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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

Das Ausland.
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker,
mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland.

Num. 177. 25 Juny 1828.

Der Valentins Tag.


(Fortsetzung.)

Der wilde Pibroch erschallte wieder zum Angriff, aber die beiden Parteien näherten sich einander langsamer, als das erste Mal, als Männer, die ihre gegenseitigen Kräfte kannten und achteten. Heinrich Wynd, in seiner Ungeduld, den Kampf mit seinem Nebenbuhler zu beginnen, schritt vor dem Clan Chattan her und forderte Eachin heraus, sich ihm zu stellen. Statt dessen sprang aber Norman vor, seinen Pflegbruder zu decken; und jetzt trat eine allgemeine, obwohl nur augenblickliche, Pause ein, als ob beide Parteien die Absicht gehabt hätten, durch den Ausgang dieses Zweikampfes ein Vorzeichen für das Schicksal des Tages zu erhalten. Der Hochländer schritt heran, sein gewaltiges Schwert erhoben, als wenn er im Begriff wäre, einen Hieb zu führen; aber in dem Augenblicke, wo er sich seinem Gegner auf Schwertes Länge genaht hatte, ließ die lange und gewichtige Waffe fallen, sprang leicht über das Schwert des Schmids, das seine Seite bedrohte, hinweg, zog seinen Dolch und stieß ihm, da er Heinrich so unterlaufen hatte, die Waffe – seine eigene Gabe – zur Seite in den Hals gegen die Brust hinab und rief zugleich laut aus: „Du hast mich den Stoß gelehrt!“

Aber Heinrich Wynd trug seine eigene gute Halsberge, die doppelt mit wohlgehärtetem Stahl versehen war. Wäre er weniger gut gewaffnet gewesen, so hätten seine Kämpfe für immer ein Ende genommen. Aber selbst wie er es war, wurde er leicht verwundet.

„Thor!“ antwortete er, indem er Norman mit dem Knopf seines langen Schwertes einen Schlag gab, daß er zurücktaumelte: „du hast den Stoß gelernt, aber nicht den Schirm!“ und indem er einen Streich auf seinen Gegner führte, der ihm durch die Stahlhaube den Schedel spaltete, schritt er über den entseelten Leichnam, um es mit dem jungen Häuptling aufzunehmen, der jetzt offen vor ihm da stand.

Aber die tönende Stimme Torquils donnerte: Far eil air son Eachin! (Ein Anderer für Hector) und die beiden Brüder, welche ihrem Häuptling zur Seite gestellt waren, warfen sich auf Heinrich, und zwangen ihn, indem sie beide zugleich auf ihn einhieben, sich vertheidigend gegen sie zu verhalten.

„Vorwärts, Geschlecht der Tigerkatze! rief Mac Gillie Chattanach, rettet den braven Sachsen, laßt diese Geier eure Tatzen fühlen!“

Bereits sehr verwundet, schleppte sich der Häuptling selbst dem Schmid zu Hülfe und hieb Einen der Leichtach nieder, von denen er angefallen war. Heinrichs eigenes gutes Schwert befreite ihn von dem Andern.

Reist air son Eachin! (wieder für Hector!) rief der treue Pflegvater.

Bas air son Eachin! (den Tod für Hector) antworteten zwei Andere seiner Söhne und stellten sich der Wuth des Schmids und derer, die zu seinem Beistande gekommen waren, entgegen; während Eachin sich zur Linken wandte, um weniger furchtbare Widersacher zu suchen, und durch neue Beweise von Tapferkeit die sinkenden Hoffnungen seines Clans wieder belebte. Die beiden Kinder der Eiche, welche diese Bewegung gedeckt hatten, theilten das Schicksal ihrer Brüder, denn der Ruf des Häuptlings des Chattan-clans hatte einige seiner bravsten Streiter auf diese Seite gezogen. Die Söhne Torquils fielen nicht ungerächt, sondern ließen schreckliche Zeichen von ihren Schwertern an den Leibern der Todten und der Lebenden zurück. Aber die Nothwendigkeit, ihre ausgezeichnetsten Krieger um die Person ihres Häuptlings zusammen zu halten, hatte eine nachtheiligen Einfluß auf den Ausgang des Kampfes im Allgemeinen; und die Zahl derer, welche noch fochten, war jetzt so gering geworden, daß man leicht sehen konnte, daß dem Clan Chattan noch fünfzehn übrig geblieben waren, obwohl die meisten davon verwundet, und daß dagegen der Clan Quhele nur noch etwa zehn übrig behalten hatte, von welchen vier zu der Leibwache des Häuptlings gehörten, den alten Torquil selbst mit eingeschlossen.

Sie fochten indessen und kämpften unablässig fort, und wie ihre Kräfte abnahmen, schien ihre Wuth sich zu vermehren. Heinrich Wynd, nun an vielen Stellen verwundet, ward immer noch gesehen, wie er das Häuflein kühner Herzen, die fortfuhren, den Gegenstand seines Zornes zu vertheidigen, durchbrach oder vertilgte. Aber immer noch wurde des Vaters Ruf: „Ein Anderer für Hector!“ freudig beantwortet durch den Rückruf: „Tod für Hector!“ und obwohl der Clan Quhele jetzt an Zahl der schwächere war, so schien der Kampf doch noch immer zweifelhaft. Nur körperliche Ermattung zwang sie endlich zu einer neuen Pause.

Der Clan Chattan war jetzt noch zwölf an Zahl, von denen jedoch zwei oder drei kaum im Stande waren zu stehen, ohne sich auf ihre Schwerter zu stützen. Fünf waren von dem Clan Quhele übrig geblieben, Torquil

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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 705. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_731.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)