Seite:Das Ausland (1828) 736.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

zugleich aber auch, um die Verhandlungen derselben nicht ohne Aufsicht zu lassen, eine große Anzahl englischer Geistlichen erschien. Der Zweck dieser Versammlung war, nach dem Befehle des Oberhauptes der Kirche zu Rom, „der Unwissenheit und Verderbniß des Volkes abzuhelfen, den Unglauben und die Ungerechtigkeit in ihrer tiefsten Wurzel auszurotten und die geistliche Disciplin zu jener Reinheit zurück zu führen, deren sie durch zahlreiche Mißbräuche verlustig geworden sey.“ Vor Allem wurde nun die Bestimmung getroffen, daß der Gottesdienst in allen irischen Kirchen künftig in vollkommener Uebereinstimmung mit der Liturgie der englischen Kirche gehalten werden solle; „weil es gerecht ist,“ sagten die versammelten Prälaten, „daß, nachdem die Vorsehung dieser Insel einen englischen Souverän gegeben hat, wir von ihm eine bessere Lebensweise empfangen.“ Sodann untersagte man die Heirathen in verbotenen Graden, befahl, die öffentliche Ertheilung der Taufe und den Unterricht der Jugend im Christenthum nicht zu vernachläßigen, und die Todten auf anständige Art zu begraben; auch sollte es allen wahren Söhnen der Kirche verstattet seyn, ihr Eigenthum, statt daß dieses bisher immer an den Clan zurückfiel, auf ihre Weiber und Kinder zu vererben. Von größerer Wichtigkeit aber, als alle anderen Verfügungen der Synode, war in politischer Hinsicht ein Schritt, der die Interessen des Clerus unauflöslich mit den Interessen der Krone verbinden mußte. Es wurde verordnet, daß von allem Landeigenthum in Ireland künftig, wie in der übrigen katholischen Christenheit, regelmäßig der Zehnte des Ertrages an die Kirche zu liefern sey; daß von den Gütern der Geistlichkeit keine Steuern irgend einer Art erhoben und namentlich auch nicht die bisher üblichen Bewirthungen der Fürsten und Häuptlinge und ihres Gefolges gefordert werden dürften; und endlich, daß diejenigen Mitglieder einer Familie, die dem geistlichen Stande angehörten, von jedem Beitrag zu dem Eric oder Sühngelde befreit seyn sollten, welches im Fall eines Todschlages, nach irischem Gebrauch, von den Verwandten des Mörders an die des Ermordeten gezahlt wurde.

Um die Einführung einer geordneten Gesetzgebung zu erleichtern, theilte Heinrich alle Landschaften in Ireland, die sich ihm unterworfen hatten, in Grafschaften (shires), in denen er Sherifs oder Statthalter, Criminal- und Friedensrichter einsetzte. Die Statthalterschaft über die ganze Insel übertrug er, während seiner Abwesenheit einem Vicekönig: Hughes von Lacy, dem er zugleich das ganze Königreich Meath, das durch Roderic O’Connor’s Verdrängung erledigt war, zu Lehen ertheilte. Auch den übrigen Rittern, die ihn nach Ireland begleitet hatten, verlieh er ausgebreitete Ländereien, besonders in jenen Districten, welche am meisten den Einfällen der unabhängigen Iren bloßgestellt waren. Zu der Residenz des Vice-Königs wurde Dublin bestimmt und dort ihm als Räthe Robert Fitzstephen und Moritz Fitzgerald zugeordnet.

Kaum hatte jedoch Heinrich der Insel den Rücken gewandt, so zeigte es sich, wie trügerisch der Schein der Bereitwilligkeit gewesen war, womit die Iren sich seiner Herrschaft unterwarfen. Die Empörung seines ältesten Sohnes und die innern und äußern Unruhen und Kriege, welche diese begleiteten, nöthigten ihn, einen großen Theil seiner Kriegsmacht aus Ireland zurück zu ziehen. Aber nicht sobald sahen die Iren sich von ihrer Furcht vor der Ueberlegenheit der englischen Waffen befreit, als ein allgemeiner Aufstand ihre wahren Gesinnungen gegen die Fremden verrieth. Die Städte Limerick und Cork öffneten ihren alten Fürsten die Thore, selbst Waterford machte einen Versuch, sich seiner Besatzung zu entledigen; die irischen Stämme in Leinster ergriffen die Waffen, und Roderic O’Connor, der mit einem beträchtlichen Heere über den Shannon gegangen war, vertrieb die englischen Eigenthümer, die Hughes von Lacy in Meath angesiedelt hatte. Aber auch jetzt vermochte die gemeinschaftliche Gefahr die Iren nicht zu vereinigen; es bedurfte daher nur einer verhältnißmäßig unbedeutenden Verstärkung, die Raymond le Gros seinen Landsleuten aus Wales zuführte, um den Iren das Joch, dem sie sich entzogen hatten, mit verdoppelter Schwere aufzulegen. König Roderic selbst sah ein, daß es vergebens sey, zugleich gegen das Schwert eines übermächtigen Feindes und gegen die Zwietracht im eigenen Lager zu kämpfen; und erkannte daher durch einen zu Windsor geschlossenen feierlichen Vertrag die Oberhoheit König Heinrichs II an, versprach zum Zeichen seiner Unterwürfigkeit einen jährlichen Tribut, der in dem Zehnten aller in Connaught und den übrigen ihm untergebenen Provinzen gewonnenen Viehhäute bestand, zu entrichten und erhielt dagegen die Bestätigung seiner Herrschaft in Ireland als Vasall der Krone, mit Ausnahme der von dem König von England und seinen Baronen unmittelbar abhängigen Landestheile, der Städte Dublin, Wexford und Waterford mit ihren Gebieten, und der Provinzen Meath und Leinster.

(Fortsetzung folgt.)


Der Valentins Tag.


(Schluß.)

Inzwischen war in dem letzten Kampfe der junge Tormot, gleich seinen Brüdern und seinem Vater Torquil dem Schutze seines Häuptlings geweiht, durch das schonungslose Schwert des Schmids tödlich verwundet worden. Auch die beiden andern vom Clan Quhele noch übrig Gebliebenen waren gefallen, und Torquil, mit seinem Pflegsohn und dem verwundeten Tormot, gezwungen, vor Acht oder Zehn von dem Clan Chattan sich zurückzuziehen, nahm seinen Stand auf dem erhöhten Ufer des Flusses, während ihre Gegner, soviel ihre Wunden es ihnen gestatteten, sich anstrengten, sie einzuholen. Torquil hatte gerade die Stelle erreicht, wo er Stand zu halten beschlossen hatte, als der junge Tormot fiel und starb. Sein Tod entriß dem Vater den ersten und einzigen

Empfohlene Zitierweise:
Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 710. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_736.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)