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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

sie den Hof; ihre Landsleute, die ihnen begegneten, kehrten, um sich nicht gleicher Schmach auszusetzen, mit ihnen um und alle zogen sich, entschlossen, die der ganzen Nation widerfahrene Beschimpfung blutig zu rächen, nach Connaught und in die westlichen Provinzen von Munster zurück. Durch die Erpressungen, welche die mit Johann gekommenen Höflinge sich erlaubten, wurde der allgemeine Unwille zur Wuth gesteigert; und während der leichtsinnige Fürst sich in Festen und Ausschweifungen berauschte, brach plötzlich in allen Provinzen die Flamme der Empörung aus. Die Engländer, die im Lande zerstreut waren, erlagen theils der Uebermacht, theils dem Meuchelmord und Verrath, ihre Burgen wurden gebrochen, selbst die Städte – wie Cork – verbrannt. Das Einzige, was König Heinrich übrig blieb, war seinen Sohn nach England zurück zu rufen, und dem tapfern Ritter de Courcey die Zügel der Regierung zu übergeben. Die innere Uneinigkeit, die – wie gewöhnlich – bald die Iren entzweite, machte es diesem leicht, den Aufstand zu dämpfen; nur in Connaught, wo König Roderic O’Connor von seinen Söhnen verdrängt worden war, gelang es ihm nicht, festen Fuß zu faßen. Durch höfische Intriguen aus seiner Staathalterwürde verdrängt, zog er sich auf seine Besitzungen in Ulster zurück; und sogleich entbrannte der Aufstand aufs Neue. Cathal, mit der blutigen Hand, der sich auf den Thron von Connaught geschwungen hatte, vereinigte sich mit O’Loughlan, dem Fürsten von Ulster und mit den Häuptlingen von Munster, um die Engländer aus dieser Provinz zu vertreiben; bald sahen diese, wie in den ersten Zeiten der Eroberung sich auf Leinster beschränkt und hatten Mühe, hier sich zu behaupten.

Ein kräftiger Statthalter wandte jedoch bald das Glück; und im Jahr 1219 als William Earl von Pembroke starb, der während der Minderjährigkeit König Heinrichs III an der Spitze der Regierung stand, war Ireland tiefer unter das Joch gebeugt als je. Zwei Drittheile von Connaught hatte Cathal, einen großen Theil von Munster Murtagh O’Brien von Thomond abgetreten, um sich den ruhigen Besitz des Restes zu sichern; alle diese Gegenden waren, wie Leinster, in Grafschaften getheilt worden, die nach englischer Art verwaltet wurden. Nur der Norden und einige Districte in der Mitte der Insel behaupteten noch ihre Unabhängigkeit. Auf allen Puncten erhoben sich Burgen und Festen. Die irischen Stämme, um sich der Knechtschaft zu entziehen, wandten sich mit ihren Heerden in die Gebirge und Moore; viele blieben im offnen Lande auf den Besitzungen der englischen Barone zurück und wurden von diesen als Leibeigene behandelt. Alle Iren waren außer dem Gesetz; in den englischen Gerichtshöfen wurden sie als Fremde, oft als Feinde betrachtet, auf welche die englischen Gesetze nicht angewendet werden könnten, und ihre eigene Gesetzgebung, die sie, bei ihrer ersten Unterwerfung unter Heinrich II, behalten hatten, fand bei den Siegern keine Anerkennung. Selbst der Mord eines Iren wurde nur durch eine Geldsumme gebüßt, die an seinen Grundherrn gezahlt wurde, weil dieser durch seinen Tod einen Arbeiter verlor. [1] Ausgenommen waren nur die fünf Geschlechter der O’Neal’s, O’Brien’s, O’Connor’s, O’Malachlin’s und Mac Murrough’s, aus denen die alten irischen Königshäuser stammten, und die daher den englischen Baronen als ebenbürtig galten. Nächst diesen erhielten nur Einzelne, als besonderes Vorrecht, Gleichheit vor Gericht mit den eingewanderten Engländern, oder – wie man dieß zu bezeichnen pflegte – englisches Recht. Vergebens erbaten einige der irischen Stämme, die mitten unter den Besitzungen der englischen Barone lebten und daher am Meisten ihren Gewaltthaten und Bedrückungen ausgesetzt waren, im J. 1278 sich gegen König Eduard I, eine Summe von 8000 Mark an die Krone zu zahlen, wenn ihnen die Gunst ertheilt würde, nach englischem Gesetz leben zu dürfen. Der König wagte es nicht, einen so wichtigen Schritt, ohne Zustimmung der in Ireland angesiedelten englischen Großen, zu thun; und diese fanden denselben zu nachtheilig für ihre Interessen, als daß sie nicht allen ihren Einfluß aufgeboten hätten, die Iren in ihrem Zustande der Rechtlosigkeit zu erhalten. Mehr als einmal erneuten die Iren ihre Bitte immer mit demselben Erfolg: Bereitwilligkeit bei dem englischen Hofe, unbesiegbarer Widerstand bei dem Eigennutz der Großen.

(Fortsetzung folgt.)


Owens, des Schottländers, Niederlassung am Wabash [2].

Die Zeit der Mitglieder ist zwischen Arbeiten, Lesen und Tanzen getheilt. Jeden Abend wird ein Ball gegeben, dem in der Regel die ganze Gemeinde beiwohnt. Gottesdienst jeder Art ist ausgeschlossen, und am Sonntag gleichfalls durch einen Ball ersetzt. Die Kinder werden mit der Trommel in die Schule gerufen. Die Zeitung der Colonie handelt von den Angelegenheiten, Unterhaltungen und geselligen Bestimmungen der Gemeinde, welche sich auf 500 Mitglieder beiderlei Geschlechts beläuft, und aus Abenteurern aller Nationen besteht, die sich lustige Tage versprechen. Die Colonie hat seit ihrer Gründung nicht zugenommen, auch scheint in ihr die größte Unordnung und Sittenlosigkeit zu herrschen. – Die Gemeinde hat sich indessen, wie sich erwarten ließ, aufgelöst. Der Schottländer mag einen hohen Begriff von der Macht des Egoismus gehabt haben. Hierin hatte er nicht Unrecht; allein er wollte diesem Trieb, der in der Union an sich schon viel zu sehr thätig ist und alle Bande der Geselligkeit zu zerreißen droht, eine noch höhere Stärke geben. Nach seinen und seiner Anhänger Ansichten waren alle sowohl religiösen als politischen Gesetzgeber alter und neuerer Zeit entweder Thoren oder Betrüger, die nach einem falschen Prinzip von Glückseligkeit trachteten, und er will sie eines Bessern belehren.


  1. Davis, in seiner Discovery of the true Causes why Ireland was never entirely subdued till his Majestys happy Reign, führt aus den Acten der Assisen von Waterford folgenden Fall an: Quod Robertus le Waleys rectatus de morte Johannis, filii Ivor Mac Gillemory, Felonice per ipsum interfecti – venit et bene cognovit, quod praedictum Johannem interfecit; dicit tamen, quod praedictus Johannes fuit purus Hibernicus et non de libero sanguine. – Et eum dominus dicti Johannis, cujus Hibernicus idem Johannes fuit, solutionem pro ipso Johanne Hibernico suo sic interfecto petere voluerit, ipse Robertus paratus erit ad respondendum de solutione praedicta, prout suadebit etc.
  2. The Americans as they are etc.
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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 716. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_742.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)