarten, lassen keinen Zweifel über das Gelingen des Plans. Dr. Yelloly machte die Eröffnung, daß die Grundsätze des Instituts zu London von Dr. Birkbeck mitgetheilt worden seyen. Die Correspondenz des Instituts zu London mit mehrern Theilen des Königreichs beweist, daß man auch in andern Gegenden mit ähnlichen Planen umgeht. Es scheint in der That, daß es nur einer geringen Anstrengung bedürfe, um das System allgemein einzuführen, und der gegenwärtige Augenblick ist ohne Zweifel am Besten geeignet für den Versuch, weil der Arbeitslohn beträchtlich und der Zustand der Dinge friedlich ist. Wenn es

  1. Die beiden ersten hier erwähnten Fälle bestätigen die von mir an einem andern Orte ausgesprochene und auf die Beobachtung von Hrn. Fellenbergs Institut in der Schweiz gegründete Meinung, daß nehmlich intellektuelle Entwickelung und Geschmack an den Vergnügungen der Spekulation, ohne einen bestimmten materiellen Beruf dazu, mit einem Leben voll harter und selbst niedriger Arbeit sehr wohl vereinbar seyen, und einem solchen Leben zum Trost und zur Leitung dienen können.
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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 697. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_723.jpg&oldid=- (Version vom 21.11.2023)